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Kasimir Romer
Volt
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Frage von Alexandra M. •

Frage an Kasimir Romer von Alexandra M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Die Coronamaßnahmen sind für mich ein Scheideweg. Zählt künftig noch Individualität und Freiheit oder das durchregieren durch ausgerufene "alternativlose wissenschaftliche Notwendigkeit"

1. Sehen Sie die Grundrechte als gleichwertig, oder steht das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit über anderen?

2. Sollten Risikogruppen nicht zuerst gefragt werden, ob sie geschützt werden wollen?

3. Wie sehen Sie das Leben nach Corona? Mit Kultur, Umarmungen, ohne Masken und Panikmache? Oder gesteuert von Inzidenz und ausgelöste Maßnahmen?

4. CSU Generalsekretär Markus Blume: "Jede Erleichterung kann nur auf Bewährung stattfinden. Den Takt gibt nicht die Politik vor, sondern das Virus" Was halten Sie von dieser Aussage?

5. Die WHO empfiehlt unter bestimmten Situationen Zeit durch Lockdowns zu kaufen, um Kapazitäten und wirksame Maßnahmen aufzubauen.
Warum befinden wir uns Ihrer Meinung nach bereits im 4. Lockdown ohne erkennbaren Ausweg?

6. Halten Sie es für sinnvoll, Kriterien für die Definition einer Pandemie festzulegen?
(Übersterblichkeit in Zeitraum x, welche Maßnahmen gelten und wie lange...)

7. Das Verhalten der Regierung ist undurchsichtig. Es wird fortlaufend ein anderes Kaninchen hervorgezaubert, um Restriktionen zu begründen. Welche Kontrollen schlagen Sie vor, um Transparenz und Verständlichkeit zu garantieren?

8. Die Überlastung des Gesundheitssystems muss durch Ausbau anstatt Abbau begegnet werden. Redundanz schützt, keine Wirtschaftlichkeit. Sind Sie dafür?

9. Am 09.02. wurde ein Gesetzesentwurf verfasst, um den nationalen Notstand über den 31.3.21 fortzuschreiben. Lagebeurteilung erfolgt durch die Leopoldina nachträglich Ende 2021. Ohne Angabe von Alternativen
Sehen sie die Voraussetzung für ein Fortschreiben der Notsituation ebenfalls gegeben?
Wie beurteilen Sie die nachträgliche Lagebewertung? Wäre nicht das abgelaufene Jahr 2020 gut gewesen? Sehen sie auch keine Alternative zur Fortschreibung des Notstandes?

Danke

Portraitfoto von Kasimir Romer, Kandidat in den Wahlkreisen Ulm und Biberach
Antwort von
Volt

Hallo,

vielen Dank für die Fragen, die ich Ihnen sehr gerne beantworte.

Vorab: ich sehe die Situation nicht schwarz/weiß: Individualität und Freiheit und wissenschaftlich notwendige Maßnahmen schließen sich gegenseitig nicht aus.

1. Sehen Sie die Grundrechte als gleichwertig, oder steht das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit über anderen?

Natürlich sind alle Grundrechte gleichwertig. Mein Recht auf freie Entfaltung meiner Persönlichkeit hört aber genau da auf, wo die Nase eines Mitmenschen beginnt. Das heißt auch, dass meine Grundrechte nicht schwerer wiegen als die Grundrechte Anderer (zum Beispiel das auf Leben).

2. Sollten Risikogruppen nicht zuerst gefragt werden, ob sie geschützt werden wollen?

In der Tat erfolgt die Diskussion in der Politik recht einseitig: hier werden Maßnahmen zum Schutz von insbesondere älteren Mitmenschen getroffen (nicht nur, auch jüngere Menschen können Risikofaktoren haben, wie zB ein schlechtes Immunsystem). Dass dadurch gerade Kinder das Nachsehen haben, wird leider häufig vergessen.

Ich habe aber noch keine Beschwerden von den Risikogruppen gehört, die sich beschweren, dass möglicherweise ihr Leben gerettet wurde.

3. Wie sehen Sie das Leben nach Corona? Mit Kultur, Umarmungen, ohne Masken und Panikmache? Oder gesteuert von Inzidenz und ausgelöste Maßnahmen?

Ich denke durch verschiedene Maßnahmen, zum Beispiel Impfungen und häufiges Testen, bessere Kontaktnachverfolgung, können auch Kultur und Umarmungen wieder Teil des öffentlichen Lebens werden. “Panikmache” ist hier fehl am Platz, wobei ich aber deutlich sagen muss, dass ich das auch aktuell nicht sehe (außer am äußersten rechten Rand des politischen Spektrums, aber da ist Panikmache ja nix neues).

Es sollte aber klar sein, dass das Virus mittlerweile endemisch geworden ist. Die stetige Präsenz von “Corona” in den Medien halte ich daher für übertrieben. Kurzzeitige Maßnahmen zur Reduktion sozialer Kontakte, um eine Senkung in einem lokalen Bereich herbeizuführen, möchte ich aber nicht ausschließen. Die Wahrheit ist facettenreicher als Schwarz oder Weiß - Kultur oder Inzidenz.

