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Yasmin Fahimi
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Frage von Tim G. •

Frage an Yasmin Fahimi von Tim G. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Fahimi,

als Ihr Wähler in Hannover Süd habe ich eine Frage: Warum eiert Ihre Partei derzeit so mit der Koalitionsfrage herum, anstatt einfach ein paar klare Forderungen für eine Beteiligung an einer Regierung auf den Tisch zu legen? Wie wäre es mit Vermögenssteuern, Erhöhung der Erbschaftssteuer, des Mindestlohnes, der Mindestrente, der Sozialhilfe? (Die Bezeichnung Hartz IV nach einem verurteilten Straftäter sollte man langsam mal beerdigen.) Wie wäre es mit Investitionen der Mehreinnahmen durch die gerechtere Besteuerung hoher Einkommen (Kapitalerträge), Vermögen und Erbschaften in klassische und digitale Infrastruktur, in Bildung und Forschung? Es gäbe da genug. Die Krux ist nur, dass die SPD solche Forderungen nicht konkret stellt, stattdessen Herr Schulz immer allgemein von "Gerechtigkeit" salbadert, ohne zu sagen, was das für ihn und die SPD konkret ist und mit welchen konkreten Maßnahmen er dieses Ziel erreichen will.

Vielleicht können Sie mir ja die Frage nach dem Warum beantworten? Vielleicht nicht. Ich verstehe es jedenfalls nicht, denn jetzt wäre doch die Chance für die SPD, einiges davon umzusetzen, indem man es von der amtsverliebten Kanzlerin einfach fordert. Dann läge der Ball wieder bei ihr und vielleicht bekäme das Land auf diese Weise tatsächlich ein wenig mehr Gerechtigkeit und soziale Sicherheit. Aber es passiert nichts in diese Richtung. Warum nur?

Mit besten Grüßen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr G.,

die SPD macht sich die Entscheidung mit der Koalitionsfrage nicht einfach – das als „rumeiern“ zu bezeichnen halte ich für unangemessen.
Fakt ist, dass die letzte Große Koalition bei der Bundestagswahl am 27. September diesen Jahres mit 14% weniger deutlich abgestraft wurde. Ein verantwortungsvoller Umgang mit einem solchen Wahlergebnis bedeutet auch, den Wählerwillen ernst zu nehmen.
Mit der Aufnahme von Sondierungsgesprächen zwischen CDU/CSU, Grünen und FDP lag eine Option für eine andere Regierungskoalition auf dem Tisch. Durch das unverantwortliche Verhalten, insbesondere der FDP, stand Deutschland nach vier Wochen Sondierungsgesprächen immer noch ohne Regierung da.
Die SPD nimmt ihre Verantwortung ernst, sowohl was eine mögliche Regierungsbeteiligung, als auch die Übernahme von Verantwortung als stärkste Oppositionspartei angeht. Denn auch diese Verantwortung ist nicht von der Hand zu weisen. Als demokratische Partei kann es uns nicht egal sein, dass im Falle einer Regierungsbeteiligung – und ich betone an dieser Stelle, dass wir nach wie vor ergebnisoffen in die Gespräche gehen – die AfD die stärkste Oppositionspartei im Deutschen Bundestag wäre. Damit verbunden ist beispielsweise auch das Recht, die oder den Vorsitzenden des Haushaltsausschusses zu stellen.
In der öffentlichen Debatte werden die verschieden Möglichkeiten einer Regierungsbildung bedauerlicherweise sehr verkürzt dargestellt und im Grunde genommen immer nur auf diese zwei Möglichkeiten reduziert. Dabei gibt es durchaus mehr vorstellbare Optionen. Eine Minderheitsregierung z.B. oder auch eine Kooperationskoalition. Dies würde bedeuten, dass nur bestimmte Kernprojekte in einem Koalitionsvertrag verlässlich festgelegt werden, alle anderen Themen aber im Bundestag frei diskutiert und verhandelt werden können. So würde das Parlament gestärkt werden.
Nach intensiven Debatten auf dem Parteitag gehen wir als SPD selbstbewusst in ergebnisoffene Gespräche mit der Union, um alle Optionen einer Regierungsbildung auszuloten. Die nächste Bundesregierung muss sich den großen Herausforderungen unserer Zeit stellen - der Erneuerung Europas, der Gestaltung der Digitalisierung, der Migration und der Stärkung des Zusammenhalts der Gesellschaft. Sie muss wesentliche Verbesserungen für die Menschen erreichen, etwa durch die Bekämpfung der Altersarmut, Investitionen in bezahlbaren Wohnraum, eine Abschaffung der Zweiklassenmedizin und die Integration Geflüchteter, nur dann kann sie unsere Unterstützung finden. Ob die Union dazu willens und – nach dem Theater der letzten Wochen dort – in der Lage ist, wird sich zeigen.

Mit freundlichen Grüßen
Yasmin Fahimi