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Ulrike Gottschalck
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Frage von Cornelius K. •

Frage an Ulrike Gottschalck von Cornelius K. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrte Frau Gottschalck,

mir ist es wichtig, mir vor der Bundestagswahl ein genaues Bild der Direktkandidaten zu machen und gleich zu Beginn mit meinen potentiellen Vertretern im Deutschen Bundestag in Dialog zu treten. Daher bitte ich Sie, um Ihre Position zu einigen Themen, die mich bewegen.

Wie stehen Sie persönlich zum Erhalt der Bürgerrechte, der Freiheit und der Demokratie, in dem Sinne, dass die Macht weiterhin vom Volk ausgeht und nicht etwa der Staat das Volk kontrolliert, sagt was es tun soll und entsprechend überwacht?

Wie stehen Sie persönlich zur geplanten Internetzensur?

Wie stehen Sie persönlich zur Voratsdatenspeicherung?

Wie stehen Sie persönlich zur automatischen Erfassung von Nummernschildern und Reifenprofiltiefen?

Wie stehen Sie persönlich zur Weitergabe von Finanzdaten an das Europäische und Außereuropäische Ausland?

Im Hinblick auf die Schweinegrippe, Vogelgrippe und was es nicht alles gibt. Wie stehen Sie persönlich zur Impfflicht?

Vielen Dank und freundlichen Gruß
Cornelius Kölbel

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Kölbel,

vielen Dank für Ihr Interesse an meinen Positionen, die ich Ihnen hiermit gern übermittele.

Wie stehen Sie persönlich zur geplanten Internetzensur?

Gerne nehme ich zu Ihrer Frage Stellung, wobei ich ein wenig ausholen muss, um die doch recht komplexen Zusammenhänge zu diesem sensiblen Thema deutlich machen zu können: Zunächst einmal kann von einer Internetzensur keine Rede sein! Es geht darum den Zugang zu Internetseiten, die einen kinderpornographischen Inhalt haben zu verhindern oder zumindest zu erschweren. Ich bin überzeugt, wir alle wollen einen effektiven Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung.

Die SPD hat einen 10-Punkte-Plan mit konkreten zusätzlichen Maßnahmen vorgelegt. Eine der Kernforderungen ist, dass die Strafverfolgungsbehörden dauerhaft personell und technisch gut ausgestattet sind und die internationale Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden weiter gestärkt wird.

Der Kampf gegen Kinderpornografie hat viele Facetten, die sich ergänzen und nicht gegeneinander ausgespielt werden sollten. Unabhängig von der Frage, ob der Missbrauch von Kindern selbst zugenommen hat, stellt sich zunehmend das Problem der Verbreitung von kinderpornografischen Inhalten im Internet. Dies liegt an den Besonderheiten des Internets, in dem auch rechtswidrige Inhalte schnell verbreitet und anonym sowie ohne soziale Kontrolle konsumiert werden können. Die Bekämpfung der Verbreitung von Kinderpornografie im Internet ist deshalb ein wichtiges Thema. Das dürfte weitgehend unbestritten sein. Auch ist das Internet kein rechtsfreier Raum. Ein rechtswidriges Verhalten dort kann selbstverständlich strafbar sein oder zivilrechtlich verfolgt werden. Fraglich ist letztlich, mit welchen Maßnahmen die Verbreitung kinderpornografischer Inhalte im Internet angemessen, rechtsstaatlich sauber und möglichst effektiv verhindert oder zumindest erschwert werden kann. Bereits nach heutiger Rechtslage werden Kinderpornografie-Seiten, die sich auf deutschen Servern befinden, von den Internetprovidern heruntergenommen. Ein solcher direkter Zugriff ist im Ausland nicht möglich. Nur deshalb stellt sich die Frage nach Zugangssperren. Nochmals: Es geht hierbei aber nicht um eine Internetzensur – es geht um die Bekämpfung krimineller Handlungen in einem ganz besonders gelagerten Fall. Mit dem Gesetz wird das Ziel verfolgt, den Zugang zu kinderpornografischen Inhalten zu erschweren. Mir ist bekannt, dass versierte Nutzer diese Sperrung technisch umgehen können. Es kommt aber auch darauf an, die Hemmschwelle, die an dieser Stelle in den letzten Jahren deutlich gesunken ist, wieder signifikant zu erhöhen.

Wie stehen Sie persönlich zur Voratsdatenspeicherung? Sie sprechen hier das Gesetz zur Novelle der Telekommunikationsüberwachung und zur Umsetzung der europäischen Richtlinie zur sogenannten Vorratsdatenspeicherung an. Auch hier muss ich wegen der Komplexität etwas ausholen: Das Gesetz novelliert die geltenden Vorschriften der Strafprozessordnung zur Telekommunikationsüberwachung und anderen verdeckten Ermittlungsmaßnahmen, setzt die EU-Richtlinie zur sogenannten Vorratsdatenspeicherung in deutsches Recht um und sorgt für grundrechtswahrende Verfahrenssicherungen bei heimlichen Ermittlungsmaßnahmen.

