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Ulrike Bahr
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Frage von Norbert S. •

Frage an Ulrike Bahr von Norbert S. bezüglich Jugend

Guten Tag, Frau Bahr!

Ihr Ausschuss (FSFJ) war federführend beim heute in Kraft getretenen Gesetz, das den Verkauf von sogenannten "E-Zigaretten" reguliert.

Die vielgepriesene "Rechtssicherheit" ist allerdings ein schlechter Aprilscherz. Viele kleine Onlineshops haben aus Verunsicherung jetzt erstmal dicht gemacht. War das die Absicht? Und was bedeuten die schwammigen Formulierungen jetzt ganz konkret für uns erwachsene Verbraucher?

Dürfen wir das Angebot eines Shops online weiterhin begutachten, ob er überhaupt interessante Produkte zu interessanten Preisen anbietet, oder müssen wir selbst dafür schon durch zeit- und geldaufwendige bürokratische Reifen (z.B. PostIdent) springen?

Und wie ist es mit dem Versand?
Reicht eine "Alterssichtprüfung", d.h. kann die Ware auch an einen anderen eindeutig Erwachsenen ausgehändigt werden bzw. in die Firma geliefert werden?
Oder werden wir Berufstätige dazu genötigt, neben den erklecklichen Zusatzkosten für die "eigenhändige" Zustellung auch noch teils beträchtliche Umwege zur Postfiliale zu machen, um dort den Ausweis vorzuzeigen?
Kommen Sie mir bitte nicht mit dem Scheinargument, dass das ja der Shop bezahlen muss. Alles was Sie dem Shop an Mehrkosten aufbürden, landet zum Schluss IMMER auf der Rechnung des Endkunden. Und zu den Öffnungszeiten meiner Postfiliale bin ich normalerweise nie auch nur in der Nähe.

Was ist mit Bestellungen aus dem Ausland?
Ich habe dort einige Freunde (z.B. Schweizer), die bislang gerne in deutschen Shops bestellen. Werde die durch diese Restriktionen genötigt, auf andere Angebote auszuweichen?

Ich hoffe, Sie als Mitverantwortliche können hier endlich für Klarheit sorgen. Ich bitte Sie um eindeutige Antworten. Der übliche Textbaustein Ihrer Fraktion zu diesem Thema enthält keine.

Mit freundlichem Gruß,
Norbert "Zillatron" Schmidt

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Schmidt,

vielen Dank für Ihre Rückfrage zur künftigen Praxis für den Online-Handel im Nachgang zu dem am 1. April 2016 in Kraft getretenen Gesetz zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor den Gefahren des Konsums von elektronischen Zigaretten und Shishas.

Zweifelsohne sind wir uns hier sicherlich grundsätzlich einig, dass der Kinder- und Jugendschutz wirtschaftlichen Interessen stets vorgelagert sein muss.

Der Versandhandel ist in § 1 Absatz 4 des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) definiert. § 1 Absatz 4 JuSchG ist seit Inkrafttreten des Jugendschutzgesetzes am 1. April 2003 nicht verändert worden und liegt auch der neuen Regelung zum Versandhandel mit E-Zigaretten in § 10 Absatz 3 JuSchG zugrunde. Danach ist Versandhandel im Sinne dieses Gesetzes jedes entgeltliche Geschäft, das im Wege der Bestellung und Übersendung einer Ware durch Postversand oder elektronischen Versand ohne persönlichen Kontakt zwischen Lieferant und Besteller oder ohne dass durch technische oder sonstige Vorkehrungen sichergestellt ist, dass kein Versand an Kinder und Jugendliche erfolgt, vollzogen wird. Um die zuletzt genannten Voraussetzungen zu erfüllen, sind nach der Rechtsprechung [OLG München NJW 2004, 3344 ff (3346)] Sicherstellungsmaßnahmen sowohl beim Bestellvorgang als auch bei der Aushändigung der Ware an den erwachsenen Kunden notwendig.

Im Rahmen der Ausführungen zum Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft beim Bestellvorgang heißt es in der Gesetzesbegründung:
„… Für den Online‐Handel gibt es technische Mittel, wie zum Beispiel Prüfroutinen zur Feststellung der Volljährigkeit an Hand der Personalausweisnummer (so genannter Perso‐Check) oder verifizierter Adressdaten (zum Beispiel Schufa‐Q‐Bit‐Check), die preisgünstig zur Verfügung stehen oder von Anbietern mit geringem Aufwand zu programmieren sind. Nach ihrer Inbetriebnahme verursacht deren Anwendung keinen Mehraufwand. Dies betrifft Online‐Versandhändler von Tabakwaren und von elektronischen Zigaretten und elektronischen Shishas. …“ (vgl. Allgemeine Begründung im Gesetzentwurf unter A.VI.5.2 – BT‐Drucksache 18/6858, Seite 10).

Der Vollzug des Gesetzes obliegt den jeweils zuständigen Landesbehörden. Diese haben zur Anwendung § 1 Absatz 4 JSchG einen gemeinsamen Beschluss „Rechtsauffassung und Praxishinweise der Obersten Landesjugendbehörden“ veröffentlicht. Der Beschluss ist unter folgendem Link abrufbar: https://mifkjf.rlp.de/fileadmin/mifkjf/Jugend/Versandhandel.pdf

Mit freundlichen Grüßen,
Ulrike Bahr

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