4. CSU-Generalsekretär Markus Blume: "Jede Erleichterung kann nur auf Bewährung stattfinden. Den Takt gibt nicht die Politik vor, sondern das Virus" Was halten Sie von dieser Aussage?

Die Aussage zeigt, dass die CSU keinen Plan hat, wie man durch die Pandemie kommen möchte. Es fehlt eine Strategie. Es wird nur reagiert, anstatt mal zu agieren. Wenngleich mit dem Virus natürlich nicht verhandelt werden kann, mit oben genannten Maßnahmen wäre es möglich deutlich präzisere Maßnahmen zu fahren.

5. Die WHO empfiehlt unter bestimmten Situationen Zeit durch Lockdowns zu kaufen, um Kapazitäten und wirksame Maßnahmen aufzubauen.

Warum befinden wir uns Ihrer Meinung nach bereits im 4. Lockdown ohne erkennbaren Ausweg?

Wir befinden uns nicht im 4. Lockdown, sondern im 2. und im 1. halbwegs richtigen Lockdown. Der Ausweg ist erkennbar, es ist die Impfung zusammen mit Tests und besserer Kontaktnachverfolgung. Ich stimme Ihnen aber dahingehend zu, dass die Zeit nicht sinnvoll genutzt wurde, um Konzepte, Impf- und Teststrategien zu erarbeiten.

6. Halten Sie es für sinnvoll, Kriterien für die Definition einer Pandemie festzulegen?

(Übersterblichkeit in Zeitraum x, welche Maßnahmen gelten und wie lange...)

Die Kriterien der Experten von der WHO sind hinreichend ausgereift. Eine Pandemie kann man erkennen, bevor sich eine Übersterblichkeit (die ja hinreichend zeitverzögert ist) abzeichnet. Ich werde mich mit Definitionen dieser Art zurückhalten, wozu gibt es denn Experten, die so etwas beurteilen?

7. Das Verhalten der Regierung ist undurchsichtig. Es wird fortlaufend ein anderes Kaninchen hervorgezaubert, um Restriktionen zu begründen. Welche Kontrollen schlagen Sie vor, um Transparenz und Verständlichkeit zu garantieren?

In diesem Punkt kann ich Ihnen zustimmen. Die 7-Tages-Inzidenzlevel von 50 und 35 Infektionen/100.000 werden von der Politik, wie sie gerade lieb erscheinen, herumgeschubst. Aus wissenschaftlicher Sicht macht zB ein Inzidenzlevel von 10/100.000 Sinn.
Ich denke, die aktuellen Kontrollmöglichkeiten durch das Bundesverfassungsgericht oder die Länderequivalente sind ausreichend. Dass sie ihren Job (also die Kontrollfunktion) richtig machen, haben diverse Gerichtsentscheidungen in den letzten Monaten gezeigt.

Transparenz und Verständlichkeit sind aber gerade in Ausnahmesituationen wie einer Pandemie wichtig. Daher trete ich dafür ein, wissenschafts- und evidenzbasierte Entscheidungen zu treffen, die durch entsprechende Expertenmeinungen gestützt sind und auch so kommuniziert werden..

8. Die Überlastung des Gesundheitssystems muss durch Ausbau anstatt Abbau begegnet werden. Redundanz schützt, keine Wirtschaftlichkeit. Sind Sie dafür?

In der Tat. Das Gesundheitssystem ist meiner Meinung nach Daseinsvorsorge und sollte nicht unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt werden. Eine Gewinnerzielungspflicht halte ich im Gesundheitssystem für äußerst zweifelhaft.

9. Am 09.02. wurde ein Gesetzesentwurf verfasst, um den nationalen Notstand über den 31.3.21 fortzuschreiben. Lagebeurteilung erfolgt durch die Leopoldina nachträglich Ende 2021. Ohne Angabe von Alternativen. Sehen sie die Voraussetzung für ein Fortschreiben der Notsituation ebenfalls gegeben?

Wie beurteilen Sie die nachträgliche Lagebewertung? Wäre nicht das abgelaufene Jahr 2020 gut gewesen? Sehen sie auch keine Alternative zur Fortschreibung des Notstandes?

Am 9.2.2021 wurde eine Verlängerung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite beschlossen. Eine solche liegt vor, wenn

1. die Weltgesundheitsorganisation eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite ausgerufen hat und die Einschleppung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit in die Bundesrepublik Deutschland droht oder
2. eine dynamische Ausbreitung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit über mehrere Länder in der Bundesrepublik Deutschland droht oder stattfindet.

Prinzipiell stimme ich dieser Lagebeurteilung zu. Ich sehe nicht, was sich in der Zwischenzeit geändert haben sollte (außer einer steigenden Zahl von Infektionen mit den schwerer zu kontrollierenden Mutationen), deshalb ist es nur logisch, dass diese Verlängerung beschlossen wurde.

Die Beurteilung der Leopoldina erst zum Ende des Jahres 2021 erscheint mir auch etwas spät. Eine reine Beurteilung der Ereignisse des Jahres 2020 halte ich angesichts der sich stark ändernden Situation allerdings ebenfalls für nicht zielführend. Hier wäre es gut, wenn ein Mittelweg gefunden werden kann.

Ich hoffe ich konnte Ihnen mit der Beantwortung der Fragen helfen,

Mit besten Grüßen,

Kasimir Romer