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Yvonne Ploetz
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Frage von Jan V. •

Frage an Yvonne Ploetz von Jan V. bezüglich Frauen

Sehr geehrte Frau Plötz,

ich darf am Montag den 08.04.2013 bei einem Vortrag (in der Berufsschule) über die Linken Sie in einem Steckbrief darstellen und über Sie sprechen.

Dazu habe ich folgende Fragen:

Was haben Sie für Änderungsvorschläge in Bezug auf die Arbeits- und Sozialpolitik mit dem Schwerpunkt Frauen und Jugend. Ich habe schon einiges darüber im Internet gelesen, vielleicht erfahre ich aber von Ihnen noch aktuelleres dazu.

Welche Vorteile sehen Sie bei Wahlberechtigten ab einem Alter von 16 Jahren?

Können Sie mir auch bitte ein Paar Beispiele in Bezug auf Ihr Interesse der vollwertigen Gleichstellung von Mann und Frau geben.

Können Sie auch diesen Vorschlag von Ihnen bitte Erläutern: Sofortprogramms zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit.

Ich hoffe auf eine schnelle Antwort. Vielen Dank im voraus.

Mit freundlichen Grüßen
Jan Voß

P.S. Ich stimme Ihnen zu, zur vollwertigen Gleichstellung der Frauen und den Männern, weil es ohne sie diskriminierend und unfair ist.
Ich finde es gut, dass die Linken sich für viele Soziale Verbesserungen für alle Bürger einsetzen .

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Voß,

Sie sprechen zwei Themen an, die ich erst einmal trennen wollen würde: Jugendpolitik auf der einen, Frauen- und Gleichstellungspolitik auf der anderen Seite.

Frauen werden häufig nicht als selbständige, gleichgestellte Personen wahrgenommen. Dies zeigen überkommene Vorstellungen von der Rolle der Frau in der Familie oder auf dem Arbeitsmarkt. So wird häufig gesagt, dass Frauen ja nicht so viel verdienen müssten und nicht so viele Stunden arbeiten sollten, da der Ehemann den Großteil des Familieneinkommens erwirtschafte und die Frau die Kinder versorgen müsse. Das ist ein falsches Bild. Wie das Einkommen erwirtschaftet wird und wie die Hausarbeit erledigt wird, sollten die betroffenen Frauen und Männer untereinander regeln. Das heißt, dass Frauen und Männer dies frei zu regeln auch die Chance bekommen sollten. Dafür ist Gleichstellungspolitik da.
Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sind zwei große Felder, wo an allen Ecken und Enden Frauenpolitik gemacht werden kann. Eine der wesentlichen Fragen ist, ob und wie Frauen ihren eigenen Lebensunterhalt verdienen können. Eine Vergleichsmöglichkeit ist der jeweilige Anteil von Frauen und Männern in den verschiedenen Bereichen. Wie viel verdient ein Mann und wie viel eine Frau bei Ausübung der gleichen Tätigkeit und unter sonst gleichen Voraussetzungen? Frauen verdienen in Deutschland ca. 9 Prozent (bereinigter Gender Pay Gap) weniger und im Durchschnitt verdienen Frauen nach dem unbereinigten Gender Pay Gap sogar um die 22 Prozent weniger. Letzten Endes heißt das, Frauen können sich weniger leisten, bekommen weniger vom gesellschaftlichen Leben, obwohl sie doch in gleichem Maße dazu beitragen wie Männer.
Häufig sind es sogenannte Frauenberufe, in denen die Löhne geringer sind als in anderen Berufszweigen und die Unterschiede in Entlohnung zwischen Mann und Frau am größten. Bei den ZahntechnikerInnen verdienen Frauen im Schnitt 31 Prozent weniger, bei den Verwaltungsfachangestellten beträgt die Differenz nur 18 Prozent (WSI Lohnspiegeldatenbank). Es geht also um mehr als nur die Entlohnung. U.a. geht es darum Frauen in die angeblichen Männerberufe zu bringen und umgekehrt. Doch was dann? Dann sieht man, dass dort Männer den Ton angeben, in den Führungsetagen nur wenige Frauen arbeiten – bei Unternehmen mit mehr als 500 MitarbeiterInnen waren es 2012 gerade mal 8,3 Prozent.

Aber was heißt es, weniger Lohn zu bekommen. Die Folge ist weniger Geld ausgeben zu können, weniger Geld im Alter zu haben, weniger zum Leben und somit weniger Geld und Zeit für sich, Familie, Kinder und FreundInnen zu haben. Tatsächlich ist die Armutsgefährdungsquote für alleinerziehende Mütter bedeutend höher als für andere soziale Gruppen (s. 4. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung). In Deutschland lag die Armutsgefährdungsquote von Alleinerziehenden im Jahr 2011 bei rund 37 Prozent – nach dem die Sozialleistungen ausgezahlt wurden (Eurostat, EU-SILC).
Im Alter sind Frauen benachteiligt dadurch, dass sie weniger Rente erhalten, da sie weniger Einkommen hatten. Dadurch wird Armut von Frauen zu einem gewichtigen Problem der Sozialpolitik. Als Ergebnis einer Anfrage der LINKEN (Bt-Drs. 17/9117) kam heraus, dass der durchschnittliche Rentenzahlbetrag der Altersrente von Frauen 533 Euro beträgt, bei Männern allerdings 985 Euro. 70 Prozent aller Frauen erhalten eine Rente unter 700 Euro. Die Grundsicherung/Hartz IV liegt bei 688 Euro, also werden viele Frauen von ihrer Rente ein eigenständiges Leben nur mit Abstrichen führen können.

