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Frage von Erich N. •

Frage an Ulrich Maurer von Erich N. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Maurer,

die LINKE steht für die Abschaffung der Bundeswehr in der Form wie sie jetzt ist, mit dem Ziel sie umzuwandeln in ein großes Heimschutzbatallion mit Gesangscharakter. Sie lehnen einen gerechten und über alle Maßen wichtigen Militäreinsatz in Afghanistan und anderswo ohne sachliche Gegenargumente ab und schüren mit populistischen Mitteln den kindischen Pazifismus in Deutschland, und das obwohl all dies per UN-Mandat abgesegnet ist. Sie stehen für die Abschaffung der Geheim- und Nachrichtendienste.

Wie gedenken Sie unter all diesen Umständen für Sicherheit von außen zu sorgen für ihr eigenes Land, wenn sie eine Regierung bilden müssten?

Hochachtungsvoll

E. Nolte

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Erich Nolte,

Vielen Dank für Ihr Anfrage zu den sicherheitspolitischen Konzepten der Partei DIE LINKE. Auch wenn sie eine Bewertung aus Ihrer Sicht in der Fragestellung schon vorweg nehmen, möchte ich einige unsere Argumente verkürzt noch einmal darlegen.

Die Bundeswehr ist einst mit der Begründung geschaffen worden, die Verteidigung des Staatsgebietes der Bundesrepublik Deutschland zu übernehmen. DIE LINKE fordert deshalb erst einmal nichts weiter, als die Rückkehr zu den ursprünglich festgelegten Aufgaben für die Bundeswehr. Dazu gehört für die Partei DIE LINKE nicht die Verteidigung irgendwelcher politischer bzw. wirtschaftlicher Interessen Deutschlands am Hindukusch oder anderswo, versteckt hinter konstruierten "sicherheitspolitischen Gefahren von außen".
Die mittlerweile bis zu 7500 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, die sich an militärischen Beobachtermissionen bis hin zu Kampfeinsätzen im Ausland beteiligen, haben nachvollziehbar keineswegs zu mehr Sicherheit in der Welt oder wie Sie es bezeichnen: "zu mehr Sicherheit von außen" geführt. Dass die Bundeswehr derzeit in Afghanistan nicht nur logistisch Mitverantwortung für die Tötung unschuldiger Zivilistinnen und Zivilisten trägt, sondern darüber hinaus selbst daran beteiligt ist, zeigt die Konsequenzen auf, die mit einem Kriegseinsatz verbunden sind und von uns nicht akzeptiert werden. Das ändert auch ein UN-Mandat nicht. Schon lange fordern wir, dass eine Instrumentalisierung der UN für die Mandatierung von Kriegen beendet wird. Solange die UN völkerrechtswidrige Kriegseinsätze der NATO, wie die gegen das ehemalige Jugoslawien oder im Irak nicht unterbinden und sanktionieren kann, bleibt sie ein zahnloser Papiertiger und Spielball der Interessen insbesondere der westlichen Industriestaaten. Auch deshalb halten wir den Militäreinsatz der Bundeswehr in Afghanistan zumindest für völkerrechtlich fragwürdig und keineswegs für "gerecht und über alle Maßen wichtig".
Die letzte Afghanistan-Konferenz hat nur eins bestätigt. Die Strategien, auch die der deutschen Bundesregierungen, sind gescheitert. Die Sicherheitslage hat sich weiter verschärft und die Situation der afghanischen Bevölkerung hat sich nicht wesentlich verbessert, teilweise sogar verschlechtert. Die jetzt vorgestellte neue Strategie ist ebenfalls nur Augenwischerei und soll lediglich dazu dienen, das Gesicht derer zu wahren, die diesen Krieg mit zu verantworten haben. Doch weder die Aufstockung um weitere 850 Soldatinnen und Soldaten, noch der Versuch dies durch eine Verdoppelung der "Entwicklungshilfe" schmackhafter zu machen, werden die Situation verbessern. Im Gegenteil. Mehr Militär heißt weitere Eskalation sowie mehr zivile Opfer. Die verstärkte militärische Begleitung des zivilen Aufbauengagements behindert dieses nicht nur, sondern gefährdet Projekte sowie Akteurinnen und Akteure. Genauso wenig erfolgversprechend erscheinen uns Aussteigerprogramme für "gemäßigte" Taliban oder die Ausbildung von Polizeikräften vor Ort, so lange soziale und ökonomische Perspektiven für die afghanische Bevölkerung nicht erkennbar sind. Eine Perspektive kann nur eine schnellst mögliche Beendigung des Krieges, der Rückzug der internationalen Militärs und eine Intensivierung des zivilen Aufbaus bieten.
Das Deutschland als drittgrößter Waffenexporteur seinen Beitrag an kriegerischen Auseinandersetzungen leistet und dann auch noch den Kampf gegen den sogenannten internationalen Terrorismus dazu nutzt, die Aufgabengebiete sowie Befugnisse der Bundeswehr, der Polizei und Geheimdienste im In- und Ausland auszubauen und zu verknüpfen, ist für uns nicht hinnehmbar. Der Kampf gegen einen sogenannten "internationalen Terrorismus" ist militärisch weder in Afghanistan noch in anderen Regionen und Ländern zu gewinnen. Dass neben dem Militär auch die Geheimdienste nicht Teil der Lösung, sondern des Problems sind, beweisen zahlreiche Skandale.
Nutznießer sind nur die, die mit den Ängsten von Menschen ihren Profit machen und ihre Macht sichern oder ausweiten; wie auch beim Ausbau des Überwachungsstaates. Dieser gaukelt nicht nur Schutz vor, um eine alle Lebensbereiche umfassenden Kontrolle zu ermöglichen und damit "angepasstes" Verhalten zu erzwingen. Verschleiert werden auch die tatsächlichen Ursachen gesellschaftlicher Krisenprozesse. und damit zusammenhängenden Bedrohungsängsten. DIE LINKE. hält dies für keine seriöse Politik; sie will an den Kern der Probleme.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrich Maurer