Portrait von Reinhard Bütikofer
Reinhard Bütikofer
Bündnis 90/Die Grünen
99 %
233 / 235 Fragen beantwortet
Frage von Jörg T. •

Hallo Herr Bütikofer, hier ist eine seriöse Möglichkeit für Bürger sich zu informieren und sich mit Politikern auszutauschen. Wie möchten Sie die Qualität ihrer Antworten verbessern?

Die Qualität Ihrer Antworten erscheint mir als ungenügend insofern, da es scheint, Sie machen sich über die Fragenden lustig und/oder nehmen diese nicht ernst. Da die gestellten Fragen an einen in der Regierung beteiligten Politiker gerichtet sind, halte ich dieses Verhalten für problematisch und trägt weiter zur Politikverdrossenheit bei. Antworten zu aktuellen Themen wie KI und Digitalisierung - keine Ahnung von KI und der Verweis an den Verbraucherschutz bei der Frage zu eFahrzeugschein - richten sich an einen Politiker, der Rahmengebend und Gestaltend genau zu diesen Themen wirken sollte. Ihre Antworten sind meiner Meinung ein NoGo und disqualifizierend als Spitzenpolitiker! Wie möchten Sie besser in Beziehung mit den Fragenden gehen und die Fragen adäquat beantworten, die Ihrer Rolle als Spitzenpolitiker gerecht wird?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Hallo Herr T.

dies ist wohl eine der letzten Bürgeranfragen, die ich über abgeordnetenwatch.de beantworten werde, denn ich werde nach der Europawahl aus dem Europäischen Parlament ausscheiden; ich kandidiere nämlich nicht mehr.

Sie fragen: "Wie möchten Sie die Qualität ihrer Antworten verbessern?" 

Die einfache Antwort ist: Das wird kaum in einem relevanten Umfang möglich sein, weil die 9. Legislaturperiode de facto zu Ende ist und es in der 10. Legislaturperiode eben keine Gelegenheit mehr geben wird, mir Fragen zu stellen. Siehe oben. Aber Ihnen gebe ich selbstverständlich eine so qualitätsvolle Antwort, wie mir das möglich ist. Ob Sie das dann zufrieden stellt oder wenigstens etwas besänftigt, müssen Sie sehen.

Sie schreiben: "Die Qualität Ihrer Antworten erscheint mir als ungenügend insofern, da es scheint, Sie machen sich über die Fragenden lustig und/oder nehmen diese nicht ernst."

Diese Kritik ist ebenso allgemein wie unberechtigt. Ich nehme die Fragenden natürlich ernst. Das können Sie schon daran sehen, dass ich über 230 mir gestellte Fragen beantwortet habe. Keine ist unbeantwortet geblieben. Auch die unhöflichen nicht. Sie können ja einmal vergleichen, wie ich im Vergleich zu anderen Abgeordneten des Europaparlaments in dieser Hinsicht dastehe. Zudem: Auch wenn der eine oder die andere mit einer Antwort nicht zufrieden gewesen sein mochte, scheint mir Ihr negatives Generalurteil doch ziemlich abseitig.

Allerdings habe ich mir dann und wann das Recht herausgenommen, auf einen groben Klotz einen groben Keil zu setzen. Wenn einzelne Fragende der Meinung waren, Sie könnten mich behandeln wie eine Auskunftei oder ein Nachschlagewerk, dann habe ich das auch mal schlicht zurückgewiesen. Es ist nicht meine politische Aufgabe, für andere den Rechercheassistent zu spielen. Übrigens gehört es in meinem Verständnis zum Respekt gegenüber Bürgerinnen und Bürgern dazu, gegebenenfalls Klartext zu sprechen oder eine nötige Grenze zu ziehen. Ich habe bei meinen Antworten nicht oder jedenfalls fast gar nicht mit Textbausteinen gearbeitet, sondern jeweils selber formuliert oder Vorlagen von MitarbeiterInnen mindestens überarbeitet. Auch das war Ausdruck meiner Vorstellung von Respekt. Aber ich halte es nicht für richtig, Leuten, die mich polemisch angehen, den Bart zu kraulen.

Sie schreiben: "Da die gestellten Fragen an einen in der Regierung beteiligten Politiker gerichtet sind, halte ich dieses Verhalten für problematisch und trägt weiter zur Politikverdrossenheit bei."

