Wibke Brems steht mit verschränkten Armen vor einem Solarmodul.
Wibke Brems
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Christel T. •

Frage an Wibke Brems von Christel T. bezüglich Verkehr

Ihre Web-Seite vom 1.5.12

Sehr geehrte Frau Brems,

Wie kommen Sie zu Ihrer Behauptung, dass die L788/791 in Friedrichsdorf nicht gebaut wird? Die Bürgerbewegung PRO UMGEHUNGSSTRASSE, die von 94% der Bürger von Friedrichsdorf getragen wird, hat Herrn Minister Voigtsberger um eine nachvollziehbare Erklärung gebeten, diese jedoch trotz mehrfacher Nachfrage nicht bekommen. Ich bin sehr traurig, dass Sie als unsere Grüne Landtagsabgeordnete sich nicht selbst um eine im Ansatz neutrale Bewertung gekümmert haben. Laut Auskunft der Stadt Gütersloh wird zusätzlich zum jetzigen Verkehr von 22.000 KFZ täglich eine weitere Belastung von 4.000 Fahrzeugen von der Autobahn auf Friedrichsdorf zukommen (kein Fahrradweg im Ort, Fahrbahnbreite nur 5m, 2 Schulen, 3 Kitas).

Meine Frage: Sind Sie tatsächlich dafür, dass dieser Gesamtverkehr von mehr als 26.000 Fahrzeugen täglich durch Friedrichsdorf geführt wird??

Wibke Brems steht mit verschränkten Armen vor einem Solarmodul.
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Tölke,

meine Aussage, dass die Ortsumgehung in Friedrichsdorf nicht gebaut wird, begründet sich auf der Tatsache, dass die so genannte „Priorisierungsliste 2011“ des Landesstraßenbedarfsplans die Prioritätsstufe „nachrangig planen“ vorsieht, was de facto bedeutet, dass keine weiteren Planungsschritte unternommen werden und ein Bau somit auf absehbarer Zeit nicht vorgesehen ist.

Rot-Grün im Land hat Inventur gemacht. Bei insgesamt 35% der Landesstraßenprojekte macht es keinen Sinn, die Planungen fortzuführen. Diese werden nun zurückgestellt.
Die überzähligen Planungsbeauftragungen und ersten Spatenstiche der Regierung Rüttgers in Wahlkampfzeiten waren in hohem Maße unehrlich. Das Geld für die Umsetzung dieser vielen Projekte war und ist nicht vorhanden. Alleine die jetzt priorisierten Straßen binden die zur Verfügung stehenden Finanzmittel mindestens für die nächsten 10 Jahre. Darüber hinaus haben die offensichtlich an vielen Stellen sinnlos begonnen Planungen in den Kassen des landeseigenen Betriebs Straßen.NRW ein Defizit von 51 Mio. Euro verursacht. Nun findet eine Konzentration auf die realistischen Projekte statt, dies ist sicher auch im Sinne der Steuerzahlenden.

Die Pflege der Straßensubstanz wurde in den letzten Jahren deutlich vernachlässigt, dabei ist genau dieser Erhalt die günstigste Variante, sichere und schnelle Mobilität auf der Straße sicherzustellen. In diesem Sinne werden wir sukzessive freiwerdende Haushaltsmittel umschichten. Ein Schritt, den Expertinnen und Experten mehrfach als sinnvoll und wichtig empfehlen.

Wenn andere Politiker behaupten, Sie könnten dafür sorgen, dass die Ortsumgehung Friedrichsdorf in absehbarer Zeit weiter geplant oder gar gebaut wird, ist das einfach nur unehrlich. Denn auch andersfarbige Landesregierungen werden nicht mehr Geld im Haushalt zur Verfügung haben. Viele der seinerzeit in Aussicht gestellten Umgehungsstraßen hatten in Wirklichkeit zu keinem Zeitpunkt eine echte Chance auf eine Realisierung, waren im Grunde nichts anderes als bloße Absichtserklärungen, Placebos. Die alte Landesregierung dürfte sich dessen bewusst gewesen sein und wir dürfen davon ausgehen, dass man vielfach die Karte „Wir planen eine Umgehungsstraße“ gezogen hat, um beispielsweise in Wahlkampfzeiten Stimmung zu machen. Ich finde dies sehr unehrlich und unfair gegenüber den Anwohnern, deren (unrealistische) Hoffnungen wir mit der Priorisierungsliste 2011 gewissermaßen ersticken mussten.

