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Thomas Marwein
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Frage von Michael K. •

Frage an Thomas Marwein von Michael K. bezüglich Umwelt

Guten Tag Herr Marwein

als Bauingenieur in einer Umweltschutzpartei können Sie mir hoffentlich beantworten, ob schon mal ernsthaft über die Nutzung elektrisch beheizter Speicher-Warmwasserboiler als „dezentrale Pumpspeicherkraftwerke“ nachgedacht wurde. Das Prinzip wäre, dass die Geräte beim Stromüberschuss durch regenerative Energien auf eine etwas höhere Solltemperatur regeln (z.B. 62°C ) als wenn das nicht der Fall ist (60°C). In der Zeit die der Boiler braucht um von der höheren Solltemperatur zur niedrigeren abzukühlen würde er keinen nicht-regenerativen Stom verbrauchen. Wenn man dieser Grafik glauben kann, ( http://www.energieverbraucher.de/de/tipp38-boilertemperatur__1931 ) betrüge diese Zeit bei 2°C Unterschied und einem durchschnittlichen Boiler ja schon mehre Stunden. Also durchaus eine Zeit in der man manches Reservekraftwerk hochfahren könnte. (Viel mehr als 2° Differenz halte ich nicht für sinnvoll. Die Abwärmeverluste würden zu sehr steigen. Und weil man sich nicht mehr darauf verlassen könnte welche Stellung eines Mischer-Armatur „lauwarm“ ist, könnte man sich leichter verbrühen.) Natürlich ist mir klar, dass es ökologisch noch besser wäre Solarthermie, eigener Photovoltaik-Anlage oder evtl. auch Erdgas zu benutzen um Wasser zu erwärmen. Aber die vorgeschlagene Lösung ließe sich durch Austausch des Thermostaten durch einen elektronischen relativ leicht bewerkstelligen. Ich schätze die Kosten für den Verbraucher auf ca. 200€ inklusive Montage. Natürlich muss so ein intelligenter Thermostat wissen, wann gerade Stromüberschuss ist oder nicht. Aber die technischen Voraussetzung dafür wurde (inklusive des Risikos eines Hacker-Angriffs darauf) mit der Entscheidung der Bundesregierung für Smart-Meter sowieso schon geschaffen.

Mit freundlcihen Grüßen
M. K.

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Sehr geehrter Herr K.,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage. Bitte entschuldigen Sie, dass ich Ihnen heute erst antworte. Ihre Frage ist bei mir leider – völlig unbeabsichtigt – zwischen anderen Anfragen untergegangen. Dennoch möchte ich sie nun nicht unbeantwortet lassen.

Mir ist nicht bekannt, dass jemand – ob bei uns Grünen in der Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg – oder an anderer Stelle über exakt diese Art der Nutzung von Warmwasserboilern nachgedacht hätte. Wie der Spiegel berichtet, haben vor fünf Jahren einige Wissenschaftler einen ähnlichen Ansatz verfolgt und daran geforscht, überschüssigen Nachtstrom für das Aufheizen von Warmwasserboilern zu nutzen ( http://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/energie-stromkosten-sparen-mit-dem-wasserboiler-a-856956.html ). Dabei wird der Aspekt der erneuerbaren Energien gegenüber den nicht-erneuerbaren Energien jedoch nicht berücksichtigt. Was aus dieser Idee geworden ist, kann ich Ihnen leider nicht sagen.

In einigen Kraftwerken in Deutschland (und anderen Ländern) wird überschüssiger Strom jedoch bereits heute zum Heizen verwendet: beim sogenannten „Power-to-heat“ wird Strom aus erneuerbaren Energien in Zeiten eines Überangebots in Wärme umgewandelt und als Fernwärme genutzt. Ein Vorteil dieser Technologie ist der sehr hohe Wirkungsgrad von nahezu 100%.

Persönlich bin ich der Ansicht, dass die Speicherung von Strom in solch großen Maßstäben umgesetzt werden sollte. In Anbetracht der vergleichsweise hohen Anschaffungs- und Herstellungskosten für die von Ihnen vorgeschlagenen intelligenten Warmwasserboiler, sowie auch in Anbetracht der möglichen Gefahren durch Hacker und dadurch möglicherweise entstehender weiterer Kosten halte ich bei dieser Idee den Kosten-Nutzen-Faktor für nicht ausreichend, um ernsthaft über eine Umsetzung nachzudenken.

Eine wichtige Aufgabe für die Zukunft ist, das Stromangebot sowie den Stromverbrauch flexibel zu gestalten, so dass die Versorgung für alle Situationen sichergestellt ist. Neben Energiespeichern sind weitere Optionen dafür u.a. der Netzausbau, ein besseres Lastmanagement bei den Verbraucher/innen sowie eine flexiblere Anpassungsfähigkeit konventioneller Kraftwerke. Studien haben gezeigt, dass Energiespeicher erst bei einem sehr hohen Anteil erneuerbarer Energien notwendig werden. Bis sie sich auf dem Markt als Flexibilitätsoption durchsetzen können, wird es deshalb wohl noch einige Jahre dauern. Bis dahin sind in der Forschung zu Stromspeichermöglichkeiten noch viele Fortschritte zu erwarten. Deshalb sollte heute noch nicht festgelegt werden, auf welche Art der Strom idealerweise gespeichert wird.

Um die Forschung im Bereich der Versorgungssicherheit zu unterstützen, fördert das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft aktuell mehrere Projekte, die hier beschrieben werden: https://um.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/umweltministerium-foerdert-vier-smart-grids-projekte-mit-ueber-12-millionen-euro/

Weitere Informationen des Umweltministeriums zu Energiespeichern und anderen Möglichkeiten, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, finden Sie unter: https://um.baden-wuerttemberg.de/de/energie/versorgungssicherheit/.

Gerade weil die Entwicklung in diesem Bereich jedoch noch nicht abgeschlossen ist, ist es sehr wünschenswert, dass wir alle Möglichkeiten der Stromspeicherung sowie der Versorgungssicherheit ausloten. Als Ingenieur und Grünen-Politiker freue ich mich deshalb sehr darüber, dass Sie sich über dieses Thema Gedanken machen und hoffe, dass Sie dies auch weiterhin tun werden. Mit weiteren Fragen oder Anregungen wenden Sie sich sehr gerne wieder an mich.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Marwein

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