Portrait von Stephan Thomae
Stephan Thomae
FDP
79 %
42 / 53 Fragen beantwortet
Frage von Randolph D. •

Frage an Stephan Thomae von Randolph D. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrter Herr Thomae,

wie ist Ihre Meinung zu der sog. "Kulturflatrate", bei der Internet-Nutzer alles herunterladen dürfen, ohne dafür abgemahnt zu werden. Gibt es einen Gestaltungsvorschlag der FDP dazu oder wie der Themenkreis der Urheberrechtsverletzungen durch Internetdownloads geregelt werden kann? URL?
Herr Lindner hatte Sie in einer Empfehlung genannt, dass Sie hier umfangreiche Materialien bieten können, da dieses Ihr Arbeitsfeld sei. Was wären die Gegenargumente gegen eine Kulturflatrate? Schließlich haben wir diese doch auch auf CD-.Rohlinge, warum sollte man nicht 9 Euro für die zugeteilte IP-Adresse im Monat abgeben?

MFG

Portrait von Stephan Thomae
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Dohm,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 1. Mai 2012.

I.

Der Vorschlag einer Kulturflatrate ist einer von vielen, die wir im Rahmen um die Debatte des Urheberrechts im Zeitalter des Internet diskutieren sollten. Ich bin allerdings der Meinung, dass eine Pauschalierung – die immer auch Unbeteiligte mit trifft – nicht nötig ist.

1. Es gibt bereits jetzt 70 legale Angebote für Musik im Internet, die eine punktgenaue Vergütung von Nutzer zu Anbieter erlauben. Hier sei beispielsweise der Internet-Dienst Spotify genannt. Dieser Dienst bietet seinen Nutzern über einen Streaming-Dienst grundsätzlich kostenlosen Zugang zu einem gewaltigen Musikrepertoire an. Dies wird durch Werbung finanziert. Wer als Nutzer die Werbung umgehen will, kann für eine geringe monatliche Gebühr einen werbefreien Stream abonnieren. Dieses Angebot zeigt, dass es im Internet durchaus möglich ist, urheberrechtlich geschützte Werke legal anzubieten und dabei eine angemessene Vergütung der Rechteinhaber zu gewährleisten.

2. Eine Kulturflatrate im Internet würde auch diejenigen Treffen, die das Internet ausschließlich zu Informations- und Kommunikationszwecken verwenden und nicht um Kulturgüter zu konsumieren.

Der von Ihnen genannte Vergleich mit CD-Rohlingen greift nicht. Die Pauschalabgabe auf CD-Rohlinge wurde eingeführt, weil es im Rahmen der Privatkopie erlaubt ist, legal erworbene Werke zu vervielfältigen. Durch die Pauschalabgabe sollen die Urheber der Werke für diese Vervielfältigung vergütet werden.

Im Internet werden aber auch Werke angeboten, die gegen den Willen der Urheber hochgeladen wurden. Nach meiner Überzeugung muss es aber der Rechteinhaber selber entscheiden können, ob und wie er seine Werke verbreiten will und ob er dafür auch das Internet nutzen will.

3. Eine Kulturflatrate würde gegen die Grundsätze einer freien und marktwirtschaftlichen Gesellschaft verstoßen. Eine Flatrate würde das bestehende Urheberrecht weitgehend aushebeln. Dadurch würde das Recht auf geistiges Eigentum vom grundgesetzlich geschützten Recht auf materielles Eigentum entkoppelt werden. Eine Umverteilung durch eine Kulturflatrate kann weder der individuellen Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke, noch der Würdigung der Werke und der Schaffenskraft der Urheber gerecht werden.

4. Darüber hinaus würden sich bei Einführung einer Kulturflatrate viele bislang unbeantwortete Fragen stellen, etwa:

• Wie hoch soll die Flatrate sein, damit beim Urheber tatsächlich etwas ankommt?
• Welche Behörde sollte entsprechende Gebühren eintreiben?
• Wer beurteilt, ob ein Werk eine ausreichende Qualität aufweist, um vergütet zu werden? Nicht alles, was im Internet verbreitet wird, hätte in der analogen Welt eine Chance auf dem Markt einen Preis erzielen.
• Wie verhält es sich mit links- oder rechtsextremer Musik? Soll auch diese vergütet werden?

All diese Gründe sprechen in meinen Augen gegen die Einführung einer Kulturflatrate.

II.

Nach Auffassung der FDP hat das Internet den Wert geistiger Leistungen nicht verändert, eher im Gegenteil. Daher müssen wir das Urheberrecht an das Zeitalter des Internet anpassen, wobei wir zwei wesentliche Aspekte beachten müssen:

1. Der Urheberrechtsschutz darf nicht schwächer ausfallen als bisher, sondern eher stärker; die Rechteinhaber brauchen zu ihrer Durchsetzung weiterhin ein scharfes Schwert, keine Wattebäuschchen.

2. Wir müssen die derzeitige negative Assoziation des Wortes Urheberrecht mit Begriffen wie Massenabmahnungen und Abmahnmissbrauch überwinden und zu einer Rechtskultur im Internet finden, in der die Nutzer das Urheberrecht und die rechtsstaatlichen Instrumente zum Schutz der Urheber als etwas Gutes und Notwendiges akzeptieren.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen behilflich gewesen zu sein und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Stephan Thomae, MdB

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Stephan Thomae
Stephan Thomae
FDP