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Stephan Stracke
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Frage von Birgitta K. •

Frage an Stephan Stracke von Birgitta K.

Sehr geehrter Herr Stracke,

über Abgeordnetenwatch erfahre ich, dass Sie einer Neuzulassung von Glyphosat zustimmen und sich gegen das Verbot von Fracking ausgesprochen haben.

Ich bin entsetzt!

Wie kann es sein, dass Sie sich gegen offensichtlich gefährliche Eingriffe in das Ökosystem nicht aussprechen? Was sind Ihre Gründe sowohl Fracking als auch den Einsatz von Glyphosat nicht zu verhindern?

Mit freundlichen Grüßen,
Birgitta Klein

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Sehr geehrte Frau Klein,

herzlichen Dank für Ihre Fragen zu den Themen Fracking und Glyphosat.

Ich möchte Ihnen zunächst versichern, dass für mich sowohl bei einer möglichen Anwendung der Fracking-Technologie als auch des Pflanzenschutzmittels Glyphosat der Schutz von Mensch und Umwelt Priorität hat. Mögliche Verbote müssen allerdings unseren rechtstaatlichen Prinzipien entsprechen und durch entsprechende wissenschaftliche Belege einer möglichen Gesundheits- oder Umweltgefährdung begründet werden.

Da mich auf dieser Plattform bereits mehrere ähnliche Anfragen zum Thema Fracking erreicht haben, möchte ich Sie bezüglich meiner Position hierzu auf meine bisherigen Antworten bei abgeordnetenwatch.de vom 2. Juni 2016 und vom 28. April sowie 17. Juni 2015 verweisen.

Bei dem von Ihnen angesprochenen Pflanzenschutzmittel Glyphosat handelt es sich um einen seit 40 Jahren in Deutschland zugelassen Wirkstoff, der in der Landwirtschaft zum Beispiel zur Bekämpfung von Unkräutern eingesetzt wird. In Deutschland und der EU unterliegt die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln strengsten Auflagen. Pflanzenschutzmittel durchlaufen im Rahmen der teilweise langjährigen Zulassungsverfahren intensive Prüfungen, in denen sie hinsichtlich ihres Risikos für Mensch und Umwelt geprüft werden. Dies gilt selbstverständlich auch für Glyphosat, dass einer der am intensivsten untersuchten Wirkstoffe weltweit ist.

Im Zuge einer solchen Untersuchung hat eine Unterorganisation der Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Wirkstoff vor kurzem als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft. Selbst innerhalb der WHO ist diese Bewertung aber umstritten. Es wird ein gefahrenbezogener Ansatz verfolgt, d.h. Stoffe werden nach ihrem theoretischen Gefährdungspotential eingestuft. Es wird keine Aussage über das reale Risiko bei der Anwendung des Stoffes getroffen und auch nicht erläutert ab welcher Intensität der Exposition eine gesundheitliche Gefährdung besteht. In der gleichen Kategorie wie Glyphosat befindet sich unter anderem auch die Arbeit als Friseur, Schichtarbeit oder Mate-Tee. Alkohol und Sonnenlicht befinden sich in der höchsten Risikokategorie „krebserregend für den Menschen“.

Die wissenschaftliche Abschätzung eines tatsächlichen Risikos bei der Anwendung und Aufnahme eines Stoffes obliegt in Deutschland dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Die fachliche Unabhängigkeit des BfR ist gesetzlich verankert und garantiert, dass Entscheidungen auf Grundlage von wissenschaftlichen Fakten und frei von politischer, wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Einflussnahme getroffen werden.

Das BfR ist im Rahmen einer aktuellen Untersuchung zu dem Schluss gekommen, dass bei sachgerechter Anwendung von Glyphosat keine Gefahr für die menschliche Gesundheit besteht. Dabei wurden neben der aktuellen Einschätzung der WHO rund 1000 Studien und Veröffentlichungen in die Bewertung miteinbezogen. Es gibt nach meiner Einschätzung keinen Grund an der Expertise des BfR zu zweifeln. Denn das BfR befindet sich mit seiner Einschätzung im Einklang mit anderen nationalen und internationalen Bewertungsbehörden.

Der Einschätzung des BfR ist auch die European Food and Safety Authority (EFSA) gefolgt und hat der Europäischen Kommission vorgeschlagen, den Wirkstoff Glyphosat auch weiterhin in Pflanzenschutzmitteln zu erlauben. Bereits mehrfach sollte dazu auf europäischer Ebene über die Zulassungsverlängerung von Glyphosat abgestimmt werden. Die Abstimmungen wurden allerdings jeweils vertagt, da sich keine notwendige Mehrheit der Mitgliedstaaten abzeichnete.

Am 6. Juni 2016 werden sich die EU-Mitgliedsstaaten mit dieser Frage wieder beschäftigen. Die Europäische Kommission hat öffentlich erklärt, nun eine befristete Zulassung von bis zu 18 Monaten vorschlagen zu wollen. In dieser Zeit soll die Europäische Chemikalienagentur eine weitere wissenschaftliche Prüfung von Glyphosat vornehmen. Auf Basis der Ergebnisse dieser Bewertung soll dann erneut über eine Wiederzulassung von Glyphosat entschieden werden.

Das halte ich für einen vertretbaren Kompromiss. Denn auf Grundlage der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse gibt es für ein Verbot von Glyphosat keinen sachlichen Grund. Das BfR hat dies in einer lesenswerten Zusammenstellung noch einmal sehr anschaulich deutlich gemacht und auch zu populären Missverständnissen rund um das Thema Glyphosat Stellung genommen. Sie finden die Zusammenstellung hier: http://www.bfr.bund.de/cm/343/populaere-missverstaendnisse-meinungen-und-fragen-im-zusammenhang-mit-der-risikobewertung-des-bfr-zu-glyphosat.pdf.

Unabhängig davon ist es meiner Ansicht nach von entscheidender Bedeutung, dass Pflanzenschutzmittel so sparsam wie möglich anzuwenden und so auszubringen sind, dass sie für Mensch und Natur möglichst unbedenklich sind. Dafür gelten in Deutschland sehr strenge Anwendungsbestimmungen und Grenzwerte für Rückstände, die in Lebensmitteln noch enthalten sein dürfen. Hier werden sehr hohe Sicherheitsmargen vorgeschrieben, um jedes Risiko so weit wie möglich auszuschließen.

Ohnehin weisen deutsche Lebensmittel seit Jahren sehr gute Ergebnisse bei der Überprüfung auf Pflanzenschutzmittelrückstände auf. Laut dem zuständigen Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit wurden bei über 98 Prozent der Lebensmittel keine bzw. nur minimale, also deutlich unter den strengen gesetzlichen Grenzwerten liegende, Pflanzenschutzmittelrückstände festgestellt.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen und meine Beweggründe nachvollziehbar darstellen.

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Stracke, MdB

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