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Tino Sorge
CDU
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Frage von Ottmar M. •

Frage an Tino Sorge von Ottmar M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Herr Sorge,

aus dem Positionspapier der CDU/CSU-Fraktion vom 27.11.18 (www.cducsu.de) zur Ukraine ergeben sich zahlreiche Fragen.
Russland soll z. Bsp. seinen Verpflichtungen aus Minsk II nachkommen. Aber Rußland wird doch im Abkommen nicht mal erwähnt, welchen Verpflichtungen soll es denn da nachkommen? Selbst auf der Website des ukrainischen Präsidenten Poroschenko https://www.president.gov.ua/storage/j-image-storage/10/19/58/062e86c5bfcaaab929d9b05e9b5d3f19_1544092583_extra_large.jpeg ist Poroschenko neben einem Soldaten der ukrainischen Armee mit dem Totenkopfsymbol der faschistischen Waffen-SS zu sehen. Solche Leute unterstützt die CDU nun also und das sind Partner von EU und NATO? Gegen wen führt die Ukraine im Osten des Landes überhaupt Krieg, Herr Sorge? Gegen Russland oder gegen die eigene Bevölkerung? Ist es andererseits nicht verständlich, daß sich die Bevölkerung wehrt, wenn selbst auf der Website des Präsidenten Nazi-Symbole „salonfähig“ sind? In Ihrem Papier wird auch erwähnt, daß Kiew Minsk II nicht umsetzt. Warum hat das keinerlei Konsequenzen in Form von Sanktionen? Sind denn alle ausländischen Söldner und Militärs aus der Ukraine abgezogen (Pkt.10 Minsker Abkommen)? Wenn nein, warum nicht? Von „russischer Intervention“ und „aufgezwungenen Kriegsbedingungen“ ist im Papier auch die Rede. Wenn es so wäre, wer hindert die Ukraine, mit Rußland Frieden zu schließen? Mir sind keine diesbezüglichen Aktivitäten bekannt!

Warum gibt es überhaupt Extra-Sanktionen gegen die Bürger der Krim? Sollen die bestraft werden, weil die sich Russland angeschlossen haben und eben nicht von der EU „assoziiert“ werden wollen? Sollen denn so Sympathien für die EU erworben werden? Wie hat sich überhaupt die wirtschaftliche und soziale Lage der Bevölkerung durch das Assoziierungsabkommen verbessert, Herr Sorge? Oder hat es sich verschlechtert?
Ich erwarte eine präzise Beantwortung der Fragen, Herr Sorge!

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr M.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage, die sich mit einer Vielzahl von Fragen rund um die Ukraine befasst.

Der Wortlaut von ‚Minsk II‘ ist mehrdeutig. Es bezieht sich auf zwei Parteien, ohne sie zu nennen, so dass die Ukraine die Verpflichtungen als zur Ukraine und zur Russischen Föderation gehörend auslegt, und Russland sie als zur Ukraine und den Regionen Donezk und Luhansk gehörend auffasst. Die einzige eindeutige russische Verpflichtung besteht darin, alle ausländischen bewaffneten Verbände, militärischen Ausrüstungen und Söldner aus dem ukrainischen Territorium abzuziehen.

Laut ukrainischer Seite sollen etwa 11.000 russische Staatsangehörige auf Seite der sog. Volksrepublik Donezk (DPR) und der sog. Volksrepublik Luhansk (LPR) aktiv sein. EU-Stellen bestätigen diese Zahl. Zudem sollen diesen Streitkräften 21.000 weitere Personen angehören; hauptsächlich ukrainische Staatsbürger sowie etwa 1.500 aus anderen europäischen Ländern.

‚Minsk II‘ ist eine politische Verpflichtung, die nicht rechtsverbindlich ist, weil die Unterzeichner der Ukraine und Russlands zum Zeitpunkt der Unterzeichnung nicht die volle Befugnis hatten, ein rechtsverbindliches internationales Abkommen zu unterzeichnen. Es gibt daher keine direkte rechtliche Handhabe, um die Ukraine auf der Grundlage von ‚Minsk II‘ zu sanktionieren.

Keine Seite hat sich diesem Konflikt bislang vollständig durchgesetzt. Die Ukraine hat sich für eine langfristige Nichtanerkennung der betroffenen Gebiete und Aktivitäten entschieden. Die ukrainische Seite fordert, dass zunächst die Bestimmungen von ‚Minsk II‘ erfüllt werden müssen, bevor eine weitere Beilegung des Konfliktes erfolgen kann.

Die Sanktionen gegen die völkerrechtswidrig annektierte Krim stehen im Einklang mit der EU-Politik, die Annexion der Krim durch die Russische Föderation nicht anzuerkennen. Das von Ihnen angesprochene Assoziierungsabkommen (AA) ist erst Anfang 2017 vollständig in Kraft getreten, sodass direkte Auswirkungen erst im weiteren Zeitverlauf absehbar sein werden. Steigende ukrainische Exporte in die EU haben sicherlich dazu beigetragen, die Auswirkungen der Schließung des russischen Marktes für ukrainische Exporte auszugleichen. Die EU ist der größte Investor in der Ukraine, und die Ausweitung des Freihandels stärkt insbesondere kleine und mittlere Unternehmen. Neben der sofortigen Befreiung von der Abschaffung der Einfuhrzölle wird erwartet, dass das AA langfristig positiv wirtschaftliche Auswirkungen haben wird, da die Rechtsvorschriften harmonisiert werden und die Ukraine ihre internen Wirtschaftsbeziehungen entwickelt. Es wird auch erwartet, dass die Umsetzung der AA zu einer Verbesserung des ökonomischen Umfelds und der Arbeitsbedingungen führen wird, was die Arbeitssicherheit erhöht, die Risiken für die öffentliche Gesundheit verringert und die durchschnittliche Lebenserwartung sowie die soziale Sicherheit erhöht.

Ich persönlich erhoffe mir, dass Russland, die Ukraine und die EU in den kommenden Monaten auf friedlichem Wege zu mehr Verständigung finden werden. Drohkulissen (auf allen Seiten) sind ebenso wenig förderlich wie gewaltsame Auseinandersetzungen.

Ich hoffe, dass ich einige Ihrer Fragen beantwortet habe. Für weitere Informationen verweise ich Sie gern auch auf die Grundsatzpapiere und Länderberichte der Konrad Adenauer Stiftung: https://www.kas.de/web/ukraine/publikationen

Mit freundlichen Grüßen

Tino Sorge

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