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Frage von Martin H. •

Frage an Wolfgang Tiefensee von Martin H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Tiefensee,

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, hat sich dafür ausgesprochen, Edward Snowden freies Geleit zu geben, und ihn vor einer Auslieferung an die USA zu schützen ( http://www.spiegel.de/politik/ausland/enthuellungen-ueber-die-nsa-snowden-bereut-nichts-a-931332.html ).

Die USA haben Edward Snowden nicht nur gravierende Strafes angedroht, sondern ihm auch in menschenrechtswidriger Weise den Pass entzogen, so dass er auch im Ausland nicht reisen kann.

Wäre es nicht die Aufgabe des demokratischen und freien Deutschlands, und gerade der Ostdeutschen, die Stasi-Bespitzelung und Menschenrechtsmissachtungen nur zu gut kennen, sich jetzt für Edward Snowden einzusetzen, und ihm politisches Asyl und eine neue Identität anzubieten, damit er bei uns frei und ohne Angst vor der Verfolgung durch die Amerikaner leben kann?

Wie ist Ihre persönliche Haltung dazu?

Mit bestem Dank,
Ihr
Prof. Dr. Martin Haspelmath, Leipzig

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Haspelmath,

Asyl wird in Deutschland nicht von Politikern oder Regierungsmitgliedern gewährt, sondern nach Recht und Gesetz. Man muss nach Deutschland kommen, einen Antrag stellen, dann entscheiden die zuständigen Behörden und im Streitfall die Gerichte. Asyl ist offenkundig also kein Weg. Allenfalls käme eine Aufnahme nach dem Aufenthaltsgesetz in Betracht. Dann müsste die Bundesregierung eine Ermessensentscheidung treffen, die präzise vorbereitet und sorgfältig abgewogen werden müsste.

Wir haben ja nicht nur über Edward Snowden zu entscheiden, sondern müssen gleichzeitig drei schwierige Probleme lösen. Erstens: Wir müssen die US-Ausspähungen aufklären und die schrankenlose Überwachung durch US-Geheimdienste in Europa beenden. Zweitens: Wir müssen eine humanitäre Lösung für Edward Snowden finden. Drittens: Wir müssen die Partnerschaft mit den USA intakt halten, dürfen sie nicht preisgeben, sondern müssen sie wieder zurückführen auf die wertegebundene Basis, auf der wir zusammengefunden haben, nämlich Demokratie, Freiheit und die Herrschaft des Rechts – und diese Ideale verraten die USA mit der schrankenlosen Überwachung in dieser Zeit.

Edward Snowden wird in den USA als jemand gesehen, der ein Staatsgeheimnis verraten hat und der wegen Gesetzesbruch vor Gericht zur Verantwortung gezogen werden soll. Wir in Europa hingegen sehen in Edward Snowden jemanden, der durch mutiges Handeln, durch einen Akt des zivilen Ungehorsams, eine ausgeuferte Überwachung der Bürgerinnen und Bürger bis hin zur Kanzlerin aufgedeckt hat.

Dafür verdient Edward Snowden Respekt und man muss tatsächlich eine humanitäre Lösung suchen. Wir müssen dabei jedoch Gewissheit haben, dass Edward Snowdens Sicherheit gewährleistet werden kann, bevor wir ihn nach Deutschland einladen. Ich kann im Augenblick nicht beurteilen, ob wir seine Sicherheit in Deutschland gewährleisten können. Ich würde ihn auch nicht nach Deutschland einladen, wenn nicht garantiert werden kann, dass er am Ende ausgeliefert werden muss. Diese Fragen müssen vorher geklärt sein.

Gegenwärtig glaube ich, dass Edward Snowden am Ende wirklich nur geholfen werden kann mit verhandelten Lösungen, nicht mit einseitigen, schon gar nicht mit nationalen Alleingängen von Deutschland. Vielmehr sollte es eine in der EU abgestimmte Vorgehensweise geben. Wir müssen das ganze vom Ende betrachten und eine verantwortliche Entscheidungen treffen.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Tiefensee