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Katharina Dröge
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Maria B. •

Frage an Katharina Dröge von Maria B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Dröge,

Ich habe zwei Fragen an Sie zu leicht unterschiedlichen Bereichen.

1. Was planen Sie gegen sexuelle Belästigung und Übergriffe im Alltag zu tun und sehen Sie die öffentlich zugängliche Informationslage zu diesem Thema als ausreichend an?

Der Einsatz von Kameras kann nicht das einzige Mittel sein, sondern es müssen sowohl Hilfen für Opfer, als auch eine ehrliche Thematisierung der Tätergruppen gegeben sein. „Ausstiegsprogramme“ für Täter halte ich nicht für realistisch, allerdings muss eine Möglichkeit bestehen Täter erfolgreich anzuzeigen (in dem Sinne das kontrolliert wird, ob Polizisten sich auch daran halten Anzeigen aufzunehmen) und verurteilte Straftäter auch angemessen zu bestrafen und intern vorzumerken, damit diese keine Arbeitsverhältnisse in Macht- oder Schutzpositionen einnehmen können, die weitere Opfer nach sich ziehen. Beispielsweise ist es nicht sinnvoll im Sicherheitsdienst, in Kindergärten, in Opferschutzeinrichtungen oder ähnlichen Organisationen verurteilte Sexualstraftäter zu beschäftigen. Wenn man wirklich verhindern möchte, dass rechte Parteien gewählt werden muss man zudem offen und ehrlich Ausländerkriminalität behandeln und verurteilte Sexualstraftäter zeitnah abschieben und sich mit der Justiz in dem jeweiligen Herkunftsland in Kontakt setzen, damit auch diese über die Vorstrafen der jeweiligen Person informiert bleiben und weitere Opfer nicht sein müssen, denn das ist zu großen Teilen vermeidbar.

2. Wie würden Sie abstimmen zu Fragen, die Prostitution in Deutschland betreffen?

Es wäre wünschenswert eine öffentliche Debatte darüber anzustreben, dass Prostitution in Deutschland nicht medial glorifiziert wird. Der Prostitutionssektor ist eine erhebliche Einnahmequelle des Staates (allein das ist moralisch fragwürdig und ein Tabuthema). Es gibt keine einheitlichen Studien, die allgemeine Mutmaßungen zum Thema Prostitution bestätigen. So ist ein oft gehörtes Argument, dass Prostitution die Anzahl von Sexualstraftaten senken könnte, obwohl es dafür keine Belege gibt. Zudem beinhaltet Prostitution die Übergabe von Geld und führt somit in vielen Fällen zu unfreiwilligem Verkehr mit monetärer Gegenleistung. Des Weiteren ist seit Jahren bekannt, dass Menschenhandel und gezwungene Prostitution auch in Deutschland ein Problem darstellen. Die Polizei hat in diesem Bereich kaum Handhabe, um Beweismaterial in Bordellen sicherzustellen. Es wäre gesellschaftlich gut und auch notwendig Prostitution nicht zum Niedriglohn-Sektor Deutschlands verkommen zu lassen, sondern alternativ richtige Berufe für die Menschen zu schaffen.

Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau B.,
vielen Dank für Ihre Zuschrift zu den Themen sexualisierter Gewalt und Prostitution. Gerne lege ich Ihnen die Positionen der Grünen Bundestagsfraktion zu diesen Themen dar:

Zu Ihrer ersten Frage: Als Gesellschaft haben wir die Aufgabe, schon auf erste Anzeichen von sexualisierter Gewalt schneller und sensibler zu reagieren: im Familienumfeld, in der Schule oder in sozialen Netzwerken. Dazu gehören eine Neuaufstellung von Gerichten und die Stärkung der Jugendämter, zusätzliches, gut geschultes Personal bei Polizei und Justiz, bessere Bilderkennungs-Software und internationale Kooperation bis hin zur Überprüfung des Strafrechts. Oberstes Ziel ist, Taten zu verhindern. Gelingt dies nicht, gilt es sie aufzudecken und konsequent zu verfolgen. Es kommt vor allem auf einen hohen Ermittlungsdruck und eine hohe Verurteilungswahrscheinlichkeit an.
Wer angesichts dessen jetzt reflexhaft ausschließlich härtere Strafen fordert, anstatt im Kampf gegen sexualisierte Gewalt alle nötigen Instrumente zu nutzen und zu schärfen, kaschiert den wahren Handlungsdruck und simuliert Handlungsfähigkeit, ohne an den tatsächlichen Missständen Grundlegendes zu ändern. Was uns umtreibt, ist die Strafe, zu der nie verurteilt wurde, die Fälle, in denen nie ermittelt wurde, weil wir sie nicht gesehen haben und nach wie vor nicht sehen. Denn klar ist: Durch bloße Strafverschärfungen lässt sich kein Täter von seinem schrecklichen Tun abbringen.
Schlimmer noch: Die alleinige Fokussierung auf härtere Strafen ignoriert die fatalen Versäumnisse und Fehlentscheidungen durch Ämter und gerichtliche Verfahren.
Was tatsächlich getan werden muss, um sexualisierte Gewalt zu verhindern, kostet vor allem Geld, bedarf Strukturreformen, Gesetzesänderungen und mehr Personal sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene. Wir müssen bereit sein, diese Ressourcen aufzubringen.

Zu Ihrer zweiten Frage: Die Situation in der Prostitution wurde mehrfach im Bundestag debattiert, ausführlich etwa bei der Verabschiedung des Prostitutionsschutzgesetzes 2016. Sowohl die Lebenssituation als auch die Arbeitsbedingungen von Sexarbeiter*innen sind vielfältig und unterschiedlich. Die Bundestagsfraktion will die Rechte und den Schutz von Frauen und Männern, die in der Prostitution arbeiten, durchsetzen und stärken. Prostitution ist kein Job wie jeder andere. Dass Frauen sexuelle Dienstleitungen anbieten, ist aber ihre Entscheidung. Das heißt jedoch nicht, dass wir die Augen vor den äußerst schwierigen Arbeitsbedingungen und den oft gefährlichen Begleitumständen dieser Tätigkeiten verschließen. Hier müssen Hilfe und Unterstützung ansetzen. Ein Verbot von Prostitution halten wir dabei nicht für zielführend. Studien zu den Auswirkungen der gesetzlichen Regelungen in Schweden und anderen nordischen Ländern sind umstritten und uneindeutig und von begrenzter Aussagekraft. So ist von schwierigeren Bedingungen für die Prostituierten auszugehen, von mehr Illegalität, mehr Ausbeutung und Gewalt oder Gesundheitsgefährdung.
Wir haben in Deutschland eine eindeutige Gesetzeslage gegen Menschenhandel und die Ausbeutung von Prostituierten. Die Durchsetzung dieser Gesetze hängt maßgeblich von den Ressourcen der Strafverfolgungsbehörden ab. Darüber hinaus müssen die Lebens- und Arbeitsbedingungen für Menschen, die in der Prostitution arbeiten verbessert werden. Das gilt ganz besonders für Frauen mit aufenthaltsrechtlichen Problemen und ohne Krankenversicherung. Daher halten wir umfangreiche und niedrigschwellige Beratungsangebote für zentral. Diese müssen auch Alternativen zur Tätigkeit in der Prostitution beinhalten. Hierfür sollten deutlich mehr Mittel eingestellt werden. Dafür setzen wir uns ein.

Mit freundlichen Grüßen
Katharina Dröge

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