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Andreas Lämmel
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Frage von Thomas O. •

Frage an Andreas Lämmel von Thomas O. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Lämmel,

aller voraussicht nach wird eine Vorratsdatenspeicherung in Deutschland eingeführt. Damit wird es möglich, beispielsweise geschäftliche Kontakte zu rekonstruieren, Bewegungsprofile zu erstellen oder persönliche Beziehungen zu verfolgen. Besonders für mich als Journalist wäre dies für mich eine enorme Einschränkung meiner Rechte. Außerdem sehe ich meine Tätigkeit damit stark beeinflusst.
Gerade in Ostdeutschland sollte man meiner Ansicht nach eine besondere Sensibilität für den Datenschutz haben. Denn schließlich ist es nichteinmal zwei Jahrzehnte her, dass Staatliche Überwachung hier an der Tagesordnung war.

Wie halten Sie es mit der Vorratsdatenspeicherung? Überwiegen Ihrer Ansicht die Vorteile oder die Nachteile? Und wie schätzen Sie die Volkswirtschaftlichen Folgen aufgrund der Verwaltung dieser Datenflut ein?

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Otto

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Otto,

vielen Dank für Ihre Email-Zuschrift zur Vorratsdatenspeicherung. Ich muss bei Ihnen für die verspätete Antwort entschuldigen. Der „Fehlerteufel“ lag wohl darin, dass die schon versendete Antwort wohl an eine falsche Adresse ging.

Die Lage zum Thema Ihres Anschreibens stellt sich folgendermaßen dar:

Die Bundesregierung hat im Februar diesen Jahres der EG-Richtlinie 2006/24/EG vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten mit Unterstützung des Deutschen Bundestages zugestimmt. Die besondere Bedeutung der Telekommunikationsverkehrsdaten für eine wirksame Strafverfolgung ist unbestritten. Die Befugnis, nach den §§ 100g und 100h der Strafprozessordnung Auskunft von Diensteanbietern über gespeicherte Telekommunikationsverkehrsdaten zu verlangen, hat sich in vielen Kriminalitätsbereichen als hilfreich für eine effektive Strafverfolgung erwiesen.

Ich war mir bei Beschluss des Antrags bewusst, dass das hierfür gewählte Instrument der Richtlinie möglicherweise nicht ganz frei von rechtlichen Risiken ist, habe mich aber trotzdem dafür ausgesprochen, weil es sich insoweit um einen Kompromiss der EU-Mitgliedstaaten gehandelt hat (das Instrument des Rahmenbeschlusses war innerhalb der EU-Mitgliedstaaten nicht mehrheitsfähig) und es jedenfalls gelungen ist, in der Richtlinie Regelungen mit Augenmaß zu verankern. So dürfen beispielsweise keine Gesprächsinhalte gespeichert werden, die Speicherungsfrist wird auf 6 Monate beschränkt (dabei handelt es sich um die Mindestspeicherfrist nach der Richtlinie) und die Daten dürfen nur bei Verdacht auf erhebliche oder mittels Telekommunikation begangene Straftaten abgefragt werden. Daher wird es auch weder zu einer willkürlichen noch zu einer Massenspeicherung von Daten kommen, wie Sie befürchten. Auch das Problem einer unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten zweifelhaften Verwaltung einer „Datenflut“ stellt sich also nicht.

Besonders mit der zuletzt genannten Vorsichtsmaßnahme wird dem Grundsatz „in dubio pro reo“ Rechnung getragen. Nur deshalb, weil die Bundesregierung diesen Weg der Richtlinie mitgetragen hat, hatte sie die Möglichkeit, diese Einschränkungen im Text der Richtlinie zu verankern. In dem Antrag aus Drucksache 16/545 heißt es zum Verhältnis der Vorratsdatenspeicherung zu den Grundrechten übrigens wie folgt:

„Die Einführung gesetzlicher Speicherungspflichten für Telekommunikationsverkehrsdaten greift … in die Grundrechte sowohl der Nutzer als auch der Anbieter von Telekommunikationsdiensten ein; konkret betroffen hiervon sind das Fernmeldegeheimnis nach Artikel 10 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und die Freiheit der Berufsausübung nach Artikel 12 Abs. 1 GG. Die Abfrage der gespeicherten Daten kann zudem weitere Grundrechte, wie etwa die Presse- und Rundfunkfreiheit nach Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG berühren. Diese Grundrechte sind in einem freiheitlichen demokratischen Gemeinwesen von besonders großer Bedeutung. Eingriffe in diese Grundrechte, von denen zahlreiche Personen betroffen werden, die in keiner Beziehung zu einem konkreten Tatvorwurf stehen und den Eingriff durch ihr Verhalten nicht veranlasst haben, sind besonders schwerwiegend und bedürfen deshalb einer besonderen Rechtfertigung“ (BT-Drs. 16/545 vom 07.02.2006, Abs. 10).

„Die genannten Grundrechte sind jedoch nicht vorbehaltlos gewährleistet. Ihre gesetzliche Einschränkung ist zur Verfolgung vernünftiger Gemeinwohlbelange, wie etwa der Gewährleistung einer wirksamen Strafverfolgung in bestimmten Kriminalitätsbereichen, zulässig, wenn hierbei insbesondere die Grenzen der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden, also die einschränkende gesetzliche Regelung zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet, erforderlich und angemessen ist“ “ (BT-Drs. 16/545 vom 07.02.2006, Abs. 11).

Die Richtlinie war bis zum 15. September 2007 in nationales Recht umzusetzen. Mit dem Gesetzentwurf zur Neugestaltung der Telekommunikationsüberwachung (BT-Drs. 16/5846), der diese Woche vom Bundestag verabschiedet werden wird, soll dies geschehen.

Aus meiner Sicht überwiegen die Vorteile der Vorratsdatenspeicherung, denn die verdeckten strafprozessualen Ermittlungsmethoden müssen mit der Zeit mithalten können und der Gesetzentwurf trägt dem Schutz der Grundrechte in ausgewogener Weise Rechnung.

Mit freundlichen Grüßen
Andreas Lämmel