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Ulrike Bahr
SPD
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Frage von Florian A. •

Frage an Ulrike Bahr von Florian A.

Sehr geehrte Frau Bahr,

wie bekannt ist, spricht sich Ihr Parteivorsitzender zwar gegen Schiedsgerichte aus, jedoch ist die Funktion eines stattdessen ausgelobten „Handelsgerichtshof“ (korrekt übersetzt als ein „Investitionsgerichtssystem“) nicht wesentlich anders und mehr oder weniger Augenwischerei. Die Hauptgefahren von privaten Schiedsgerichten bleiben bestehen. Dies ist nur ein Kritikpunkt von vielen. Auch angesichts der jüngst veröffentlichten Daten frage ich Sie: Votieren Sie für diese Abkommen?

Vielen Dank für Ihre Information.

Mit freundlichen Grüßen
Florian Auer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Auer,

vielen Dank für Ihre Nachfrage über www.abgeordnetenwatch.de vom 5. Mai 2016 in Bezug auf meine Position zu Schiedsgerichten bei TTIP und CETA sowie mein Votum dazu.

Privaten Schiedsgerichten haben wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten frühzeitig mit unserem Parteikonvents-Beschluss von 2014 eine klare Absage erteilt. Der vor allem auch von der SPD und Sigmar Gabriel vorangetriebene Vorschlag von ordentlichen Handelsgerichtshöfen - mit unabhängigen und neutralen Richtern, die nicht nebenher als Anwälte oder parteibenannte Gutachter in Investitionsverfahren tätig sein dürfen - kann sicherlich ein guter alternativer Ansatz sein, allemal ein besserer als private Schiedsgerichte. Allerdings bringen uns auch ordentliche Handelsgerichtshöfe zunächst einmal nicht weiter, wenn die Rechtsgrundlagen für diese Gerichte nicht gut sind. Und hier ist es zweifelsohne wichtig, genau hinzuschauen. Mit Blick auf CETA gibt es hier nach wie vor auch noch zu viele unbestimmte Rechtsbegriffe und damit viele offene Fragen. Wenn im Frühsommer schließlich die fertige komplette Übersetzung vorliegt, wird daher zu klären sein, inwiefern die Ergebnisse mit den von uns auf dem SPD-Parteikonvent 2014 beschlossenen und 2015 auf dem Bundesparteitag bestätigten roten Linien übereinstimmen. Sollten sie diese überschreiten, wird es mit der SPD kein Abkommen geben. Gleiches gilt für TTIP: Wenn die US-Administration sich in zentralen Fragen wie dem Vorsorgegrundsatz, der Lebensmittelsicherheit und dem Investitionsschutz nicht bewegt, ist es nach derzeitigem Verhandlungsstand schwer vorstellbar, dass noch ein Vertragstext gefunden wird, der in irgendeiner Form den Ansprüchen der SPD genügt.

Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass der Deutsche Bundestag sich mit diesen Abkommen intensiv befassen muss und abschließend darüber abzustimmen hat. Aktuell ist allerdings zunächst die europäische Ebene am Zug. Mein persönliches Abstimmungsverhalten im Deutschen Bundestag aber werde ich schließlich von den endgültig vorgelegten Ergebnissen und deren Übereinstimmung mit unseren Grundsätzen abhängig machen. Wenn sich letztlich beispielsweise nur die Wahl zwischen einem schlechten TTIP oder gar keinem TTIP stellt, wird meine Wahl eindeutig auf die zweite Option fallen. Freihandel um jeden Preis war nie Position meiner SPD - dabei wird es auch bleiben.

Mit freundlichen Grüßen,
Ihre
Ulrike Bahr

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