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Angela Binder
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Frage von Eva H. •

Frage an Angela Binder von Eva H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Frau Binder,
welche Meinung haben Sie zu den 15 Verfassungsänderungsvorschlägen? Gibt es welche, die Sie kritisch sehen?
Mit freundlichen Grüßen
E. H.

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Antwort von
ÖDP

Sehr geehrte Frau Herrmann,

vielen Dank für die Nachfrage.

Die Verfassungsänderungsvorschläge klingen zunächst gut. Vielen stimme ich gerne zu.
Aber wie so oft - der Teufel steckt im Detail. Folgende Abstimmungspunkte sehe ich daher kritisch:
Staatsziele (Abstimmungspunkt 5-10):
Hier klingt es, als wären sie verbindlich, weil in der Verfassung. Allerdings werden sie gleichzeitig dadurch relativiert, dass sie " im Rahmen ihrer Zuständigkeit und Leistungsfähigkeit zur fortlaufenden Beachtung" gedacht sind. Das bedeutet, dass sie zwar eine politische Willensbekundung, im Effekt aber kein einklagbares Grundrecht sind, weil immer argumentiert werden kann, dass ja kein Geld dafür da ist.
Volksgesetzgebung (Punkt 14):
Dieser Gesetzesentwurf ist besonders komplex und irreführend! Die Hürde für die Zulassung beträgt unverändert 2%, das sind rd. 88.000 Unterschriften bei rd. 4,4 Mio Wahlberechtigten. Das ist die höchste Hürde bundesweit!

Hessen rangiert in puncto direkte Demokratie auf dem letzten Platz im Ländervergleich. Bayern, mit fast 9,5 Mio Wahlberechtigten hat eine Zulassungshürde von 25.000..... Indem nun das Quorum beim Volksbegehren auf rd. 220.000 statt 878.443 Unterzeichner festgesetzt wird, die auf den Gemeinden binnen 2 Monaten unterzeichnen müssen, wird es zwar erleichtert, aber ja auch nur, wenn die erste Hürde, der Antrag, geschafft ist. Hier gilt nach dem "Gesetz über Volksbegehren und Volksentscheid" Art. 7b Abs. 2 eine Sammlungsfrist von einem Jahr, in dem die Unterschriften auf je einem einzelnen Blatt zu sammeln sind. Da für alle Unterschriften auch noch von der jeweiligen Melde-Gemeinde des Unterzeichners das Wahlrecht zu bestätigen haben, ist der personell-zeitliche Aufwand immens! Alleine der ökologische Aufwand von rd. 95 tausend A4-Blättern.. Und das nur für die Zulassung.. Dann kommt der Schritt, über den hier nun abgestimmt werden soll: die Bürger müssen binnen 2 Monaten auf ihre Melde-Gemeinde gehen und sich zustimmend in die Listen eintagen, um das Volksbegehren erfolgreich werden zu lassen. Dies ist freiwillig. Es ist hier nun eine Senkung von 878.443 Unterzeichnern auf rd. 220.000 zur Abstimmung. Der Versand der Listen an die Gemeinden obliegt den Antragstellern.

Kommt dieses Volksbegehren zustande, entscheidet der Landtag binnen 6 Wochen, ob er dem Begehren und damit dem damit vorgelegten Gesetzesentwurf zustimmt. Stimmt er nicht zu, kommt es zu einem sogenannten "Volksentscheid". In der uns nun vorgelegten Fassung wird von Volksabstimmung gesprochen, was hier identisch sein soll, aber genaugenommen nicht die juristisch passende Bezeichnung ist... Diese Volks"abstimmung" findet wie eine Wahl landesweit an einem Tag in allen Wahllokalen statt. Um bei dieser Abstimmung erfolgreich zu sein, muss die Wahlbeteiligung hoch sein, das heißt, mindestens rd. 30% betragen oder anders gesagt, es müssen 25% der Wahlberechtigten, also rd. 1 Mio Wahlberechtigte, dem Antrag zustimmen. Die Hürde wird also hier wieder massiv raufgesetzt. Da man weiß, dass bei freiwilligen, von Wahlen unabhängigen Abstimmungen, die Beteiligung recht niedrig ist, dürften zukünftig Volksabstimmungen durch die Neuregelung eher schwer überwindbar werden. Bisher galt die Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

Wir fordern:
- für die Zulassung 20.000 Unterschriften, Frist zur Sammlung 2 Jahre
- die nötige Eintragung zur Unterstützung des Volksbegehrens soll auch in
freier Sammlung mit Unterschriftslisten möglich sein

Bei weiteren Fragen melden Sie sich gerne!

Freundliche Grüße
Angela Binder