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Ulrich Petzold
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Frage von Andreas M. •

Frage an Ulrich Petzold von Andreas M. bezüglich Finanzen

Andreas Mrosek
CDU-Mitglied

Lieber Ulrich,
ich mache mir Sorgen um unsere Zukunft und die Zukunft unserer Kinder. Das Vertrauen in unsere Politik ist hinüber. Was passiert mit dem Euro? Warum wurden die Stabilitätskriterien aufgeweicht? Diese Kriterien waren sinnvolle Schranken gewesen. Was wir heute erleben, ist eine Katastrophe der Finanzmärkte. Wir haften für Schulden der Pleitstaaten, die jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt haben und uns immer weiter belügen. Alleine die versprochenen Privatisierungen in Griechenland haben immer noch nicht begonnen.
Wir Deutsche sind die stärkste Wirtschaftsmacht in Europa und geben immer mehr Positionen auf. Die EU entwickelt sich zu einer übergeordneten Diktatur. Sie bestimmt über unsere deutschen Grundsätze hinweg, das gefährliche Straftäter aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden. Warum handeln wir nicht? Der Euro hat aus meiner Sicht ausgedient und verloren. Er war eine gute Idee, aber was daraus geworden ist, ist eine Katastrophe. Wir machen jetzt schon Schulden, die Nichtgeborene irgendwann begleichen müssen. Unsere Kommunen verhungern, unsere Straße sind in desolaten Zuständen, überall ist das Geld knapp. Aber in die EU pumpen wir Milliarden, die uns fehlen und unsere Steuerzahler belasten.
Bitte kläre mich auf und sage mir, wie es weiter gehen soll. Wir können doch die Errungenschaften unserer CDU-Väter nicht einfach so verspielen.
Liebe Grüße,
Andreas

