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Alexander Hold
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Frage von Nicolas M. •

Wie stehen Sie zum Urteil des Bundesverfassungsgerichtes hinsichtlich des NPD-Verbotsverfahrens?

Sehr geehrter Herr Hold,

zunächst würde mich natürlich interessieren, ob Sie diese Fragen hier selbst beantworten, aber das ist sekundär. Primär geht es mir darum, wie Sie dazu stehen, dass die NPD allein aus dem Grund im Verbotsverfahren 2013-2017 nicht verboten wurde, dass Sie "nicht das Potenzial habe, in Deutschland an die Macht zu kommen"?

Wären Sie generell dafür, dass verfassungsfeindlich gesinnte Parteien wie auch beispielsweise "Der III. Weg" unabhängig von ihrem Potenzial ggf. verboten werden würden? Das mit dem III. Weg betrifft Sie vielleicht auch ein wenig mehr, da diese Partei ja ihren Schwerpunkt im Süden hat.

Ich würde mich sehr über eine Antwort freuen.

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Antwort von
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Ja, ich beantworte alle Fragen grundsätzlich selbst - daher hat die Beantwortung Ihrer Frage leider auch recht lange auf sich warten lassen...

Ein Parteiverbot als schärfstes Schwert und überdies zweischneidige Waffe des demokratischen Rechtsstaats (so das BVerfG) sollte tatsächlich nur die ultima ratio einer wehrhaften Demokratie sein. Daher ist die Argumentation des BVerfG nachvollziehbar, dass konkrete Anhaltspunkte von Gewicht vorliegen müssen, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass das gegen die Schutzgüter des Art. 21 Abs. 2 GG gerichtete Handeln einer Partei erfolgreich sein kann, die Partei also das Potenzial haben müsse, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden.

Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht im NPD-Verbotsverfahren zwar die Verfassungsfeindlichkeit der NPD bejaht, nicht aber deren Verfassungswidrigkeit. Es hat sich dabei auf die von ihm schon früher aufgestellten Grundsatz bezogen, dass eine Partei nicht schon dann verfassungswidrig ist, wenn sie die obersten Prinzipien einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht anerkennt. Es müsse vielmehr eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung hinzukommen.
Bei der NPD konnte das BVerfG sodann keine „Anhaltspunkte für eine erfolgreiche Durchsetzung ihrer verfassungsfeindlichen Ziele“ feststellen. 

Diese Begründung des Bundesverfassungsgerichts im NPD-Verbotsverfahren respektiere ich selbstverständlich.
Grundsätzlich ist meine persönliche Meinung aber, dass nach dem Wortlaut des Grundgesetzes wie auch nach dem Sinn und Zweck der Regelung die Potenzialität keine Voraussetzung für die Verfassungswidrigkeit einer Partei ist. Nach Art. 21 II GG reichen entweder gegen die Verfassung gerichtete Ziele oder entsprechendes Verhalten der Anhänger - wenn Ziele reichen, gibt es keinen Grund, zusätzlich ein Erfolgspotenzial des Verhaltens zu fordern. Nach meinem Verständnis ist daher Verfassungswidrigkeit keiner Auslegung, Abstufung oder Relativierung zugänglich, so dass ein Verbot bei Feststellung der Verfassungswidrigkeit unabhängig vom Gewicht einer Partei zwingend wäre. Auch unter tatsächlichen Gesichtspunkten gibt es keinen Grund, von dieser Wertung des Grundgesetzes abzuweichen, schließlich könnte erst der mit vermeintlicher Harmlosigkeit begründete Verzicht auf ein Verbot den Weg bereiten, ein verfassungsgefährdendes Potenzial aufzubauen - oder anders ausgedrückt: Wehret den Anfängen!

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