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Uwe Schünemann
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Frage von Annelie T. •

Frage an Uwe Schünemann von Annelie T. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Minister,

jüngsten Veröffentlichungen zufolge wird unter Ihrer Federführung derzeit eine Reform des Bleiberechts erarbeitet. Danach sollen Menschen mit Migrationshintergrund unter bestimmtem Bedingungen und nach einer gewissen Zeit (4, 5, 10 Jahre?) darauf vertrauen können, in Deutschland eine endgültige Heimat gefunden zu haben.

Ich begrüße das sehr! Jeder Mensch möchte irgendwann eine sichere Heimat haben.

Wird auch darüber nachgedacht, ob es richtig sein kann, dass im Ausländerrecht Kinder für die möglichen Fehler ihrer Eltern verantwortlich gemacht werden?

Im konkreten Fall von Gazale Salame war ihr selbst doch gar nichts vorzuwerfen.

Hätte die angedachte Gesetzesreform im Jahre 2005 schon gegolten, wäre es vermutlich nie zu der traurigen Situation gekommen, in der sich die Familie Siala/Salame befindet. Immerhin lebte die junge Frau bereits 17 Jahre in Niedersachsen, absolvierte hier die Schule und war ebenso wie Mann und Kinder gut integriert.

Bis zum Zeitpunkt der gewaltsamen Trennung der Familie im Jahre 2005 auf Veranlassung des Landratsamtes Hildesheim hat es nie den Vorwurf eines Konfliktes mit dem Gesetz gegeben. Deshalb finde ich die ständigen Verweise auf die „Straffälligkeit“ des Ehemannes (er ist kein Krimineller) seit Abschiebung seiner Ehefrau mehr als fragwürdig. Meines Erachtens dienen sie dazu, abzulenken von der eigentlichen Ungeheuerlichkeit, eine Familie auseinander gerissen zu haben.

Ich gehe davon aus, dass die Intention der Gesetzesreform ist, künftig derart dramatische Zustände zu verhindern.

Deshalb meine Frage: Wird Gazale Salame Ihre Unterstützung finden, in absehbarer Zeit zu ihren Kindern nach Niedersachsen zurückzukehren?

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Tietze,

vielen Dank für Ihre Frage! Gerne will ich Ihnen noch einmal ausführlich meine Position zum Fall der Familie Önder/Siala und die mit diesem Fall verbundenen Schwierigkeiten erläutern.

Herrn Siala und damit der gesamten Familie sind eine ganze Reihe von Chancen geboten worden - auch unter tatkräftiger Mitwirkung des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport (MI). So wurde 2010 vom MI unter Beteiligung des Landkreises Hildesheim ein Vergleich mit Herrn Siala geschlossen, der eine Familienzusammenführung im Bundesgebiet ermöglichen sollte. Damit sind Land und Landkreis Herrn Siala bis an die Grenze des rechtlich Vertretbaren entgegengekommen. Dies geschah auch und vor allem im Interesse seiner Lebenspartnerin, aber ganz besonders im Interesse der gemeinsamen Kinder. Selbst Vertreter von Flüchtlingsorganisationen geben mittlerweile zu, dass Herr Siala es nicht verstanden hat, die ihm eröffneten Chancen zu nutzen, weil er immer wieder straffällig wird. Von einer gelungenen Integration kann in Bezug auf Herrn Siala keine Rede sein. Tatsache ist: Allein die Aufenthaltsdauer begründet keine Integration - insbesondere dann nicht, wenn, wie hier, weitere Integrationsleistungen fehlen. Erwerbstätigkeit, Sicherung des Lebensunterhalts und Einhaltung der Rechtsordnung - das sind die Voraussetzungen für ein dauerhaftes Bleiberecht in Deutschland, die Rot-Grün 2004 im Aufenthaltsgesetz verankert hat. Die Straftaten von Herrn Siala werden immer wieder kleingeredet. Wir sprechen hier aber nicht von Bagatellen. Insgesamt über als 100 Tagessätze wegen Verstößen gegen das Fleischhygienegesetz oder wegen Nötigung sind wahrlich kein Pappenstiel.
Trotzdem ist der Familie vom MI erst vor Kurzem erneut ein rechtlicher Ausweg aus ihrer Situation aufgezeigt worden: Auf der Grundlage des neuen § 25 a Aufenthaltsgesetz gibt es für die Familie Önder/Siala eine Perspektive für eine Familienzusammenführung in Deutschland. Sollten Herr Siala und Frau Önder heiraten, so wäre mittelfristig ein Familiennachzug nach Deutschland möglich. Aber auch dieser Weg setzt voraus, dass Herr Siala für den Lebensunterhalt der Familie sorgt und nicht wieder straffällig wird.

