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Sylvia Kotting-Uhl
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Frage von Maro H. •

Frage an Sylvia Kotting-Uhl von Maro H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Abgeordnete,

an den Stammtischen ist zu vernehmen, es häuften sich angeblich in bestimmten Kreisen die Anerkennungen von Vaterschaften. Als Asylbewerber abgelehnte Schwarzafrikaner sollen gehäuft über die Anerkennung von Vaterschaften bei schwangeren EU-Bürgerinnen bzw. bei Geburten, bei denen den Behörden der Name des Kindsvaters bislang nicht benannt wurde, sich einen Duldungsstatus verschaffen. Angeblich -so die Gerüchte- eine sichere und simple Sache, weil der Staat nicht verifiziere, ob die Angaben zutreffend seien. So sehe man generell von einem Gentest ab und den Behörden sei untersagt solches zu verlangen, sodass unwahre Angaben kein Entdeckungsrisiko beinhalten, sofern Mutter und als Vater benannter einvernehmlich agieren.

Sollte dieses Gerücht zutreffen, dann sollte Mißbrauch gegengesteuert werden. Sollte das Gerücht unzutreffendes kolportieren, dann sollte m.E. der "fake" entlarvt und solches der Öffentlichkeit kommuniziert werden um ausländerunfreundlichen Stimmungsmachen entgegen zu wirken.

Oder wie sehen die GRÜNEN die Angelegenheit ?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Haro,

in ihr Gesetzespaket "Zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht" hat die Große Koalition der WP 18 eine Bestimmung zum "Verbot der missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung" (§ 1597a BGB und § 85a AufenthG) eingefügt.

Tatsächlich war eine solche Regelung schon im Jahr 2008 beschlossen worden, die den Behörden in solchen Fällen das Recht zur Anfechtung der Vaterschaft einräumte. Diese Regelung aber ist im Jahr 2013 vom Bundesverfassungsgericht zu Recht für verfassungswidrig erklärt worden: Das Gesetz hätte nämlich die Anfechtungsvoraussetzungen so weit gefasst, dass faktisch alle unverheirateten ausländischen oder binationalen Paare ohne bis dahin gemeinsamen Wohnsitz einem generellen Verdacht ausgesetzt worden seien. Eine solche Belastung des Familienlebens ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar (AZ: 1 BvL 6/10)

Nach dem nunmehr neu in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügten § 1597a ist die Anerkennung von Vaterschaften zu verweigern, wenn die Vaterschaft nur zum Zweck beantragt wird, rechtsmissbräuchlich die Einreise oder den Aufenthalt anderer Personen zu ermöglichen.
Die Neuregelung im BGB wird ergänzt durch die Einfügung eines neuen § 85a Aufenthaltsgesetz. Darin werden die Kompetenzen der Ausländerbehörden geregelt, die das mögliche Vorliegen missbräuchlicher Vaterschaftsanerkennungen überprüfen sollen.

Zur Begründung hatten die Fraktionen von CDU/CSU und SPD (wie schon 2008) auf entsprechende Warnhinweise aus den Bundesländer bzw. von Ausländerbehörden hingewiesen, dass „in zahlreichen Fällen“ der Verdacht auf rechtsmissbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft vorläge, da zwischen Mann und Kind bzw. seiner Mutter keine sozial-familiäre Beziehung bestünde.
Tatsächlich gibt es aber keine validen Zahlen über die Problemfälle. Auch Sie schreiben ja vom „Stammtisch“. Selbst eine vom zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge herausgegebene Studie ("Missbrauch des Rechts auf Familiennachzug") konnte im Jahr 2012 die Effektivität des 2008 geschaffenen Anfechtungsrechts aufgrund unzureichenden Datenmaterials nicht belegen.

Das Problem ist also - wie so oft, wenn es um Migration geht - zwiespältig. Es gibt sicher einzelne Fälle. Wie groß das Problem tatsächlich ist, weiß bis dato niemand. Vermutlich ist es eher klein, denn es gehört ja auch immer eine Frau dazu, die für ihr Kind einen fremden Vater angibt. Es wird aber in interessierten Kreisen zu einem großen Problem gemacht.

Mit freundlichen Grüßen
Sylvia Kotting-Uhl