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Frage von Barbara S. •

Frage an Ulla Jelpke von Barbara S. bezüglich Umwelt

Sehr geehrte Frau Jelpke,

ich bin eine interessierte Bürgerin und hätte einige Fragen zum Thema "Klimawandel".
1. Glauben Sie an den Klimawandel?
2. Was unternimmt Ihre Partei explizit dagegen?
3. Was können wir Bürger unternehmen?
4. Welche Probleme, einhergehend mit dem Klimawandel, werden uns in Zukunft treffen?
5. Was kritisieren Sie an der aktuellen Klimapolitik?
Ich hoffe auf baldige Antwort und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen
Barbara Schmitt

Portrait von Ulla Jelpke
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Schmitt,

ich danke Ihnen für Ihre Fragen. Obwohl mein Schwerpunkt auf Fragen der Innenpolitik liegt, werde ich versuchen, sie zu beantworten.

1. Glauben Sie an den Klimawandel?

Das ist keine Frage des Glaubens oder Nichtglaubens. Es ist leider wissenschaftlich erwiesen, dass der von Menschen - genauer gesagt von der kapitalistischen Wirtschaft mit ihrer reinen Profitorientierung - verursache Klimawandel seit vielen Jahren voranschreitet. Schon jetzt sind dadurch die Lebensgrundlagen von Menschen in vielen Regionen der Welt bedroht. Unter den sozialen, wirtschaftlichen und natürlichen Folgen des Klimawandels leider zuallererst die Armen. Das gilt für die Geringverdiener in Industrieländern wie Deutschland, aber insbesondere für große Teile der Bevölkerung in den Entwicklungsländern. Der Klimawandel ist so direkt oder indirekt auch eine Ursache für Flucht und Migration.

2. Was unternimmt Ihre Partei explizit dagegen?

Um die Erderwärmung in beherrschbaren Grenzen zu halten, müssen das Wachstum des globalen Klimagas-Ausstoßes im nächsten Jahrzehnt gestoppt und die Emissionen danach kontinuierlich vermindert werden. Zahlreiche Studien belegen, dass ein Umsteuern derzeit technisch möglich ist und angesichts der dramatischen Folgen der Erderwärmung ein Gebot wirtschaftlicher Vernunft ist. DIE LINKE. fordert die Halbierung des Klimagas-Ausstoßes in Deutschland bis zum Jahr 2020 und eine Minderung um mindestens 90 Prozent bis Mitte des Jahrhunderts (jeweils gegenüber 1990). Deutschland muss dafür eine Energiewende hin zu erneuerbaren Energien bei gleichzeitigem Sparsamen Umgang mit Energie vorantreiben. Konkret tritt DIE LINKE. daher im Bundestag und in Landesparlamenten mit Anträgen und Gesetzesentwürfen für die folgenden Forderungen ein:

- In erneuerbare Energie investieren, Energiekonzerne entmachten: Die Energiewende wird nur dann erfolgreich sein, wenn sie sozial gerecht und durch die Bürgerinnen und Bürger selbst gestaltet ist.
- Energie muss sauber sein: Fracking verbieten. Aus Kohle und Atomkraft aussteigen! Ein zukunftsfähiges Energiesystem bedeutet den Ausstieg aus Energieerzeugung durch Uran und Kohle. Fracking ist keine Alternative.
- Gerechte Verkehrsverhältnisse: flexibel, ökologisch, barrierefrei und bezahlbar für alle. Viele Milliarden Euro werden in umweltschädlichen Straßen- und Flugverkehr investiert, aber vielerorts fehlt das Geld für gute Alternativen wie Busse, Bahnen, Fuß- und Radwege.
- Mobilität für alle – mit weniger Verkehr. Mobilität bedeutet Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Wir wollen wirklich barrierefreie Mobilität: niemand darf auf das (eigene) Auto angewiesen sein; alle müssen Zugang haben. Deshalb steht für uns das öffentliche Mobilitätsangebot im Zentrum.
- Die Lkw-Maut wollen wir auf alle Straßen ausweiten und erhöhen. Die externen Kosten wie Luftverschmutzung und Lärmbelästigung müssen einbezogen werden. Die Zulassung von Gigalinern (Lang-LKW) lehnen wir ab.
- Flugverkehr reduzieren: Wir treten für ein striktes Nachtflug-Verbot von 22 bis 6 Uhr ein und wollen den innerdeutschen und innereuropäischen Flugverkehr so weit wie möglich auf die Schiene verlagern.
- Lärm- und Umweltschutz stärken: Wir wollen Umgebungslärm, Straßen-, Schienen- und Flugverkehrslärm mit einem verbindlichen Lärmschutzgesetz regeln und verringern. Die Mittel für den Lärmschutz müssen aufgestockt werden. Lärm macht krank!
- Für eine nachhaltige Agrarwirtschaft und gesunde Nahrungsmittel für alle: Wir wollen eine ökologisch verträgliche Lebensweise für alle Menschen ermöglichen und bezahlbar machen.

3. Was können wir Bürger unternehmen?
Zum einen sollten die Bürgerinnen und Bürger angesichts der Brisanz der Situation für die gesamte Menschheit Politikerinnen und Politiker unterstützten, die die oben genannten Forderungen mittragen und sich für deren Umsetzung einsetzen. Und die Bürgerinnen und Bürger sollten bei ihren Wahlkreisabgeordneten aller Parteien Druck machen, dass diese Thematik aufgegriffen wird.
Doch natürlich kann auch jeder Bürger individuell darauf achten, seinen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, etwa durch den weitgehenden Verzicht auf Kurzstreckenflüge und dem Umstieg auf die Bahn oder durch den Kauf eines klimafreundlicheren Automobils. Aber entscheidend ist global gesehen weniger das individuelle Konsumverhalten als eine grundlegende Änderung in der Wirtschaftspolitik, was wiederum entsprechende politische Rahmenbedingungen erfordert.

4. Welche Probleme, einhergehend mit dem Klimawandel, werden uns in Zukunft treffen?

Der Klimawandel betrifft die Existenz der gesamten Menschheit, ihre Gesundheit und Ernährung. Er vernichtet Ackerland, lässt Wasser versiegen, Tiere und Pflanzen aussterben, extreme Unwetter häufiger und stärker auftreten. Das Schmelzen der Polkappen führt zum Anstieg des Meeresspiegels. Weltweit sind rund 200 Millionen Menschen in tief gelegenen Küstengebieten von dieser Entwicklung betroffen, 30 der 50 größten Städte liegen am Meer. Eine Greenpeace-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass schon heute über 20 Millionen Menschen auf der Flucht sind, weil ihre Heimat durch den Klimawandel keine ausreichenden Lebensbedingungen mehr bietet. In den kommenden 30 Jahren ist mit rund 200 Millionen Flüchtlingen zu rechnen.

5. Was kritisieren Sie an der aktuellen Klimapolitik?

Bei den Regierenden nahezu aller Länder - auch in Deutschland – wurde der Ernst der Lage noch nicht erkannt. Mehr als Lippenbekenntnisse und symbolische Schritte gibt es kaum. Um die schönen Worte zu Taten werden zu lassen, braucht es gehörig Druck von unten auf die Regierenden – denn das Klima und damit die Zukunft der Menschheit wird sich nur im Widerstand gegen die kurzfristige und egoistische Profitlogik des Kapitalismus retten lassen.

Mit freundlichen Grüßen,
Ulla Jelpke