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Sven Giegold
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Frage von Felix G. •

Frage an Sven Giegold von Felix G. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrter Herr Giegold,

ich würde gerne wissen, welche Standpunkte sie und ihre Partei zu folgenden Themen haben, und ob sie diese Standpunkte auch unbedingt in einer Koalition durchsetzen würden.

a) Netzneutralität. Befürworten sie Möglichkeiten der Internet Service Provider Verträge mit Internet Anbietern zu schließen um Netzwerkverkehr ihrer Nutzer unterschiedlich zu behandeln? Oder würden sie sich für eine Festlegung auf Netzneutralität einsetzen?

b) Internetsperren. Würden sie Gesetze für Internetsperren illegaler Inhalte, wie sie in Deutschland gerade diskutiert werden, auf EU Ebene befürworten?

c) ENISA Ausbau. Viviane Reding, EU-Kommissarin für Informationsgesellschaft und Medien, hat am 28.4. einen EU-Beauftragten für Internetsicherheit gefordert. Wie stehen sie zum Ausbau der ENISA mit mehr Kompetenzen? Welche Kompetenzen sollten ihrer Meinung nach bei den Ländern, zum Beispiel beim Bundesamt für IT Sicherheit, und welche sollten auf EU Ebene geregelt sein?

d) Durchsetzung von Urheberrechten. Im Telekompaket wurde heute, am 7.5., das französische ´three-strikes´ Gesetz abgewählt. Wie stehen sie zur Erweiterung von Schutzfristen der Rechteinhaber und die Durchsetzung dieser Rechte mittels Internetsperren?

Mit besten Grüßen,

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Gröbert,

Vielen Dank für ihre Fragen.

Innerhalb des Europäischen Parlaments (EP) gibt es keine Koalitionen, sondern je nach Thema bilden sich Mehrheiten, die den Gesetzen einer variablen Geometrie gehorchen, als nicht mit nationalen Prozessen zu vergleichen sind. Dies ermöglicht, wie ja auch beim Telekompaket geschehen, einer kleinen Fraktion wie der Grünen Mehrheiten zu organisieren. Das EP hat sich im Falle der Internetregulierung mehrheitlich der Grünen Position angeschlossen, dass Internetsperren nicht ohne richterliche Genehmigung zulässig sind. Anbei eine Presseerklärung zum Thema meiner beiden Ko-KandidatInnen und schon jetztigen Mitgliedern des Europäischen Parlaments Rebecca Harms und Helga Trüppel. Ich hoffe das beantwortet einen Teil ihrer Fragen. Unter Safer Internet haben wir uns in unserem Wahlprogramm einiges vorgenommen, den entsprechenden Auszug finden sie unten. Im Falle meiner Wahl werde ich die FachpolitikerInnen meiner Fraktion dabei unterstützen auf den bisherigen Erfolgen aufzubauen. Das Thema gehört jedoch nicht zu meinen Fachgebieten.

PRESSEMITTEILUNG - Straßburg, 6. Mai 2009

Telekom-Paket

Grüner Erfolg: EU-Parlament gegen Internetsperren ohne richterliche Genehmigung

"Das Europäische Parlament folgte heute einer Initiative der Grünen und bestätigte im Rahmen der Abstimmung zum Telekompaket mit großer Mehrheit (1) einen Änderungsantrag, der Internetsperren ohne vorherige richterliche Prüfung untersagt. Dazu erklären *Rebecca Harms*, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion Grüne/EFA und *Helga Trüpel*, stellvertretende Vorsitzende des Kulturausschusses des Europäischen Parlaments:

Das Europäische Parlament hat sich heute mit Nachdruck für die Wahrung der Rechte der Internetnutzer ausgesprochen. Es unterstützte mit großer Mehrheit einen von den Grünen eingebrachten Änderungsantrag, der Internetsperren ohne vorherige richterliche Genehmigung verbietet. Dieser Grüne Änderungsantrag war schon in erster Lesung mit großer Mehrheit angenommen worden. Er sollte durch einen in diesem Punkt schwachen und unklaren Kompromissvorschlag, den die Berichterstatterin im Rahmen des sogenannten "Trilogs" mit dem Rat ausgehandelt hatte, ersetzt werden. Die Grünen haben aber erfolgreich alle Manöver innerhalb und außerhalb des Parlaments, eine Abstimmung über diesen Antrag zu verhindern, durchkreuzt. Mit der erneuten Annahme dieses Antrags haben wir einen wichtigen Sieg für den Rechtsstaat, die Grundrechte und für die Internetfreiheit errungen.

