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Stephan Mayer
CSU
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Frage von Thomas L. •

Frage an Stephan Mayer von Thomas L. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Mayer,

ich las heute in der ZEIT, dass Sie als Mitglied des Berliner Kreises einen ´Kurswechsel in der deutschen Klimapolitik verlangten, ein Ende der "moralischen Erpressung" durch die Klimaforschung und den "Abschied von deutschen Sonderzielen" bei der Bekämpfung der Treibhausgase.´

Die ZEIT weiter: ´Sie schreiben, "die mit dem Schmelzen des polaren Meereises verbundenen Chancen (eisfreie Nordpassage, neue Fischfangmöglichkeiten, Rohstoffabbau)" seien vermutlich sogar größer als "mögliche negative ökologische Effekte".´

Darf ich fragen, auf welche wissenschaftlichen Studien Sie sich dabei berufen?

Mich würde vor allem interessieren, wie diese sich verhalten zu den 9.200 peer-reviewed Studien, die in den 5. Sachstandsbericht des IPCC eingeflossen sind (von Ihnen offenbar als "Weltrettungszirkus" tituliert) und hinter denen Dutzende renommierte Universitäten und Forschungsinstitute weltweit stehen, u.a. auch deutsche.

Sind die Studien und Zahlen, auf die Sie sich berufen in Ihrer Vermutung, dass die Vorteile des Klimawandels die Nachteile überwiegen, öffentlich? Wenn ja, würden Sie diese bitte als Quellen hier veröffentlichen? Sind diese Studien auch durch das peer review Verfahren gegangen und deren Annahmen und Ergebnisse robust? Und auf welchen Grad des Klimawandels berufen sich Ihre Forderungen, 2°C, 3°C, 5°C o.a.?

Über eine Antwort würde ich mich freuen.
Beste Grüße

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Liesch,

haben Sie vielen Dank für Ihre Zuschrift vom 04.06.2017, welche Sie mir zum Thema der Klimapolitischen Forderungen des Berliner Kreises übermittelt haben.

Es ist mir eingangs ein ganz besonderes Anliegen ausdrücklich und aus voller Überzeugung zu betonen, dass ich mich in vollem Umfang zu den klimapolitischen Vereinbarungen von Paris bekenne, die die Bundesregierung auch einstimmig beschlossen hat und die Inhalte des Papiers vom Berliner Kreis in keinster Weise teile. Ich distanziere mich vollumfänglich und in aller Deutlichkeit von dem Papier des Berliner Kreises, oder besser gesagt, des CDU-Kollegen Dr. Philipp Lengsfeld, welches zu Beginn des laufenden Kalendermonates publik wurde. Ich wusste von diesem Klimaschutzpapier nichts und war auch in keiner Weise in die Erarbeitung des Papiers mit einbezogen.

Das Bundeskabinett hat nicht umsonst den Klimaschutzplan 2050 beschlossen. Er zeigt die Grundlinien für das Erreichen der langfristigen Klimaschutzziele auf und bietet damit für alle Akteure in Wirtschaft, Wissenschaft und Ge­sellschaft eine dringend notwendige Orientierung. Gleichzeitig sendet Deutschland damit ein wichtiges Signal an die Weltgemeinschaft. Der Plan macht deutlich, dass die Bundesregierung das Übereinkommen von Paris ernst genommen hat und bereit ist, Worten auch Taten folgen zu lassen. Deutschland will bis zur Mitte dieses Jahrhunderts weitgehend treibhaus-gasneutral werden. Im Klimaschutzplan 2050 werden dafür Zwischenziele für die Zeit nach 2020 verankert, erste Leitbilder für 2050 skizziert und vor allem mit Blick auf 2030 Meilensteine und die konkreten nächsten Reduktionsschritte beschrieben. Er schafft eine Architektur, innerhalb derer Maßnahmen konkretisiert und ihre Umsetzung überprüft werden können.

Darüber hinaus enthält der Klimaschutzplan eine Reihe von strategischen Maßnahmen, die auf das Jahr 2030 ausgerichtet sind. Einige dieser Maßnahmen möchte ich hier beispielhaft nennen:

* Im Bereich der Energiewirtschaft setzt die Bundesregierung eine Kommission Wachstum, Strukturwandel und Regionalentwicklung ein, die Länder, Kommunen, Gewerkschaften, Vertreter betroffener Unternehmen und Branchen sowie regionale Akteure einbinden wird. Die Kommission soll zur Unterstützung des Strukturwandels einen Instrumentenmix entwickeln, der wirtschaftliche Entwicklung, Strukturwandel, Sozialverträglichkeit und Klimaschutz zusammen bringt. Dazu gehören notwendige Investitionen in den vom Strukturwandel betroffenen Branchen und Regionen und deren Finanzierung. Die vorbereitenden Arbeiten sollen noch in der laufenden Legislaturperiode begonnen werden, damit die Kommission ihre Arbeit Anfang 2018 aufnehmen und Ergebnisse möglichst bis Ende 2018 vorlegen kann.
* Der Klimaschutzplan enthält einen Fahrplan für einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand. Zentral sind dabei die schrittweise Weiterentwicklung der energetischen Standards für Neubauten und langfristige Sanierungsstrategien für den Bestand. Bei der Wärmebereitstellung wird die Bundesregierung die Förderung zukünftig auf Heizsysteme konzentrieren, die auf erneuerbaren Energien beruhen.
* Ein Klimaschutzkonzept Straßenverkehr wird aufzeigen, wie die Treibhausgasemissionen bis 2030 gemindert werden können. Dies wird vor dem Hintergrund der entsprechenden Vorschläge auf EU-Ebene erfolgen. Dabei werden die Emissionen von PKW, leichten und schweren Nutzfahrzeugen einbezogen. Außerdem werden Fragen der treibhausgasfreien Energieversorgung, der dafür notwendigen Infrastruktur und der Sektorkopplung (durch Elektromobilität) adressiert.
* Die Bundesregierung wird gemeinsam mit der Industrie ein auf die Minderung klimawirksamer industrieller Prozessemissionen ausgerichtetes Forschungs- und Entwicklungsprogramm auflegen, das sich am Ziel der Transformation hin zur Treibhausgasneutralität orientiert. Dabei wird auch die Option der industriellen Kreislaufführung von Kohlenstoff (CCU) berücksichtigt.
* Im Bereich der Landwirtschaft wird sich die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern für die vollständige Umsetzung und den konsequenten Vollzug des Düngerechts einsetzen, so dass der Zielwert der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie von 70 kg Stickstoff pro Hektar zwischen 2028 und 2032 erreicht wird.

All dies sind Maßnahmen und klimapolitische Perspektiven, mit denen ich mich identifiziere, die ich aus voller Überzeugung vertrete und die diametral zu dem stehen, was der Berliner Kreis Anfang Juni 2017 veröffentlicht hat. Der Berliner Kreis folgt mit seinem Papier unter der Überschrift Klima- und energiepolitische Forderungen somit einer Logik, dass die weltweite Vereinbarung einseitig zu Lasten eines Landes ginge und Arbeitsplätze kosten würde, dem ich hiermit dezidiert widerspreche. Ich teile dieses in keinster Weise.

In der Hoffnung, sehr geehrter Herr Liesch, Ihnen hinreichend Klarheit zu meiner Position gegenüber dem Papier des Berliner Kreises Klima- und energiepolitische Forderungen geschaffen zu haben, stehe ich Ihnen natürlich auch weiterhin jederzeit sehr gerne für Rückfragen zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Mayer

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