Die Töchter Amine und Nura könnten ihre Mutter schon bald nämlich dann, wenn sie eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a des Aufenthaltsgesetzes haben in der Türkei besuchen. Allerdings hat Herr Siala bzw. die von ihm bevollmächtigte Rechtsanwältin bis heute noch keinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a für Amine gestellt, obwohl diese zum 18. April 2012 das 15. Lebensjahr vollendet hat. Auch ein gültiger Pass liegt noch immer nicht vor, obwohl die Vorlage von Pässen bereits Gegenstand des 2010 geschlossenen Vergleichs war.
Wenn Sie sich alle Fakten genau anschauen, dann gibt es aufgrund einer Initiative der Landesregierung trotzdem eine Möglichkeit, zur Familienzusammenführung. Für die Kinder gibt es schon jetzt eine Möglichkeit, ihre Mutter und ihre Geschwister in Izmir zu besuchen. Bis zum heutigen Tage sind all diese Angebote leider ausgeschlagen worden. Ich nehme nicht hin, dass dafür die Ausländerbehörde im Landkreis Hildesheim verantwortlich gemacht wird. Außerdem nehme ich in Anspruch, dass dafür weder das MI noch die Landesregierung in Verantwortung genommen werden. Von der Niedersächsischen Landesregierung sind in den vergangenen Jahren die wichtigsten Impulse ausgegangen, um unnötige Härten in dem 2004 von Rot-Grün beschlossenen Ausländerrecht zu beseitigen. Ich will hier nur den auf niedersächsische Initiative in das Aufenthaltsgesetz eingefügten § 25a nennen, der seit 2011 ein eigenes Aufenthaltsrecht für gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende vorsieht. Gerade im Fall der Familie Önder/Siala kann das eine Grundlage für eine Lösung sein. Auch die aktuelle Bundesratsinitiative des Landes Niedersachsen für ein Bleiberecht bei nachhaltiger Integration § 25b des Aufenthaltsgesetzes ist ein wichtiges Signal: Wer sich integriert, kann eine Anerkennung erhalten.
Es täte der politischen Kultur in diesem Lande gut, wenn die Diskussion um diesen Fall mit einem hohen Maß an Sachlichkeit und Aufrichtigkeit geführt würde. Die Wahrheit sollte der Maßstab des Handelns auf allen Seiten sein. Dazu gehört für mich auch, dass die bestehende Rechtslage ebenso akzeptiert wird, wie die vollendeten Tatsachen, die durch das Verhalten von Herrn Siala geschaffen wurden bzw. werden. Zur Wahrheit gehört übrigens auch, dass im Jahre 2004 eine Landtagseingabe zugunsten von Frau Önder einstimmig - d.h. auch mit den Stimmen von SPD und Grünen mit Sach- und Rechtslage beschieden wurde. Das bedeutet, dass die Eingabe mit einem Hinweis auf die (eindeutige) Sach- und Rechtslage zu beantworten war. Für eine „Berücksichtigung“ des vorgetragenen Anliegens sprach sich seinerzeit niemand aus.

Mit freundlichen Grüßen

Uwe Schünemann

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