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Winfried Hermann
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Frage von Birgit M. •

Frage an Winfried Hermann von Birgit M. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Hermann,

Ihrer Antwort an Herrn S. vom 15.9.2010 entnehme ich, dass Sie bzw. die Grünen für eine Bürgerversicherung mit einer Beitragsbemessungsgrenze sind. Und dies offenbar für sozial gerecht halten.

Mich wundert es schon lange, dass SPD, Grüne und Linke in Eintracht immer von
Bürgerversicherung für ALLE reden - in Wahrheit aber nur die Mittelschicht bis zur Beitragsbemessungsgrenze meinen! Weite Teile des Volkes sind offenbar zu unbedarft, dies zu bemerken!

Dies bedeutet nämlich, dass sich alle Menschen mit einem hohen Einkommen von mehr als 5000 € brutto monatlich weiterhin - wie schon bisher - aus der Solidargemeinschaft verabschieden dürfen!

Nur die (dummen) Menschen aus der Mittelschicht mit einem Monatseinkommen von bis zu ca. 5000 € brutto müssen für die Solidargemeinschaft arbeiten, ob sie wollen oder nicht (Versicherungspflicht!) .

Damit nicht genug: Wer nach ihren Plänen in dieser Einkommensgruppe bis 5000 € mtl. ein paar Ersparnisse hat oder gar Mieteinnhamen, der würde zusätzlich belastet.

Im Ergebnis heißt das: Abgabenbelastungen für die (meist hart) arbeitende Mittelschicht steigern!
Im Ergebnis heißt das: Hohe Einkommen weiterhin von Solidarbeiträgen /Abgaben für die (wachsende Zahl von ) Millionen von beitragsfrei Versicherten frei stellen!

Ist das aus Ihrer Sicht sozial gerecht, wie die Grünen dies immer behaupten?
Soll stets allein die Mittelschicht die Zeche zahlen?

Mit freundlichen Grüßen

Birgit Mohr

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Mohr,

Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat mit ihrer so genannten Gesundheitsreform, das Ende des Solidarprinzips in der Gesundheitsversorgung und die krasse Benachteiligung von Millionen von Versicherten beschlossen. In Zukunft sollen alleine die gesetzlich Versicherten die Zeche der wachsenden Kosten im Gesundheitswesen zahlen. Im Pharmabereich soll bei der vorgesehenen Bewertung von neuen Medikamenten nicht etwa der Nutzen für die PatientInnen im Mittelpunkt stehen, sondern es sollen die Gewinne der Pharmaindustrie gesichert werden. Und von einer Prüfung bereits angewandter Arzneimittel soll die Pharmaindustrie faktisch ganz verschont bleiben – ein Freibrief für überteuerte und nutzlose Pillen.

Eine gute Gesundheitsversorgung ist für uns Grüne ein essentieller Bestandteil unseres Gemeinwesens, das gleiche Chancen und gleiche Teilhabe für alle garantieren muss. Daher haben wir vor Kurzem erst einen umfassenden Antrag auf unserer Bundesversammlung in Freiburg verabschiedet. In kaum einem anderen Bereich ist das Verständnis der BürgerInnen für Solidarität und ihr Hoffen darauf so ausgeprägt wie in der Krankenversicherung. Gesunde stehen für Kranke ein, einkommensstarke für einkommensschwache Personen. Diesen Solidaritätsgedanken wollen wir festigen und ausbauen. Dafür steht das Konzept der Grünen Bürgerversicherung.

Die Grüne Bürgerversicherung ist das Fundament für ein solidarisches und nachhaltiges Krankenversicherungssystem. Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ist ein leistungsfähiges und in ihren Grundprinzipien bewährtes System. Für die Grüne Bürgerversicherung gelten für uns die folgenden Eckpfeiler:

- Die Bürgerversicherung versichert grundsätzlich alle BürgerInnen. Auch gut verdienende Angestellte, Selbstständige, Abgeordnete sowie BeamtInnen werden einbezogen
- An der Finanzierung der Bürgerversicherung werden alle Einkommen beteiligt – neben den Einkommen aus abhängiger Beschäftigung auch die Einkommen aus Kapitalanlagen, Vermietung und Verpachtung sowie Gewinne
- Die Beitragsbemessungsgrenze wird angehoben und damit die Solidarität gestärkt
- Das Prinzip der paritätischen Beitragsteilung zwischen ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen wird vollständig wieder hergestellt. Beiträge auf Erwerbseinkommen aus abhängiger Beschäftigung werden von ihnen je zur Hälfte aufgebracht
- Die Finanzierung der Bürgerversicherung erfolgt über die einkommensabhängigen Beiträge und den Bundeszuschuss – nicht über Selbstbeteiligungen der PatientInnen
- Der Einheitsbeitrag zur GKV wird abgeschafft. Stattdessen legen die Krankenversicherer die Höhe der einkommensabhängigen Beiträge jeweils selbst fest
- Kinder werden kostenlos versichert, zeitlich begrenzt auch Ehegatten bzw. LebenspartnerInnen, die nicht erwerbstätig sind, aber Kinder erziehen oder Pflegeleistungen erbringen. Für alle anderen Ehepaare und für Eingetragene Lebensgemeinschaften wird ein Beitragssplitting eingeführt
- Die Bürgerversicherung ist keine Einheitsversicherung - Krankenversicherer unterschiedlicher Rechtsformen konkurrieren innerhalb des gleichen Rechtsrahmens miteinander

Ein gerechter Zugang zu qualitativ hochwertiger Gesundheitsversorgung und Prävention für alle Menschen ungeachtet von Herkunft, Geschlecht, sozialer Lage oder Alter sind dafür zentrale Voraussetzungen. Es darf nicht vom eigenen Geldbeutel abhängen, welche Gesundheitsversorgung man erhält.

Mit freundlichen Grüßen
i.A.

Peter Dittmann

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