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Frage von Reinhard G. •

Frage an Katja Kipping von Reinhard G. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Katja Kipping,

ich habe gehört, dass die Arbeitsagentur zur Zeit bundesweit von den Antragstellern von Arbeitslosengeld II generell verlangt, dass sie Kopien der Kontoauszüge von mehreren Monaten einreichen. Das soll auch bei Antragstellern von einfachen Weiterbewilligungsanträgen der Fall sein, von denen bekannt sein sollte, das sie kaum Vermögen und seit Jahren kein Erwerbseinkommen haben usw. Begründet werde das mit einer „neuen Vorgabe“.

Ich denke, dass etliche Leistungsberechtigte zur Zeit tatsächlich große Schwierigkeiten haben, überhaupt Kopien zu erstellen. Es gibt zur Zeit einen wohl Corona-bedingten Lieferengpass bei bestimmten (HP)-Druckerpatronen. Bibliotheken, die Jobcenter selber und viele Copy-Shops haben geschlossen. Bei den anderen darf man nicht selbst ans Gerät, sondern muss die Unterlagen zum Kopieren abgeben. Zudem wissen die Leistungsberechtigten oft nicht, was sie in den Auszügen wirklich schwärzen dürfen und was nicht, usw.

Wissen Sie, aufgrund welcher Vorgabe oder Weisung (eventuell des Ministeriums?) die Jobcenter so handeln? Nach meiner Kenntnis der Dinge ist nach der aktuell geltenden Rechtslage eine lückenlose Weiterbewilligung von Leistungen nicht unbedingt gewährleistetet, so wie noch im letzten Jahr. Vielen Leistungsberechtigten wird aber nicht eingeräumt, dass sie ihr Konto überziehen dürfen usw. Sollte in Corona-Zeiten nicht zuviel Stress vermieden werden, weil das die Immunabwehr schwächt?
Was sagen Sie dazu?

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
DIE LINKE

Lieber Herr Großmann,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Ich stimme Ihnen zu, dass die Bundesregierung Hartz-IV-Betroffene bisher in den Corona-Pandemie weitgehend im Stich gelassen hat. Meine Fraktion und ich haben dies seit Beginn der Pandemie in vielfältigen Anträgen und diversen öffentlichen Statements kritisiert. Wir als LINKE machen Druck für eine sanktionsfreie Mindestsicherung, damit niemand unter 1200 Euro im Monat fällt.

Das Problem, dass bei oft kurzen Fristsetzungen durch Jobcenter wenig Rücksicht auf die veränderten Bedingungen z.B. bei der Besorgung von Unterlagen genommen wird, ist mir bekannt. Die Anforderung von Kontoauszügen auch bei Weiterbewilligungsanträgen ohne gesonderten Verdacht auf Änderung der Einkommensverhältnisse gab es auch in der Vergangenheit und fand sich so in den Weisungen der BA. Das Bundessozialgericht hat Klagen dagegen mit Verweis auf die Amtsermittlungspflicht verworfen. (BSG, B 4 AS 10/08 R) Diese Praxis ist insofern grundsätzlich also nicht neu. Entschieden wurde dies im damaligen konkreten Fall für die Aufforderung, Kontoauszüge der letzten drei Monate vorzulegen. Diese drei Monate wurden als regelmäßige Frist auch in den Weisungen der BA bisher erwähnt.

Die Bundesagentur hat allerdings in der Tat im Januar eine Weisung erlassen, in der explizit auf die Möglichkeit der Anforderung von Kontoauszügen für längere Zeiträume unter bestimmten Voraussetzungen hingewiesen wird. (Weisung 202101002 vom 13.01.2021 zum § 37 SGB II) Für Betroffene, die aber unter Pademiebedingungen teilweise mit kurzen Fristsetzungen diese Unterlagen beibringen müssen, ist dies wie Sie zutreffend beschreiben, oftmals eine enorme Belastung.

Ob dies von den Jobcenter nun zusätzlich flächendeckend restriktiv ausgelegt wird und regelmäßig über die bisher regelmäßig angeforderten und auch jetzt in der aktuellen Fassung regelmäßig vorgesehenen Auszüge der letzten drei Monate hinausgeht oder ob dies Einzelfälle sind, kann ich bisher derzeit leider nicht sagen. Insofern bin ich durchaus daran interessiert, wenn Sie und andere Betroffene mir (gern anonymisiert) Bescheide zukommen lassen, in denen über die den drei Monatszeitraum hinaus gegangen wird.

Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass die Jobcenter die besonderen Bedingungen der Pandemie bei der Fristsetzung und der Anforderung von Dokumenten berücksichtigen sollte und die BA gefordert ist, hierfür geeignete Anweisungen zu erlassen.

Freundliche Grüße

Katja Kipping