Das Telekompaket war nicht der Ort, um das zweifellos wichtige Problem des Schutzes der Urheberrechte zu lösen. Wir Grüne haben uns immer dafür ausgesprochen, notwendige Neuregelungen des digitalen Urheberrechts nicht im Telekommunikationsrecht vorzunehmen, sondern in einem separaten Gesetzgebungsverfahren und mit einem Schwerpunkt auf neue Pauschalvergütungsmodelle wie einer „Kulturflatrate“. Wir werden dieses wichtige Anliegen energisch vorantreiben.

Nun liegt es am Rat: Wenn er das Telekompaket so wie es heute abgestimmt wurde annimmt, anstatt ein Vermittlungsverfahren einzuleiten, könnte das Telekompaket in kürzester Zeit in Kraft treten. Das erwartet die gesamte Telekomindustrie und die BürgerInnen der Union."

Anmerkung:

1) Der Änderungsantrag wurde mit 407 Ja-Stimmen, 57 Nein-Stimmen und 171
Enthaltungen angenommen.

Safer Internet – Verantwortungsbewussten Umgang mit Medien stärken

Wir wollen das Internet als neue Chance für die freie Meinungsäußerung fördern. Dazu müssen bestehende Regeln endlich angewendet und unklare Rechtslagen beseitigt werden. In vielen europäischen Ländern droht das Recht auf freie Meinungsäußerung durch nationale Gesetzesvorhaben immer weiter eingeschränkt zu werden, wie die aktuelle Diskussion über den Einsatz von Internetfiltern zeigt. Grundrechte wie das Fernmeldegeheimnis und das erst kürzlich durch das Bundesverfassungsgericht geschaffene Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme müssen europaweit durchsetzbar sein. Sie sind Voraussetzung für eine lebendige und freie Internetkultur. Sie müssen daher geschützt und dürfen nicht beschnitten werden. Die Verfolgung von gesetzwidrigen Inhalten und ihre strafrechtliche Behandlung benötigt aber EU-weite Bestimmungen. Die Förderung von Medienkompetenz ist elementarer Bestandteil, um die Bedeutung dieser Rechte zu erfahren und um allen Menschen in Europa Teilhabe an der Digitalisierung zu garantieren. Gleichzeitig leistet die Vermittlung von Medienkompetenz wichtige Aufklärungsarbeit im Umgang mit neuen Medien. Dieses trägt dazu bei, über exzessiven Medienkonsum und dessen Gefahren zu informieren, sei es im Bereich von Computerspielen auch unterschiedlicher Angebote im Internet. Technische Unterstützung zur Abwendung dieser Gefahren sollten leicht und frei zugänglich gemacht werden. Europäische DigitalpolitikWir wollen neben dem Ausbau der Breitband-Infrastruktur die Stärkung des Datenschutzes fördern. Der Kampf gegen Softwarepatente zeigte, wie entscheidend die europäische Ebene für die Gestaltung unserer digitalen Zukunft ist. Zuletzt ging es beim Telekom-Paket darum, sicherzustellen, dass Einschränkungen der Netzneutralität und unverhältnismäßige Kontrolle des Internets nicht die digitale Entwicklung Europas ausbremsen. Anstatt veraltete Geschäftsmodelle und Quasimonopole durch immer härtere Gesetze zu stützen, setzen wir uns für faire Vergütungsverfahren ein. Zur Stärkung nachhaltiger Informationstechnik sind einheitliche Regelungen und Standards unverzichtbar. Hierbei und bei der Vergabe von Aufträgen nach europäischen Standards muss Freie und Open-Source-Software mindestens gleichberechtigt behandelt werden. Zum Datenaustausch mit und in der Europäischen Union dürfen keine Formate verwendet werden, die durch Patente oder unzureichende Standardisierung beziehungsweise Dokumentation nur von einzelnen proprietären Produkten verwendet werden können.

Mit freundlichen Grüßen
Sven Giegold