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Wolfgang Strengmann-Kuhn
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Frage von Hans H. •

Frage an Wolfgang Strengmann-Kuhn von Hans H. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrter Herr Strengmann-Kuhn,

Sie sind fürs bedingungungslose Grundeinkommen. Aber was besagt Ihr Modell?

Freundliche Grüße
Hans Hartung

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Hartung,

vielen Dank für Ihre Frage. Ich trete schon seit langem, seit mindestens 25 Jahren, für ein Grundeinkommen ein, bin life-time member im Basic Income Earth Network (BIEN) und habe das deutsche Netzwerk Grundeinkommen mit aufgebaut. Langfristig bin ich für ein existenzsicherndes Grundeinkommen für alle in der Höhe von 800 bis 1000 Euro (nach jetzigem Stand). Das ist auch eine Größenordnung, die volkswirtschaftlich theoretisch machbar ist. Praktisch ist das aber nicht so einfach. Deswegen trete ich als ersten Schritt dahin für ein so genanntes partielles Grundeinkommen ein, mit dem nur der Regelsatz der jetzigen Grundsicherung ersetzt wird, der zur Zeit 356 Euro beträgt. Für ein solches partielles Grundeinkommen halte ich eine Höhe von 500 Euro für angemessen, es sollte aber mindestens 420 Euro betragen. Zusätzliche Leistungen, z.B. für die Kosten der Unterkunft würden weiter bestehen bleiben.

Was die praktische Umsetzung angeht, bin ich dafür, ein Grundeinkommen in die bestehenden sozialen Sicherungssysteme und das Steuersystem zu integrieren. Das könnte auch schrittweise passieren. So sollten die Sozialversicherungen zu Bürgerversicherungen mit Mindestleistungen weiterentwickelt werden. Bei der Rente bin ich für eine Garantierente nach schwedischem Vorbild. Das Kindergeld sollte auf eine existenzsichernde Höhe angehoben werden. Für die, die keine Sozialversicherungsleistung beziehen, bin ich für ein Grundeinkommen in die Einkommensteuer zu integrieren (ähnlich wie das heute schon mit dem Kindergeld der Fall ist). Das Grundeinkommen wäre dann ein Steuerabzugsbetrag, der für alle gleich ist. Dieser Steuerabzugsbetrag könnte nahezu alle Steuerfreibeträge ersetzen. Ein solches Grundeinkommen in Höhe von 500 Euro wäre mit einem durchschnittlichen Steuersatz von etwa 35% finanzierbar. Das gesamte Einkommen wäre dann zu besteuern und von diesem Betrag, also nicht vom Einkommen wie heute, müssten 500 Euro abgezogen werden. Wenn jemand 10.000 Euro verdient, hieße das also 3500 Euro Steuern abzüglich 500 Euro Grundeinkommen. Diese beiden Beträge könnten auch der Einfachheit halber miteinander verrechnet werden, so dass dann 3000 Euro an das Finanzamt gezahlt würden. Wer z.B. 1000 Euro verdient, müsste 350 Euro Steuern bezahlen und würde 500 Euro Grundeinkommen erhalten. Würden diese beiden Beträgen mit einander verrechnet, würde die Person eine "negative Einkommensteuer" in Höhe von 150 Euro erhalten. Der Steuersatz muss aber nicht 35% für alle betragen, er könnte auch progressiv ansteigen.

Literatur von mir dazu:
Finanzierung eines Grundeinkommens durch eine "Basic Income Flat Tax". In: Werner, Götz W./ Presse, André (Hrsg.): Grundeinkommen und Konsumsteuer - Impulse für Unternimm die Zukunft: "Karlsruher Symposium Grundeinkommen: bedingungslos". Universitätsverlag Karlsruhe. 2007

Mindesteinkommen für jeden. Wie ein Grundeinkommen in die bestehenden sozialen Sicherungssysteme integriert werden kann. Soziale Sicherheit, 8/2007, 245-251.

Das Solidarische Bürgergeld. Finanz- und sozialpolitische Analyse eines Reformkonzepts. Gutachten für die Konrad-Adenauer- Stiftung. in: Borchard, Michael (Hrsg): Das Solidarische Bürgergeld - Analysen einer Reformidee. Stuttgart: Lucius & Lucius. (mit Michael Opielka)

Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Strengmann-Kuhn

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