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Werner Marquardt
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Frage von Christian B. •

Frage an Werner Marquardt von Christian B. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Was würden Sie gerne im Bereich Bildung und Forschung umsetzen?

Besonders interessant:
Würden Sie etwas am Schulsystem verändern?
Würden Sie die verbreiteten Benotingssysteme, die nur mit einer Zahl bewerten, ändern/ersetzen?
Würden Sie die Schulpflicht einschränken (z.B. Pflichtbesuch bis zum Ende der vierten Klasse und danach vielleicht halbjährliche Leistungsnachweise) oder gar komplett abschaffen?
Würden Sie vom Steuerzahler finanzierte Forschung frei zugänglich machen?
Würden Sie von Lehrern erstellte Schulmaterialien jedem frei zugänglich machen?
Wie müssen Bildungseinrichtungen Ihrer Meinung nach ausgerüstet sein/werden?
Sind sie für lebenslanges Lernen?
Sind Sie für kostenfreie Kitas und kostenfreie Ganztagsbetreuung an Kitas und Schulen?

Liegt Ihnen noch etwas auf dem Herzen?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr B.

Das Benotungssystem würde ich nicht verändern. Und im Gymnasium darf man die Transfer-Aufgaben nicht zurückdrängen, nur weil ein immer größer werdender Prozentsatz der Schülerschaft damit nur schlecht zurechtkommt.

Und Schulpflicht nur bis zur 4. Klasse? Kinder brauchen Strukturen. Schlimm genug, dass sie durch Ganztagesbeschulung kaum ohne“ größere Klimmzüge“ der Erziehungsberechtigten ein Musikinstrument erlernen können oder in einem Sportverein trainieren und auf Wettkämpfe gehen können. Und im Schulhof kann man sich nicht mehr über den Abenteuerfilm-Mehrteiler von Jack London oder Tom Sawyer unterhalten. Die Angebote für Unterhaltung und Zerstreuung  sind in der heutigen Zeit so vielfältig, dass es schon unwahrscheinlich ist, dass zwei aus einer Klasse dasselbe Fernsehprogramm gesehen haben.

Aber ich bringe einen anderen Aspekt ein:

Ich beobachte in unserer Gesellschaft eine Entwicklung, die ich nicht gutheißen kann. Niemand will mehr auch noch die kleinste Verantwortung tragen oder das geringste Risiko eingehen. Da in der Regel mit jedem Risiko auch eine Chance einherkommt, droht die Gefahr, dass wir in eine unsägliche Mittelmäßigkeit abrutschen. Ich sehe es als ein wichtiges Lernziel an, Risiken erkennen zu lernen, eine Gefährdungsabschätzung zu machen und dann bewusst und hellwach mit dem Risiko umzugehen und die darin liegende Chance zu nutzen.

Ich habe es erlebt, dass in einem Lehrerkollegium die meisten Lehrer ähnlich „getickt“ haben. Ich dagegen finde es wichtig, dass auch schon Schülerinnen sich auf unterschiedliche Lehrerpersönlichkeiten einstellen müssen. Wer junge Menschen immer nur „pampert“, tut ihnen auf Dauer sicher nichts Gutes.

Denkt eigentlich irgendjemand an die armen Schülerinnen, die mit den „Mainstream-Lehrer-Typus“ nicht zurechtkommen. Pech, wenn es keine anderen Typen an dieser Schule gibt.

Zum Thema „Lebenslanges Lernen“:  Wie kann man da nicht dafür sein?

Ich plädiere für eine Renaissance des Zeitunglesens. Zeitungsleser wissen mehr. Da ist was dran. Die journalistischen Strukturen müssen gestärkt werden und gleichzeitig tut eine erhebliche Qualitäts-Steigerung bei den Zeitungsverlagen Not. Ich könnte mir vorstellen, dass Zeitungsverlage für dauerhafte journalistische Arbeit ohne wesentliche Mängel belohnt werden. Unabhängig von der Anzahl der Abonnnenten. (Eine Belohnung für gute Arbeit wäre schwieriger einzuschätzen...)

Ich meine jetzt nicht nur lästige Tipp- oder Rechtschreibfehler, sondern oftmals auch mangelnde Sorgfalt bei Recherchen. Natürlich kann nicht jede Reporterin Experte für alles sein. Aber das Wissen ist dank Internet nur wenige Klicks entfernt. Um es anzuzapfen, braucht es aber ein gewisses Maß an Allgemeinbildung. Sonst besteht eine erhebliche Gefahr, falschen Inhalten oder gar gefälschten Nachrichten auf den Leim zu gehen.

Kostenfreie Kitas halte ich nicht für erstrebenswert. Kindererziehung sollte möglichst nicht an Fremde delegiert werden. Seien sie noch so gut als Erzieherin oder Sozialpädagogin ausgebildet.

Was die Verwertung von Forschungsergebnissen angeht, die von Steuergeldern finanziert wurden: Man müsste vielleicht eine Klausel einbauen, dass bei einem Start-up der Staat einen bescheidenen Aktienanteil erhält. Falls es scheitert: Kein Problem, denn bei Aktien herrscht keine Nachschuss-Pflicht. Dass der Staat alle Rechte erhält, wäre falsch, denn so funktioniert Wettbewerb nicht.

Lehrer sind erfahrungsgemäß „Einzelkämpfer“ und sehr stolz auf ihre Ausarbeitungen und Materialien.

Ansätze dazu, auf Internet-Tauschbörsen Materialen herumzureichen, gibt es. Alles frei öffentlich zu machen, wäre schon verlockend. Ich sehe aber die Herausforderung der Qualitätssicherung als sehr ernst an.

Selbst bei manchen Schulbuchverlagen ist man heutzutage nicht vor Fehlern sicher.