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Frage von Lutz E. •

Frage an Volkmar Vogel von Lutz E. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Vogel,

ich wende mich als Wähler an Sie, der Sie bei der letzten Bundestagswahl gewählt hat. Ich mache mir um die finanzpolitische Lage in Europa große Sorgen und habe folgende Fragen:
1. Wie hoch sind in der Bilanz der Bundesbank die Target 2 Salden?
2. Wie viel Prozent der Gesamtbilanz der Bundesbank macht dies aus?
3. Wie viel Prozent der Gesamtwirtschaftsleistung der Bundesrepublik
entsprechen diese?
4. Ist es richtig, dass Banken und Bankkunden aus den Krisenländern vor dem Hintergrund der Target 2 Überschüsse keine Zahlungen mehr leisten könnten, wenn nicht die elektronische Notenpresse angeworfen würde?
5. Ist es richtig, dass Länder mit einem negativen Saldo durch die Geldmengenschöpfung Aktien, Immobilien etc. in Ländern mit positivem Target 2 Saldo kaufen können?
6. Bedeutet dies nicht eine gigantische Vermögensumverteilung zum Nachteil der Länder mit positivem Target 2 Saldo?
7. Was werden die Bundesregierung, Ihre Partei und Sie persönlich nach der Bundestagswahl tun, um dieses Risiko für die Bundesrepublik, seine Bürger und unser Volksvermögen abzuwenden?

Mit freundlichen Grüßen
Lutz Eichler

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Eichler,

vielen Dank für Ihre Fragen vom 20. August 2013.

1. Zum 31. Juli 2013 hat die Bundesbank Forderungen aus Target 2 in Höhe von 576 Mrd. Euro.
2. Zum 31. Dezember 2012 hatte die Bundesbank eine Gesamtbilanz von 1.025 Mrd. Mio. Euro.
3. Das Bruttoinlandsprodukt der Bundesrepublik Deutschland liegt bei 2.666 Mrd. Euro.
4.-6. Wenn aus einem Land Zentralbankgeld in ein anderes Land überwiesen wird, entstehen Verbindlichkeiten und Forderungen gegenüber der EZB. Zentralbankgeld entsteht, wenn Geschäftsbanken sich bei ihren nationalen Notenbanken Geld leihen. Derzeit wird dieser Kanal insbesondere in den Krisenländern verstärkt herangezogen, weil die Kapitalbeschaffung auf dem Interbankenmarkt in Zuge der Eurokrise nicht mehr ausreichend möglich ist. Bei der belasteten Notenbank entsteht ein negativer TARGET2-Saldo, d.h. eine Verbindlichkeit gegenüber der EZB. Gleichzeitig entsteht bei der empfangenden Notenbank ein positiver TARGET2-Saldo, d.h. eine Forderung gegenüber der EZB.
Einige TARGET2-Salden sind im Zuge der Eurozonen-Krise stark angewachsen. Sie sind Ausdruck stark zunehmender Zahlungsflüsse von den „unsicheren“ Krisenländern in „sichere Häfen“ wie zum Beispiel Deutschland. Banken des Südens leihen sich vermehrt Geld von ihren nationalen Notenbanken, damit ihre Kunden noch Güter kaufen, Schulden tilgen oder Investitionen tätigen können. Über das Target-System fließt dieses Zentralbankgeld zurück in stabile Länder. Bestellt etwa ein ausländisches Unternehmen bei einem deutschen Unternehmen, wird der Kaufpreis nacheinander über seine Geschäftsbank, die ausländische Notenbank, die EZB, die Bundesbank und zuletzt die deutsche Geschäftsbank verrechnet, so dass der Lieferant abschließend einen Zahlungseingang verbuchen kann.
Es handelt sich dabei weder um ein Kreditgeschäft noch eine Finanzhilfe aus Staatsgeldern. Über das TARGET2-System wird auch nicht die Geldmenge vermehrt. Vielmehr stellen die Salden interne Verrechnungsbeträge des Eurosystems dar. Die Summe aller Salden ist null. Gleichzeitig ist klar, dass hohe Target-Salden nicht dauerhaft aufrecht erhalten werden sollten. Sie signalisieren „Verzerrungen“ auf den europäischen Finanzmärkten, die es zu lösen gilt. Sie sind aber nicht Auslöser der Krise, sondern Symptom.
7. Die negativen TARGET2-Salden einiger Länder bauen sich wieder ab, sobald der Export zunimmt und Kapital zurück strömt, d.h. wenn neues Vertrauen in diese Volkswirtschaften entsteht. An dieser Stelle kann die Politik ansetzen und einen Beitrag dazu leisten, dass sich Target-Salden wieder normalisieren. Forderungsverluste würden nur dann eintreten, wenn ein Mitgliedsstaat die Eurozone verließe und die Verbindlichkeiten ignoriert. In diesem Fall wäre die Haftung der Bundesbank auf ihren EZB-Anteil beschränkt.
Entscheidend ist die Fortsetzung des Reformprozesses in den Mitgliedstaaten, damit diese wettbewerbsfähig und solide finanziert sind. Auch die institutionelle Weiterentwicklung der Eurozone zu einer echten Stabilitätsunion, die verbesserte Bankenaufsicht einschließlich der Stärkung der Eigenkapitalbasis der Banken und der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) befördern eine Eindämmung der TARGET2-Salden.

Mit freundlichen Grüßen

Volkmar Vogel
Mitglied des Deutschen Bundestages