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Udo Schiefner
SPD
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Frage von Barbara S. •

Frage an Udo Schiefner von Barbara S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Mit Ihrer Zustimmung haben Sie einer neuen Diskussionrunde zur Privatisierung der Autobahnen Tür und Tor geöffnet. Da war der Herr Schummer schon ein wenig schlauer.
Für mich jedenfalls ist die SPD gelaufen.
Wie erklären Sie den Grenzlandbewohnern hier die Notwendigkeit der Maut? Und darf ich Sie persönlich beim Wort nehmen, wenn in einiger Zeit feststeht, dass die Maut eine neue Verbürokratisierung Deutschlands ist und am Ende eine Mehrzahlung für die Bürger und nur wenig Gewinn für das Land ist, den das Land natürlich vollständig einstreicht und die Bürger auf ihren Kosten sitzen lässt?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Schmitt,

ich kann den Grenzlandbewohnern die Notwendigkeit der Maut nicht erklären, denn ich sehe keine Notwendigkeit. Ich kann Ihnen aber erklären, warum ich diesem politischen Kompromiss letztlich zugestimmt habe.

Als wir Ende März erneut über die Details der Mautgesetzgebung zu beschließen hatten, lag es exakt 2 Jahre zurück, dass wir im Bundestag die Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen, die so genannte PKW-Maut, grundsätzlich beschlossen hatten. Ich hatte damals zugestimmt, obwohl ich die Maut für sinnlos und sogar schädlich halte. Als Vertreter einer Grenzregion fiel mir damals und fiel mir diese Entscheidung im März diesen Jahres äußerst schwer.

Doch es ging um ein Entgelt zur Nutzung von Autobahnen. Grundsätzlich ist die Mautfrage keine Gewissensentscheidung. Als ich mein Abstimmungsverhalten festlegte, warf ich in die Waagschale, dass es sich dabei nicht um eine Gewissensfrage wie z. B. zur Sterbehilfe oder zu Auslandseinsätzen deutscher Soldaten handelt.

Im Kompromiss mit der Union mussten wir akzeptieren dass im Koalitionsvertrag die CSU-Herzensangelegenheit Pkw-Maut aufgenommen wurde. Nur so konnten wir dort unsere eigenen Ziele erfolgreich verankern. Unsere Punkte haben wir seitdem nahezu vollständig abgearbeitet. Das bestätigt mir, dass es richtig war. Es wäre falsch gewesen, die Koalition wegen einer Infrastrukturabgabe in Frage zu stellen.

Neben vielen größeren und kleineren Projekten haben wir den Mindestlohn eingeführt und wir haben Milliardenentlastungen für die Kommunen erreicht. Verkehrspolitisch haben wir die Investitionsweichen für die nächsten 1½ Jahrzehnte gestellt. In meinem Fachthema Güterverkehr und Logistik konnte ich wichtige Schritte gegen Lohn- und Sozialdumping in den Bundestag einbringen und beschließen lassen.

Beim Beschluss zu Änderungen am Mautgesetz versicherte der CSU-Minister, die europarechtliche Konformität sei sichergestellt. An meinen grundsätzlichen Bedenken gegenüber der Maut hatte sich aber nichts geändert. Das Vorhaben des Ministers, auch Bundes-, Landes und Kommunalstraßen in die Mautpflicht aufzunehmen, hatten wir dem Minister aus seinen Plänen gestrichen. Das heißt für den Niederrhein und den Kreis Viersen, dass Niederländer auch weiterhin unsere Angebote nutzen können, ohne Maut zahlen zu müssen. Die Forderung der SPD, im grenznahen Raum Autobahnteilstücke mautfrei nutzen zu können, scheiterte am Widerstand von CDU und CSU im Bundestag.

In dieser Legislaturperiode wollten wir noch für uns Sozialdemokraten offene Punkte abarbeiten, z. B. das Gesetz zur Lohngerechtigkeit. Das haben wir auch erreicht. Nach reiflicher Überlegung schluckte ich deshalb die Mautkröte, obwohl sie mir erhebliche Bauchschmerzen verschafft hatte. Wer in der Politik nicht bereit ist, Kompromisse einzugehen, kann seine Ziele nicht erreichen. Das weiß auch mein Kollege Schummer, der der Pkw-Maut am24. März genauso zugestimmt hat, wie ich.

Mit freundlichen Grüßen
Udo Schiefner

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