Portrait von Tassilo Timm
Tassilo Timm
MLPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Tassilo Timm zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Marco S. •

Frage an Tassilo Timm von Marco S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Tassilo,

„System Change – not Climate Change“ heißt die Losung der weltweiten Friday For Future Bewegung, wo zigtausende junge Menschen in allen Städten sich mit Herzblut engagieren. Überparteilichkeit, Unvoreingenommenheit und Authentizität ist ihre oberste Direktive. Ihre Bewegung ist basisdemokratisch und selbstverwaltet organisiert. Das klingt in der Theorie positiv sympathisch.

Welche tatsächlichen Beweise gibt es jedoch, dass in der Praxis nur kapitalismusfreundliche Strukturen diese Bewegung dominieren dürfen, welche sich kapitalismuskritisch hervortun können und mit ihren Finanzierungen, Equipments, Infoständen, Merchandising, Redebeiträgen und Ordnerkräften die Spielregeln auf den Demos vereinnahmen und mitbestimmen wollen, oder ist das einfach nur eine anmaßende Behauptung?

Ich persönlich habe das beängstigende Gefühl und den beunruhigenden emotionalen Eindruck und daher mir meine eigene Meinungsäußerung gebildet, die wahrscheinlich auch falsch sein kann und somit eine von mir hier dargestellte Tatsachenbehauptung sein könnte, dass hierzulande inzwischen alle revolutionären sozialistischen Parteien, egal ob aus den Kreisen der DKP, KPD, SAV, MLPD, usw. und deren Organisationen, egal ob sie lautstark oder still für sich werben, mit Bashing und Mobbing namens der obersten Direktive von den Demos ausgegrenzt werden, teilweise sogar mit Gewalt. Müsste es also eher heißen: „Climate Change – not System Change“? Welche Erfahrungen habt ihr als MLPD dazu? Wie steht ihr als MLPD zu dieser Situation? Was ist zu tun?

Bunte Grüße, von Marco aus Gera.

Portrait von Tassilo Timm
Antwort von
MLPD

Hallo Marco,

Danke für Dein Interesse an einer Stellungnahme zu den Entwicklungen
rund um die Bewegung „Fridays for future“, auch bezüglich der Frage
einer Gesellschaftsveränderung. Der Slogan „System change not climate
change“, ist deutlich älter als die Ende des letzten Jahres begonnene
neue Bewegung „Fridays for future“. Es ist eine internationale Losung,
mit der Umweltkämpfer seit Jahren darauf hinweisen, dass es notwendig
ist, das gesellschaftliche System zu wechseln, statt das Weltklima.
Breit bekannt wurde diese Losung unter anderem im Zusammenhang mit der
Anklage von Evo Morales 2010 gegen den Weltkapitalismus: „Entweder
stirbt der Kapitalismus oder unsere Mutter Erde! Der Versuch einen
Mittelweg zu finden, ist Betrug an den Völkern“.

Das „Internationalistische Bündnis“ als Grundplattform der
Wahlverbindung „Internationalistische Liste/MLPD“ formulierte bei seiner
Gründung 2016 unter der Überschrift /„Dem Übel an die Wurzel gehen!“:
„//Der Kampf um konkrete Verbesserungen ist richtig und wichtig, aber
ändert nichts am System. Deshalb sind revolutionäre Veränderungen nötig.
Wir kämpfen für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung des Menschen durch den
Menschen. Wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der die Einheit von
Mensch und Natur Leitlinie ist. Wir kämpfen für eine Gesellschaft, in
der imperialistische Kriege, Faschismus und Rassismus keinen Platz mehr
haben. Wie diese aussieht und erreicht wird, darüber gibt es
verschiedene Auffassungen./

/Für viele Mitstreiter und Mitstreiterinnen unseres Bündnisses kann
diese befreite Gesellschaft nur der Sozialismus sein, der die
Erfahrungen im sozialistischen Aufbau des 20. Jahrhunderts schöpferisch
verarbeiten muss.“/

Deswegen haben wir uns gefreut, als Greta Thunberg beim 24.
Weltklimagipfel (COP24) in Katowice die System-Frage zum Thema machte.
Wir freuen uns ebenso wenn unter den vielen Hunderttausenden jungen
Umweltkämpfern der „Fridays for future“-Bewegung Offenheit für eine
Auseinandersetzung vorhanden ist, in der Frage, wie eine alternatives
Gesellschaftssystem aussehen muss und erreicht werden kann, dass es
ermöglicht eine grundlegende Einheit von Mensch und Natur zu
gewährleisten. Der Kapitalismus ist das nicht!

Du hast zum Teil recht mit Deiner Beobachtung, dass Anhänger einer
tatsächlichen Gesellschaftsveränderung „mit Bashing und Mobbing“ ( aber
auch anders…) „von den Demos ausgegrenzt werden, teilweise sogar mit
Gewalt.“ Das Bild ist allerdings nicht eindeutig: Es gibt viele „Fridays
for future“-Demos, die grundlegende demokratische Rechte verwirklichen,
wie das Bekenntnis zu einer Organisation mittels Fahne sowie freie
Meinungsäußerung auch für Revolutionäre. Die Praxis ist in
unterschiedlichen Orten recht verschieden. Wir dürfen diktatorische
Ausgrenzung nicht akzeptieren, der Sache wegen. Ausgenommen Faschisten –
sie haben auf den Demos nichts zu suchen.

Es sind nur wenige „Diktatoren“, meist nicht aus der Masse der
jugendlichen Hauptträger der „Fridays for future“-Bewegung, die sich zu
Inquisitoren der Umweltbewegung aufspielen. Deren oft eindeutiger
parteipolitischer Hintergrund (meist Grüne oder Linke), wird da
geflissentlich verschwiegen.

Die „Internationalistische Liste/MLPD“ wird sich nicht einschüchtern
lassen. Viele reden davon, dass wir die Erde nur von unseren Kindern
geliehen haben. Übersehen wird die Quelle dieser Grundhaltung im
„Kapital“ von Karl Marx. Der hat bereits vor über 150 Jahren die Lösung
über Systemänderung aufgezeigt: /„//Vom Standpunkt einer höhern
ökonomischen Gesellschaftsformation wird das Privateigentum einzelner
Individuen am Erdball ganz so abgeschmackt erscheinen wie das
Privateigentum eines Menschen an einem andern Menschen. Selbst eine
ganze Gesellschaft, eine Nation, ja alle gleichzeitigen Gesellschaften
zusammengenommen, sind nicht Eigentümer der Erde. Sie sind nur ihre
Besitzer, ihre Nutznießer, und haben sie als gute Familienväter den
nachfolgenden Generationen verbessert zu hinterlassen.“/

Gerade wenn einige meinen, sie könnten sich als Privateigentümer der
„Fridays for future“-Bewegung aufspielen und in brutalster Art und Weise
Meinungs- und Versammlungsfreiheit anderer Teilnehmer unterdrücken,
sollten wir denen nicht noch den Gefallen tun und uns zurückziehen.

Wir sind Teil der Umweltbewegung und werden es bleiben!

Tassilo Timm