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Alexandra Geese
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Joachim D. •

Gibt es im Digital Services Act Widersprüche? - Know your business customer versus Recht auf Anonymität versus Pflichtangaben in Rechnungen

Sehr gehrte Frau Geese,

am 20. Januar hat die Abstimmung zum Digital Services Act im europäischen Parlament zwei ganz bemerkenswerte Dinge hervorgebracht. Zum einen wurde das Prinzip “Know Your Business Customer“ um Vermittlungsdienste erweitert und zum anderen wurde das Recht auf anonyme Nutzung und Bezahlung von Internetdiensten eingeräumt. Aber was ich nicht verstehe ist, wie das Prinzip "Know Your Business Customer" vereinbar sein soll mit dem Recht, digitale Dienste anonym nutzen und bezahlen zu können? Für mich ergibt sich hier ein Widerspruch. Was gilt denn jetzt: Identifizierung oder Anonymität? Beides gleichzeitig geht in meinen Augen nicht. Darüber hinaus frage ich mich, wie das Recht auf anonyme Bezahlung von Internetdiensten mit den Pflichtangaben in Rechnungen in Einklang gebracht werden kann. Bei Rechnungen über 250 Euro (z.B. für eine Online-Anzeige) sind nach deutschem Steuerrecht zwingend Pflichtangaben (z.B. Firma, Anschrift, ..) anzugeben.

Vielen Dank

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr D.,

entschuldigen Sie bitte die späte Antwort.

Die von Ihnen angesprochenen Punkte beziehen sich sicherlich auf die Position des Europäischen Parlaments im Januar 2022. Im Trilog mit Europäischer Kommission und Europäischen Rat wurde danach das finale Gesetz ausgehandelt. In diesem gibt es das Recht auf Anonymität nicht, das Wort Anonymität kommt im Digital Services Act nicht vor. Das Know your Business Customer Prinzip gilt allein für Händler auf Marktplätzen (z.B. Alibaba oder Amazon), nicht aber für die Nutzung von sozialen Medien. Im finalen Text des Gesetzes gibt es ein spezielles Kapitel nur für Online-Marktplätze, in dem dieses Prinzip verankert ist: Abschnitt 4, Artikel 30, "Nachverfolgbarkeit von Unternehmern" (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32022R2065#d1e3274-1-1). Dieser Artikel 30 gilt also nicht für normale Nutzer*innen von digitalen Diensten, sondern nur für Händler, die ja auch im Offline-Leben nicht anonym agieren dürfen. 

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen konnte.

Viele Grüße

Alexandra Geese 

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