Die Entscheidung gegen den Bau der Umgehungsstraße fiel im Verkehrsministerium und diese Entscheidung fiel – wie alle Entscheidungen für oder gegen die Weiterverfolgung der in der Priorisierungsliste behandelten Straßenbauprojekte – unter Berücksichtigung sehr vieler Umstände, nach Prüfung aller Gegebenheiten und vor dem erdrückenden Hintergrund einer mehr als angespannten Haushaltslage. Bereits die jetzt priorisierten Straßen binden die Haushaltsmittel für den Straßenbau auf einen Zeitraum von 10 Jahren.
Vor diesem Hintergrund hat die Landesregierung einen Schnitt gemacht und den Fokus auf tatsächlich in überblickbaren Zeiträumen realisierbare Straßenbauprojekte gelegt. Dies ist zwar in vielen Fällen für verkehrsgeplagte Anwohner enttäuschend, aber doch auch sehr viel ehrlicher und es schafft klare Verhältnisse – so oder so.

Die jetzige Verkehrssituation der Anwohner in Friedrichsdorf ist den GRÜNEN und mir weder egal, noch sind wir untätig.

Nach einem langen Entscheidungsprozess haben wir GRÜNE in Gütersloh uns gegen die Ortsumgehung entschieden, was uns nicht leichtfiel, da wir um die Situation der verkehrsgeplagten Anwohner wissen. Was den Ausschlag für unsere Haltung gab:
• Uneindeutige Verkehrsprognosen (schwierige Differenzierung beim Quell- und Zielverkehr)
• Die Verkehrsprognosen lassen die Verteilung an angeschlossenen Knotenpunkten (besonders Richtung Avenwedde Kreisverkehr, Avenwedder/Sürenheider Straße (L788/K36) außer Acht, ggf. schafft eine OU Friedrichsdorf an anderen Stellen massive Probleme
• Fuß- und Radläufige Abscheidung des Ortsteils (in Richtung Windflöte) wäre unverhältnismäßig hoch (wie wir auch bei einem Ortstermin gesehen haben)

Mit diesen Maßnahmen wollen wir GRÜNE jetzt reagieren:
• Eine dauerhafte Reduzierung auf Tempo 30 auf der Brackweder Straße. Die momentan gültige Tempobeschränkung auf Tempo 30 geht übrigens auch auf uns Grüne zurück.
• LKW-Durchfahrtsverbot für die Ortsdurchfahrt Friedrichsdorf. Dieses ist umzusetzen im Rahmen einer „Teileinziehung“ für die L 788 und L791 gemäß § 7 des Straßen- und Wegegesetztes NRW (StrWG).
• Sofortiger Wegfall der Autobahn-Umleitungsfunktionen der Friedrichsdorfer Durchfahrtsstraßen für Ereignisse auf der Autobahn A 2 und zukünftig auf der A 33.
• LKW-Durchfahrtsverbotsbeschilderung auf der neuen A 33 in Bezug auf Friedrichsdorf.

Die bisherigen Verkehrsprognosen für den Friedrichsdorfer Bereich erscheinen mir nicht belastbar. Darum halten wir eine neue Verkehrszählung nach Öffnung der A33-Abfahrt Buschkampstraße für zwingend notwendig. Wir wollen die tatsächliche Verkehrsentwicklung abwarten, dann sehen, in welchem Umfang sich die Verkehrsbelastung ändert oder verlagert. Und das kann auch bedeuten, das können wir nicht ausschließen, dass man dann ggf. erneut und gründlich über das Thema nachdenken muss.

Ich stehe dem Problem nicht gleichgültig und tatenlos gegenüber.

Liebe Frau Tölke, die Umgehungsstraße in Friedrichsdorf wird nicht gebaut werden. Nicht unter einer rot-grünen Landesregierung und auch unter keiner anderen Landesregierung. Das ist eine Tatsache. Für Sie persönlich und für andere verkehrsgeplagte Anwohner ist dies sicher sehr bitter. Aber es wird dabei bleiben. Ich sehe es daher nicht als sinnvoll an, wenn wir weiterhin einer Umgehungsstraße nachtrauern, statt unseren Blick darauf zu richten, wie wir mit der zukünftigen Situation – nämlich weiterhin ohne Umgehungsstraße – im Interesse des Wohls der AnwohnerInnen umgehen wollen. Ich habe Ihnen aufgelistet, was wir GRÜNEN bislang für die Verkehrsentlastung Friedrichsdorfs getan bzw. angeregt haben. Wir würden uns freuen, wenn auch die betroffenen AnwohnerInnen sich bei der Suche nach Lösungen für das Problem des Durchgangsverkehrs in Friedrichsdorf beteiligen würden. Lösen wir uns endlich von der Idee einer Umgehungsstraße und sehen wir gemeinsam, was wir stattdessen erreichen können.

Mit freundlichen Grüßen

Dipl.-Ing. (FH) Wibke Brems
Ehem. Sprecherin für Energiepolitik und Klimaschutz

Wibke Brems steht mit verschränkten Armen vor einem Solarmodul.
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Entgegen meiner obigen Aussage, haben die GRÜNEN den Antrag auf Einrichtung einer 30-Zone nicht initiiert, sondern unterstützt. Ich hatte dies anders in Erinnerung und bitte dieses Versehen zu entschuldigen.

Was möchten Sie wissen von:
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Wibke Brems
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