Zentrale Forderungen der LINKEN in der Frauenpolitik sind daher:
• Gute Arbeit für Frauen: niedrige Löhne durch Minijobs und Leiharbeit müssen verhindert werden – durch vollwertige Arbeitsverhältnisse und einen Mindestlohn von 10 Euro die Stunde.
• Eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, eine bessere Bewertung von Niedriglohnzeiten, Kindererziehung und Pflege in der Rente, sowie eine solidarische Mindestrente, damit Frauen im Alter nicht arm sind.
• Ein Elterngeld von bis zu 24 Monaten, konkrete Unterstützungsangebote für den beruflichen Wiedereinstieg und einen unbefristeten Unterhaltsvorschuss bis zum 18. Lebensjahr, damit alleinerziehende Frauen nicht arm werden.

Selbstverständlich überschneiden sich Frauenpolitik und Jugendpolitik, spätestens dort wo es um junge Frauen geht – in der Schule, in der Berufsausbildung, was Leben, Familie und Freizeit angeht. Aber die Jugendphase ist was spezielles: Jugendliche haben eigene Bedürfnisse und Wünsche, gerade weil das Erwachsenwerden sie vor neue Herausforderungen stellt.
So sind Essstörungen eine häufige Krankheit unter Jugendlichen. Und es betrifft immer mehr Jungens. Ursache sind Belastungen in der Familie, Schule und sozialem Umfeld. Werbung macht einen guten Teil dieses Drucks aus. Dort werden die marktgängigen Schönheitsklischees von superdürren Frauen und Männern geprägt (s. Bt-Drs. 17/10539).
Die Jugendlichen sollen als KäuferInnen der neuesten Produkte geworben werden, sollen konsumieren, Geld ausgeben. Doch einem Großteil der Jugendlichen fehlt das Geld dazu. Sie kommen aus armen Familien, sind in Ausbildungen mit geringem Lehrgehalt oder sind arbeitslos und fallen unter Hartz IV. Die Altersgruppe der 15- bis 25-Jährigen ist stärker von Armut bedroht als alle anderen Altersgruppen. Wie soll dann das Erwachsenwerden funktionieren? Das heißt weg von der Familie ziehen, selbst die Entscheidungen treffen, genügend Geld für ein eigenes Leben verdienen, Freundinnen und Freunde, mit denen man das Leben verbringt. Wie soll es funktionieren, dass junge Erwachsene, die selbst oder aus Familien kommen, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, das Elternhaus verlassen, wenn das SGB II mit seinen Sonderregelungen für unter 25-Jährige den Auszug quasi verbietet?
Armutserfahrungen machen es Jugendlichen und jungen Erwachsenen schwerer Fuß zu fassen. Die erste Berufserfahrung machen sie dann oft in Leiharbeit, Minijobs oder anderen prekären Beschäftigungsverhältnissen. 32 Prozent der unter 35jährigen haben einen unsicheren Job in Form von Befristungen oder Leiharbeit. Und das ist eine grundlegende Verschlechterung der Situation junger Erwachsener im Verhältnis zur vorherigen Generation. Tatsächlich fällt unter anderem deshalb die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland relativ niedrig aus. Während in der EU die Jugendarbeitslosenquote sich um die 24 Prozent bewegt – mit Spitzenwerten in Griechenland und Spanien, wo jede/r zweite junge Erwachsene arbeitslos ist –, liegt die Quote in Deutschland und Österreich bei rund 7,5 Prozent. Ein guter Teil dieser niedrigen Jugendarbeitslosigkeit ist den prekären Beschäftigungsverhältnissen zu verdanken, in die Jugendliche getrieben werden.
Deshalb bin ich für ein Sofortprogramm zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit. Es gibt gute Beispiele wie das Programm JUGEND STÄRKEN. Doch die Bundesregierung lässt das Programm trotz der Erfolge dieses Jahr auslaufen. Stattdessen müsste es fortgeführt werden (s. meinen Antrag „Hände weg von der Initiative ‚JUGEND STÄRKEN‘“). Man müsste auch über die Abschaffung der diskriminierenden Regelungen für unter 25-Jährige im SGB II reden (s. meinen Antrag „Hartz-IV-Sonderregelung für unter 25-Jährige abschaffen“), man müsste über einen Mindestlohn reden, man müsste über Übernahmegarantien für Auszubildende in Normalarbeitsverhältnisse reden. Und das macht DIE LINKE.
Es gibt also genug Gründe, dass sich Jugendliche erheben und für all das streiten, für die Möglichkeit, ein eigenes Leben zu leben. In Spanien, Frankreich, Griechenland gehen tausende von ihnen auf die Straße. Da scheint mir eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre für das aktive Wahlrecht nur konsequent. In einigen Bundesländern ist dies bereits auf kommunaler und Landesebene Wirklichkeit. Weshalb nicht auf Bundesebene?

Letztlich sind die Fakten alle bekannt. Aber es braucht eben Menschen, die sich für die Lösung der Probleme einsetzen.

Viel Glück!
Yvonne Ploetz