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Uwe Schünemann
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Frage von Bernd K. •

Frage an Uwe Schünemann von Bernd K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Schünemann!

Angesichts der eindrucksvoll miserablen Leistungen unserer Staatsschützer im Umgang mit der rechten Terrorzelle "NSU" drängt sich nicht nur mir der Verdacht auf, dass dieses Versagen nur die Spitze eines viel größeren Eisbergs ist.
Als nds. Innenminister sind Sie sowohl für den Verfassungsschutz als auch die Polizei politisch verantwortlich. Welche konkreten und nachprüfbaren Maßnahmen haben Sie in Ihrem Ministerium, beim Verfassungsschutz und der Polizei unternommen, um die Effizienz dieser Einrichtungen wenigstens auf ein vertretbares Normalmaß anzuheben? Wie viele und welche personalpolitischen Maßnahmen haben Sie gegen die Beschäftigten in Ihrem Geschäftsbereich unternommen, die ihre Dienstpflichten ganz offensichtlich verletzt haben? Was haben Sie unternommen, um eine Wiederholung solcher Schlamperei sicher zu unterbinden? Bitte beachten Sie: Einen Hinweis auf die mögliche Einsetzung irgendwelcher Kommissionen betrachte ich nicht als Antwort auf meine Frage.
Nachtrag: Wieso laufen Ihnen eigentlich die sachkundigen Vertreter aus der Härtefall-Kommisssion weg, die die Wiederholung von skandalträchtigen Abschiebungen wie die der bestens integrierten vietnamesischen Familie Nguyen verhindern sollen?

B.K.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Koch,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage! Der Rechtsextremismus steht für eine perfide Hassideologie, die sich in fundamentaler Weise gegen die Grundlage unseres demokratischen Gemeinwesens richtet: die Würde des Menschen ist unantastbar! Es ist ebenso tragisch wie unfassbar, dass neun Morde an ausländischen Mitbürgern und an einer Polizistin in Heilbronn geschehen konnten, ohne dass die Sicherheitsbehörden rechtzeitig auf die Spur des Zwickauer Terrortrios kamen. Auch für Niedersachsen gilt bedauerlicherweise, dass Ende der 1990er Jahre gravierende Fehler im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen die rechtsterroristische „NSU“ gemacht wurden.
Sie dürfen beruhigt davon ausgehen, dass die Versäumnisse im Zusammenhang mit der rechtsterroristischen „NSU“ ohne Wenn und Aber aufgeklärt werden. Die Ermittlungen dauern an. Dass Ihnen der Ausgang dieser Ermittlungen bereits bekannt ist, beeindruckt mich zutiefst. Gleichwohl ist mir die Unschuldsvermutung wichtiger, als die Effekt heischende Vorverurteilung. Die Rechtsterroristen haben großes Leid über die Familien der Opfer gebracht, die zudem falschen Verdächtigungen ausgesetzt waren. Jahrelang herrschte Ungewissheit darüber, was und wer hinter dieser Mordserie steckte. Wir fühlen uns den Angehörigen der Opfer verpflichtet. Deshalb müssen die Verflechtungen der Zwickauer Terrorzelle mit dem rechtsextremen Milieu lückenlos aufgeklärt werden.
Dass es Verbesserungsbedarf bei der länderübergreifenden Zusammenarbeit von Polizeien und Verfassungsschutzbehörden gibt, steht bereits jetzt außer Zweifel. Die sicherheitspolitischen Versäumnisse werden derzeit noch aufgearbeitet. Aber schon jetzt steht fest, dass wir ein nachhaltiges und strategisch abgestimmtes Vorgehen der Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern gegen den Rechtsextremismus brauchen. Für die Zukunft müssen wir alles daran setzen, um die Fehler der Vergangenheit auszuschließen.
Die vernetzte Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus muss intensiviert werden, und zwar auf mehreren Ebenen: Mitte Dezember 2011 hat das von Bund und Ländern gemeinsam betriebene Nationale Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus seine Arbeit aufgenommen. An den Standorten Köln und Meckenheim arbeiten seitdem Verfassungsschützer und Polizisten eng zusammen, um den Rechtsextremismus besser bekämpfen zu können. Das Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus schafft einen permanenten Fahndungsdruck auf die Szene. Auch die Einrichtung eines gemeinsamen zentralen Informationsverbundes mit wichtigen Daten zu gewaltbereiten Rechtsextremisten ist ein wegweisender Schritt, um die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern zu intensivieren.
In Niedersachsen ist das seit 2004 bestehende Gemeinsame Informations- und Analysezentrum Polizei und Verfassungsschutz (GIAZ) mit zusätzlichen Aufgaben betraut worden: Ab sofort nutzen wir das GIAZ nicht nur für Analysen und Auswertungen, sondern auch für die verstärkte Beobachtung des Internets. Das GIAZ soll den nahtstellenfreien Informationsaustausch zwischen Polizei und Verfassungsschutz gewährleisten.
Niemand soll in Zukunft auch nur im Geringsten darauf hoffen dürfen, dass rechtsextremistische Umtriebe, wie die des Zwickauer Terrortrios, über Jahre unentdeckt bleiben. Der Staat muss konsequent und unbeirrt zeigen, dass in unserer freiheitlichen Demokratie kein Platz ist für jedwede Form des Extremismus.
Was Ihren „Nachtrag“ betrifft, so erlaube ich mir den höflichen Hinweis auf meine Antwort zum Thema Integration vom 13. Juni 2012 hier auf abgeordnetenwatch.de. Die Beweggründe einzelner Mitglieder, die Härtefallkommission zu verlassen, erschließen sich mir nicht. Da die Arbeit der unabhängigen Härtefallkommission im Interesse der Betroffenen aber möglichst rasch - auf der Grundlage der neuen Härtefallkommissionsverordnung - fortgesetzt werden sollte, freue ich mich sehr, wenn die Kommission bald wieder in voller Stärke tagt.

Mit freundlichen Grüßen

Uwe Schünemann

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