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Frage von Helmut H. •

Frage an Thomas Funk von Helmut H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Eine Familie mit Ursprungsland Albanien wurde in einer Nacht- und Nebelaktion nach 16-monatigem Aufenthalt abgeschoben, eine Musterfamilie im Sinne positiver Integration.
Die 14‐jährige Tochter ist Klassenbeste in Deutsch und Mathematik.
Die 9-jährige Tochter, hat fehlerfrei Deutsch gelernt und entwickelte sich in der Schule ebenfalls ausgezeichnet.
Die Mutter mit guten Deutschkenntnissen machte aktuell eine sehr erfolgreiche Ausbildung zur Altenpflegerin in Bammental (ausgebildete albanische Krankenschwester).
Altenpflege ist ein absoluter Mangelberuf. Wir haben einen Pflegenotstand in der Altenpflege der sich in den nächsten Jahren noch wesentlich verschlimmern wird.
Der Vater hatte sich im Rahmen eines 1 Euro‐Jobs im Bauhof der Stadt Neckargemünd nützlich gemacht. Eine Baufirma in Neckargemünd bot eine unbefristete Anstellung aber der Antrag auf Arbeitserlaubnis ist nun seit mehr als 7 Monaten immer noch nicht bearbeitet und beantwortet.
Eine anwaltliche Vorsprache beim Landratsamt und eine Petition scheiterten an der Ignoranz und Gleichgültigkeit der Behörden.
Aus welchen Gründen ...
• erfolgt eine Abschiebung für Flüchtlinge die eine hervorragende Integrationsleistung zeigen?
• erfolgt eine Abschiebung von Flüchtlingen, die in einem absoluten Mangelberuf arbeiten und so einen positiven Beitrag zur Lösung unseres Altenpflegenotstands leisten könnten?
• bearbeiten die Behörden einen Antrag auf Arbeitsgenehmigung seit 7 Monaten nicht, obwohl so auch ein positiver Beitrag zur Kostendämpfung der Staatshaushalte erwirtschaftet werden könnte?
• ist die Politik und sind die Behörden nicht in der Lage und willens zu differenzieren, zwischen Flüchtlingen die integrationsfähig und wertvoll für unsere Gesellschaft sind und solchen die Sprachkurse und Integration verweigern?
• werden die ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer frustriert und demoralisiert durch einen Fall wie diesen, deren mühevollen Arbeitseinsätze ein wesentlicher Beitrag zur Integrationsleistung darstellen?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Hutter,

Gerne komme ich auf Ihre Mailanfrage zurück, auch wenn mir die Beurteilung des von Ihnen geschilderten Falles schwer fällt, da ich die Details nicht verifizieren kann.
 
Wir sind uns sicher im Klaren darüber, dass in Deutschland aufgrund geltender Rechtslage nur die Menschen Asyl beanspruchen können, denen in ihren Heimatländern politische Verfolgung droht, bzw. die bereits politisch verfolgt werden (siehe auch §16a Satz 1 Grundgesetz). Darüber hinaus hat sich die Bundespolitik auf sog. sichere Drittstaaten verständigt und unterliegt der sog. Dublin-II-Verordnung in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Vor diesem Hintergrund ergibt sich daraus Folgendes für Ihre fünf Fragen:
 
1. Zur Frage aus welchen Gründen eine Abschiebung von Flüchtlingen erfolgt, die eine hervorragende Integrationsleistung zeigten, sagt der Gesetzgeber, dass nicht die Integrationsleistung der ausschlaggebende Punkt für oder wider eine Abschiebung ist, sondern, ob ein Flüchtling tatsächlich politisch verfolgt ist und aus welchem Herkunftsland ein Flüchtling kommt, bzw. aus welchem Drittstaat er nach Deutschland einreist.  Für Ihren Fall heißt das: Albanien gilt als sicherer Herkunftsstaat in dem keine systematische und staatlich gesteuerte, politische Verfolgung angenommen wird.
 
2. Aus der Ausübung eines Mangelberufes ergibt sich kein automatisches Bleiberecht. Die Gründe für die Abschiebung ergeben sich allerdings aus dem bereits Ausgeführten.
 
3. Zur Frage des Behördenvorgehens  muss ich leider nochmal darauf verweisen, dass mir der Fall persönlich nicht bekannt ist und ich Ihnen deshalb keine Gründe nennen kann, weshalb eine Behörde einen solchen Antrag 7 Monate lang nicht bearbeiten kann oder will. Von außen betrachtet mag es möglicherweise daran liegen, dass -wie in anderen Fällen auch- die entsprechende Behörde zu viel Arbeit mit zu wenig Personal bewältigen muss.
 
4. Die Frage aus welchen Gründen Politik und Behörden nicht in der Lage sind zu differenzieren zwischen „wertvollen“ Flüchtlingen, die sich integrieren wollen und solchen, die Integration und Sprachkurse verweigern, kann ich nur damit beantworten, dass uns bislang die Handhabe dafür in Form eines qualifizierten Einwanderungsgesetzes fehlt. Der Integrationswille allein kann einen mangelnden Flüchtlingsstatus nicht ersetzen. Ein Einwanderungsgesetz würde das bestimmt treffsicherer regeln können. Solange aber ausschließlich sichere Drittstaaten-Regeln angewandt werden, kommt es eben zu genau solchen Fällen. Die Politik sieht ihre Hauptaufgabe momentan vor allem darin, das Grundrecht auf Asyl zu bewahren. Deshalb geht es bei der Frage, wem Asyl gewährt werden soll, grundsätzlich nie um den „Wert“ eines Menschen für die Gesellschaft, sondern -so ernüchternd es klingen mag - nur um die rein juristische Frage, ob eine politische Verfolgung des Asylsuchenden vorliegt oder eben nicht.
 
5. Von idealtypischen Verhältnissen kann man sicher nicht sprechen, weshalb schon allein deshalb Frustration bei allen Beteiligten durchaus vorstellbar ist. Und selbstverständlich bin ich persönlich auch schon mit Fällen befasst gewesen, bei denen ich integrationswilligen Flüchtlingen gerne Asyl oder Aufenthalt gewährt hätte, dies aber rein rechtlich schlicht nicht möglich war. Frustration kann allerdings auch durch Fahrlässigkeit entstehen, indem man beispielsweise voreilig Hoffnungen weckt, obwohl die Statusklärung des/der Betreffenden noch gar nicht abgeschlossen ist. Wo dies ignoriert wird, sind Enttäuschungen vorprogrammiert.
 
Mit freundlichem Gruß

Thomas Funk