Der Staat muss für unsere Sicherheit sorgen und daher die berechtigten Strafverfolgungsinteressen angemessen berücksichtigen, andererseits greifen verdeckte Ermittlungsmaßnahmen aber regelmäßig in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger ein. Daher finde ich es richtig, dass das Telekommunikationsüberwachungsrecht weiter rechtsstaatlich eingegrenzt wird und die Hürden für die Durchführung einer Telekommunikationsüberwachung in Zukunft noch höher liegen als jetzt. Dabei gilt insbesondere, dass jede eingriffsintensive verdeckte Ermittlungsmaßnahme grundsätzlich nur durch einen Richter angeordnet werden darf. Neu ist, dass Straftaten grundsätzlich nicht in Frage kommen, die im Höchstmaß mit weniger als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind. Die Tat muss – auch diese ausdrückliche Regelung ist neu – auch im konkreten Einzelfall schwer wiegen. Eine Telekommunikationsüberwachung ist unzulässig und hat zu unterbleiben, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass durch die Überwachung allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich der privaten Lebensgestaltung erlangt würden. Soll ein Berufsgeheimnisträger wegen des Ermittlungsverfahrens gegen einen Dritten, an dem er selbst in keiner Weise beteiligt ist, überwacht werden, gilt Folgendes: Das Vertrauensverhältnis zu Seelsorgern, Strafverteidigern und Abgeordneten wird absolut geschützt. Sie haben eine besondere verfassungsrechtliche Stellung. Bei Ärzten, Rechtsanwälten, Journalisten und allen anderen zeugnisverweigerungsberechtigten Berufsgeheimnisträgern wird ausdrücklich klargestellt, dass sie in Ermittlungsmaßnahmen künftig nur nach einer sehr sorgfältigen Verhältnismäßigkeitsabwägung im Einzelfall in Ermittlungsmaßnahmen einbezogen werden dürfen.

Ich denke, dass das Gesetz dafür Sorge trägt, dass der Einsatz verdeckter Ermittlungsmaßnahmen zum Zweck der Kriminalitätsbekämpfung und dem Schutz vor schweren Straftaten mit hohen, grundrechtssichernden Schwellen verknüpft ist, so dass das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit gewahrt bleibt.

Wie stehen Sie persönlich zur automatischen Erfassung von Nummernschildern und Reifenprofiltiefen? Das sehe ich persönlich kritisch und schließe mich der Meinung der Karlsruher Richter an. Das Bundesverfassungsgericht hat ja das bereits praktizierte Verfahren in Hessen wegen Verfassungswidrigkeit einkassiert. Die automatisierte Erfassung von Kraftfahrzeugkennzeichen darf nicht anlasslos erfolgen oder flächendeckend durchgeführt werden. Außerdem muss das Gebot der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden.

Wie stehen Sie persönlich zur Weitergabe von Finanzdaten an das Europäische und Außereuropäische Ausland? Ich bin der Ansicht, dass eine aus der Finanzmarktkrise zu ziehende Folgerung die Neuordnung des Finanzmarktes sein sollte. Dies heißt für mich nicht nur Eindämmung von kurzfristiger Spekulation und umfassender Kontrolle des Finanzmarktes, sondern auch die Bekämpfung der Steuerhinterziehung und die Schließung von Steuerschlupflöchern. In Deutschland werden jährlich viele Milliarden Euro an den Finanzämtern vorbeigeschleust und in Steueroasen verlagert. Die daran beteiligten Staaten müssen dazu gebracht werden, sich an die internationalen Standards des Informationsaustausches im Besteuerungsverfahren zu halten. Besteht diese Kooperationsbereitschaft nicht und kommt der Steuerpflichtige selbst seinen Mitwirkungspflichten ebenfalls nicht nach, so müssen Sanktionen verhängt werden können, wie z.B. die Einschränkung der Anerkennung von Betriebsausgaben/Werbungskosten. Nur mit entsprechenden Sanktionen kann die gesetzmäßige Durchsetzung des Steueranspruchs wieder sichergestellt werden. Wer Steuern hinterzieht, muss in Zukunft zudem einen deutlich höheren Zinssatz als die geltenden 6 % zahlen. Durch diese Maßnahmen ist eine deutliche Einschränkung des bisherigen Steuerausfallvolumens zu erwarten. Dies kann nur international geschehen.

Im Hinblick auf die Schweinegrippe, Vogelgrippe und was es nicht alles gibt. Wie stehen Sie persönlich zur Impfpflicht? Wenn ein wirksamer Impfstoff gefunden wurde und die "Neue Grippe" sich weiter so rasend schnell ausbreitet, kann eine allgemeine Impfpflicht ein Instrument sein, die Ausbreitung zu verlangsamen, wenn nicht zu stoppen.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrike Gottschalck