Da unterliegen Sie meines Erachtens einem mehrfachen Irrtum. Zwar ist meine Partei an der Bundesregierung beteiligt - und auch an verschiedenen Landesregierungen -, aber das macht mich nicht zu einem Regierungspolitiker. Ich rede auch nicht jeden Tag oder jede Woche oder jeden Monat mit den ParteifreundInnen, die tatsächlich an der Regierung sind. So läuft das nicht. Meine Aufgabe war im Europäischen Parlament. Darauf hatte ich mich zu konzentrieren. Ich habe nie den Eindruck erweckt, die Bundesregierung oder eine andere Regierung zu vertreten und ich hätte dazu ja auch kein Recht gehabt. Zudem verstehe ich nicht, wieso vermeintlich ungenügende Antworten von mir zu Politikverdrossenheit führen sollten. Wer unzufrieden ist, hat in einer Demokratie doch die Wahl. Niemand ist verpflichtet, das gut zu finden, was ich zu bieten habe. Wem meine Antworten nicht gefallen, kann woanders bessere suchen und gegebenenfalls aus dem Vergleich politische Konsequenzen ziehen. Es sagt doch auch niemand, er oder sie sei fußballverdrossen, wenn ein Spieler einer bestimmten Mannschaft nicht spielt wie gewünscht. Lassen Sie doch das Klischee weg!

Sie schreiben: "Antworten zu aktuellen Themen wie KI und Digitalisierung - keine Ahnung von KI und der Verweis an den Verbraucherschutz bei der Frage zu eFahrzeugschein - richten sich an einen Politiker, der Rahmengebend und Gestaltend genau zu diesen Themen wirken sollte."

Ich finde ja, Sie sollten mich dafür loben, dass ich auch mal sage, dass ich von einem Thema wenig oder nichts verstehe. Wer solche Unkenntnis bei allen Themen leugnen würde, wäre ein Lügner. Niemand kann auf allen thematischen Hochzeiten gleichzeitig tanzen. Wenn PolitikerInnen nicht nur SprechblasenproduzentInnen sein sollen, Leute, die überall ein bisschen mitdilettieren, dann müssen sie sich spezialisieren können. Das habe ich getan und meine Expertise bei Themen der Außenpolitik, der Handelspolitik und der Industriepolitik hinreichend unter Beweis gestellt. Ein Parlament oder eine politische Gruppe dort verfährt arbeitsteilig und kooperativ. Ich verlasse mich zumeist auf das Wissen und die Sorgfalt anderer Mitglieder, so wie sie es auch mir gegenüber tun. Blind folge ich anderen nicht, sondern weiche eventuell auch ab. Aber dann habe ich trotzdem nicht die Zeit und Kraft, mich in andere als meine Themen sehr tief einzuarbeiten. Wenn sich allerdings alle immer jeweils auf die "aktuellen Themen" stürzen würden, bliebe viel zu viel an anderen auch wichtigen Themen liegen. Der Parlamentarismus setzt keine Universalgenies oder Philosophenkönige voraus, sondern ein gemeinsames Wirken vieler.

Wenn bei mir Fragen ankamen, die deutlich außerhalb meiner Kompetenz lagen, hatte ich zwei Möglichkeiten. Ich konnte eineN sachkundigereN Kollegin/Kollegen darum bitten, mir eine Antwort aufzuschreiben oder ich konnte direkt dorthin verweisen. Manchmal habe ich die erste Option gewählt, mich dabei aber nicht besonders gut gefühlt, weil ich mit meinem Namen eine Antwort zu unterzeichnen hatte, für die ich nicht aus eigener Kenntnis einstehen konnte. In anderen Fällen habe ich an gute Fachleute verwiesen. Das kam, ich weiß, nicht immer gut an. Fragende meinten, Sie müssten unbedingt von mir eine Antwort haben. Nun, in der Sache hätte das ja gar nichts gebessert. Aber außerdem finde ich die Forderung, alle PolitikerInnen müssten für alle Fragen Antworten haben, ganz unbillig. Es geht doch auch niemand zum Metzger und verlangt, er solle erklären, wie ein Elektroanschluss verlegt werden muss. Politik ist auch ein Handwerk, und ich habe meinen Meister nun mal nicht in Gesundheitspolitik gemacht oder in Wohnungsbaupolitik.

Sie schreiben: "Ihre Antworten sind meiner Meinung ein NoGo und disqualifizierend als Spitzenpolitiker!"

Da bin ich mal gespannt, ob Sie das wirklich aufrecht erhalten wollen.

Sie fragen: "Wie möchten Sie besser in Beziehung mit den Fragenden gehen und die Fragen adäquat beantworten, die Ihrer Rolle als Spitzenpolitiker gerecht wird?"

Der süßlich-herablassende Ton dieser Frage gefällt mir nicht. Aber sei´s drum. Ich frage zum Schluss mal Sie was: War diese ganze Antwort nun adäquat? Was adäquat ist, liegt selbstverständlich immer in der individuellen Beurteilung. Ich finde meine ausführliche Antwort adäquat. Ich bin ganz schön "in Beziehung" mit Ihnen gegangen.

Mit besten Grüßen,

Reinhard Bütikofer

 

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