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Frage von Peter F. •

Frage an Ulli Nissen von Peter F. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Nissen,

in der Reaktion auf eine Anfrage bzgl. der Änderungen im EStG zur Besteuerung von Termingeschäften, hier der Link: https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/ulli-nissen/question/2020-01-26/331501

das, ich zitiere: "Wer sich als Privatanleger auf das große Risiko eines Termingeschäfts einlässt, z.B. bei sogenanntem und in der Folge hohe Verluste erzielt, kann nicht den Anspruch haben diese Verluste sofort auf Kosten der Gemeinschaft steuerlich geltend zu machen."

Stellen sie doch bitte dar, inwiefern die steuerliche Geltendmachung zuvor auf Kosten der Gemeinschaft erfolgte? Welche negativen Folgen hatte die Gemeinschaft zu tragen? Warum sind Termingeschäfte besonders risikoreich, der vom Sparkassenberater vermittelte Fond nicht? Warum sind hiervon nur Privatpersonen, aber keine Kapitalgesellschaften betroffen?

Vielen Dank!
Peter Fischer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Fischer,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Termingeschäfte werden von privaten Anlegern im Regelfall nicht nur zur Absicherung von Fremdwährungsrisiken, Marktrisiken oder zur Absicherung von Zins-, Preis- oder Kursniveaus getätigt, wie es bei Unternehmen aus realwirtschaftlichen Motiven die Regel ist, sondern maßgeblich zum "Zocken". Deshalb ist eine unterjährige Begrenzung der steuerlichen Verlustberücksichtigung auf 10.000 Euro sinnvoll. Denn die steuerliche Berücksichtigung von Verlusten schmälert die Bemessungsgrundlage der Steuer und somit die Steuerzahlung an die Gemeinschaft. Meiner Meinung nach sollte die Gemeinschaft eine weitgehendere Verlustverrechnung von risikoreichen "Zockereien" nicht mitfinanzieren.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich 2016 mit der Verfassungskonformität der Verlustabzugsbeschränkungen bei betrieblichen Termingeschäften in § 15 Abs. 4 EStG befasst. In seinem Urteil vom 28. April 2016 (IV R 20/13) stellt der BFH fest, dass die Regelung verfassungsgemäß ist, weil den Steuerpflichtigen eine entsprechende Verlustnutzung in zukünftigen Jahren grundsätzlich noch möglich ist. Verfassungsrechtlich ist es nicht geboten, dass sich ein Verlust steuerlich schon im Veranlagungsjahr seiner Entstehung auswirken muss.

Darüber hinaus ist auch die Schlechterstellung betrieblicher Verluste aus Termingeschäften gegenüber sonstigen betrieblichen Verlusten gerechtfertigt. Denn bei Termingeschäften handelt es sich um hochspekulative und damit besonders risikobehaftete Geschäfte, bei denen der Eintritt von Verlusten deutlich wahrscheinlicher ist als der Eintritt von Verlusten bei sonstigen betrieblichen Tätigkeiten. Die Begründung des BFH lässt sich auch auf die Regelung zu steuerlichen Behandlung von Verlusten aus privaten Termingeschäften übertragen. Auch hier ist ein unterjährig begrenzter Verlustabzug innerhalb der gleichen Einkunftsart möglich und auch hier gilt, dass ein Verlust sich steuerlich nicht schon im Veranlagungsjahr seiner Entstehung auswirken muss. Daher geht die neue Regelung aus § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG konform mit dem objektiven Nettoprinzip und entspricht dem Leistungsfähigkeitsprinzip.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen konnte.

Mit herzlichen Grüßen

Ihre

Ulli Nissen