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Antwort von
CDU

Lieber Andreas,

erst einmal herzlichen Dank, dass Du über „Abgeordnetenwatch“ einmal wieder ein Lebenszeichen von Dir gegeben hast. Allerdings muss ich Dir eingestehen, dass ich nur ungern über „Abgeordnetenwatch“ kommuniziere, da ich bei dieser Seite politische und wirtschaftliche Interessen nicht ausschließen kann. Deswegen biete ich allen Fragestellern grundsätzlich lieber an, meine Internetseite www.ulrichpetzold.de oder meinen direkten Mailbriefkasten Ulrich.Petzold@Bundestag.de zu besuchen. Deine Anfrage beschäftigt allerdings auch viele Menschen im Wahlkreis. Deswegen habe ich auch der „Volksstimme“ aus Magdeburg ein Interview gegeben, dass dann auch am13. September dort erschienen ist. Außerdem bin ich in unseren Ortsverbandssitzungen zu diesem Thema unterwegs und der Verein für Handel, Handwerk und Gewerbe Jessen wird Anfang Oktober eine Veranstaltung organisieren, in der die Schuldenkrise sicherlich eine Rolle spielen wird. Deine Sorgen zum Euro sind mit Sicherheit nicht ganz unbegründet. Gerade in Währungsfragen kommt es immer auf das Verhalten vieler Mitspieler darauf an. Die große Bankenkrise der vergangenen Jahre konnten wir auch nur dadurch meistern, dass sich die Menschen nicht von der Hysterie der Medien anstecken ließen. Hätten damals aus lauter Angst vor dem angekündigten Bankencrash die Sparer ihre Einlagen abgezogen, hätte schon damals das Finanzsystem zusammenbrechen können. Eine Währung ist immer so stark, wie das Vertrauen in sie. Wenn aber jetzt mit aller medialen Macht gegen das Vertrauen gearbeitet wird, ist ein Geldschein eben nur noch ein Stück bedrucktes Papier. Auch über die Flucht in das Gold kann ich eigentlich nur lachen. Weißt Du wie viel Gold im Jahr tatsächlich in technischen Prozessen benötigt wird? Gold kann man auch nicht essen - also wofür wird es tatsächlich gebraucht? Was mich sehr ärgert ist, dass diejenigen, die ganz wesentlich zu der miesen Situation beigetragen haben, sich jetzt als Retter der Nation aufspielen. SPD und Grüne waren es, die damals Griechenland in den Euroverbund aufgenommen haben. Schon damals bestanden Zweifel an den vorgelegten Zahlen Griechenlands, aber sie sind den Zweifeln nie nachgegangen, weil sie ihren griechischen Genossen eine Blamage ersparen wollten. Die gleiche Ignoranz und Großmannssucht war es dann auch, als Deutschland die Stabilitätskriterien verletzte, die Schröder und Eichel die Stabilitätskriterien aufweichen ließ, um sich einen blauen Brief aus Brüssel zu ersparen. Im gleichen Jahr wurden diese Herren dann von den gleichen Wählern wieder gewählt, die heute über die fehlende Stabilität des Euro jammern. Es ist doch auch paradox, wenn heute die SPD über das fehlende Handeln der Bundesregierung jammert, ihre eigenen Regierungen in einigen Bundesländern jedoch erklären, dass sie gar nicht daran denken, sich an den Stabilitätspakt und die Schuldenbremse zu halten. Nordrhein-Westfalen, Berlin und Bremen seien hier einmal direkt benannt. Mit "arm, aber sexy" lassen sich Probleme eben nicht lösen, dies ist schlichtweg verantwortungslos. Wir werden ja sehen, wie ernsthaft der alte und neue Berliner Bürgermeister es mit der Konsolidierung seines maroden Haushalts meint, den er nun schon seit Jahren mit rot-rot in die Sackgasse führt. Hauptsache, die anderen zahlen. Bonn ist damals durch die Bundesregierung reich geworden, während Berlin einem löcherigen Fass gleicht. Der Euro war nicht nur eine gute Idee, sondern wird auch in Zukunft unverzichtbar bleiben, wenn wir als Deutschland und Europa weltweit eine wirtschaftliche und moralische Rolle spielen wollen. Eine Soziale Marktwirtschaft als Gegenpol zum freien Markt hat nur eine wirtschaftliche Chance, wenn sie eine wirtschaftliche Basis hat. Die Stärke einer wirtschaftlichen Basis wird stark bestimmt von dem sie tragenden Geldmarkt. Die Stärke der USA wurde in der Vergangenheit, noch bis heute, von der Stärke des Dollar bestimmt. Dabei ist es immer wichtig, welche Wirtschaftskraft hinter einer Währung steht. Deutschland allein war immer wieder starken Spekulationsangriffen ausgesetzt. Erinnere dich bitte, es gab Zeiten, da lag der DM- zum Dollarkurs fast bei 1:1. Das war mit dramatischen Umsatzeinbrüchen in der Industrie verbunden. Gleiches erlebt jetzt die Schweiz. Die Schweiz muss jetzt Ramschanleihen aufkaufen, um ihre eigene Währung gegen eine zu hohe Spekulation mit all ihren Folgen auf dem Schweizer Arbeitsmarkt zu schützen. Deutschland würde es zurzeit nicht anders gehen. Auch wir wären gezwungen die Anleihen der Krisenländer zu kaufen. Jetzt läuft das über die EZB. Ich frage mich allerdings, weswegen ist die Hysterie über Griechenland, Portugal und Irland so groß, während wir eigentlich die gleiche Situation im eigenen Land seit Jahren ähnlich haben.Über Berlin, Bremen und NRW, um nur einige "fußkranke" Bundesländer zu nennen, spricht niemand. Irland und Portugal sind beim Abbau ihrer Verschuldung viel erfolgreicher, als von der EZB gefordert. Nur Griechenland hat noch nicht den richtigen Weg gefunden. Um die Schulden, die da auf uns zukommen, mal in eine Relation zu setzen: Nur die Transfers innerhalb der Sozialkassen aus den alten in die neuen Bundesländer betragen 16 Mrd. € im Jahr. Bis auf die Bayern, die ihre Solidarität eingeschränkt haben, regt sich darüber niemand auf. Eine Mitfinanzierung der Altschulden Griechenlands würde uns also nicht gleich umwerfen. Eine solche Schuldenübernahme muss allerdings zwingend an die Voraussetzung gebunden werden, dass Griechenland außerhalb von Zins und Tilgung absolut keine neuen Schulden mehr macht. Ein Fass ohne Boden ist dem deutschen Steuerzahler nicht zuzumuten - da gebe ich Dir recht. Allerdings haben wir in den vergangenen Jahren auch gut an Griechenland mit verdient. Nur zum Vergleich: wir leihen uns das Geld aktuell am Markt zu 0,2 % Zinsen für ein halbes Jahr. Weitergegeben zu griechischen Staatsanleihen erhalten wir ca. 12 %. Was meinst Du wohl, wer den Zinsgewinn einbehält? Protestierst Du als Zinsgewinnler immer noch, wenn wir bestrebt sind, Griechenland nicht untergehen zu lassen? Wenn Du davon sprichst, dass unsere Kommunen verhungern, mag das in den vergangenen Jahren durchaus knapp gewesen sein. Doch ich rate Dir dann mal die Arbeitsleistung einiger Verwaltungsangestellter einer großen Stadt, die Du sehr gut kennst, mit der Arbeitsleistung eines Angestellten in einem mittelständischen Betrieb zu vergleichen. Sehr viele meinen, hier noch durchaus nutzbare Potentiale zu erkennen. Straff geführte Städte, wie Jessen, können sich immer noch Investitionen leisten. Auch im Bundeshaushalt sind Einsparmöglichkeiten. Wenn die geplanten Ausgaben für 2012 im Verhältnis zu diesem Jahr nur um 0,7% steigen, dann liegt das mit Sicherheit unter der Inflationsrate. Wir sind für 2010 einmal mit einer geplanten Verschuldung von über 80 Mrd. gestartet. Abgeschlossen haben wir dann bei etwa 40 Mrd.. Für 2012 waren im Jahr 2010 noch ca. 40 Mrd. Neuverschuldung geplant. Nach der Steuerschätzung im Mai haben wir die geplante Verschuldung auf etwa 32 Mrd. abgesenkt. Jetzt haben wir den Haushalt für 2012 mit einer Neuverschuldung von 27 Mrd. gestrickt und das bei einer außerordentlich konservativen Risikoannahme. Wenn allerdings solche Länder wie NRW sich weiter fröhlich verschulden, können wir als Bundespolitiker nur den Kopf schütteln. Bevor wir also ein zwingendes Schuldenmoratorium für die EU fordern, sollten wir erst einmal bei uns anfangen. Lieber Andreas, wenn ich Dir nun wirklich sehr ausführlich geantwortet habe, möchtest Du daraus bitte entnehmen, dass es durchaus Sinn machen würde, wenn Du Dich einmal wieder zu einer Sprechstunde anmelden würdest. Meine Büros in Wittenberg, Dessau, Köthen, Jessen und Gräfenhainichen kennst Du ja sicherlich. Die Telefonnummern stehen auf meiner oben genannten Seite.

Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Petzold