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Stephan Mayer
CSU
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Frage von Elke H. •

Frage an Stephan Mayer von Elke H. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Herr Mayer,
Ihre Partei möchte die Haftung für Schäden aus der Anwendung der Gentechnik nicht den Verursachern auferlegen, sondern die Allgemeinheit, die laut aktueller Forsa-Umfrage zu über 3/4 die Agrogentechnik ablehnt, dafür heranziehen. Ist das mit Ihrem christlichen Verständnis von Gerechtigkeit vereinbar? Hat es in Ihren Augen noch mit Demokratie zu tun, die Interessen einer Über-3/4-Mehrheit einfach zu ignorieren, um einigen globalen Großkonzernen Macht und Geld in die Hände zu spielen? Sind Sie etwa daran beteiligt?
Seien Sie sich Ihrer Verantwortung bewußt!

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Antwort von
CSU

Sehr geehrte Frau Hochreiter,

dankend habe ich Ihre Anfrage vom 15.09.2005 zum Thema Landwirtschaft erhalten.

Sie beziehen sich in Ihrem Schreiben auf Erhebungen, wonach über 3/4 der Bevölkerung gegen den Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion zu verzeichnen sei. Diese Aussage verzerrt die Lebenswirklichkeit.

Nach einer Anfang April 2004 veröffentlichten polis-Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse Agentur (dpa) lehnen zwar 51% der Deutschen Gentechnik in Lebensmitteln ab. 47% der Deutschen können sich aber vorstellen, Produkte mit genetisch veränderten Inhaltsstoffen zu kaufen. Hierbei zeigen 20% der Befragten generell keine Vorbehalte und weitere 27% wollen auch nach Eintreten einer Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Bestandteilen bei Produkten bleiben, die sie schon vorher gekauft haben. Vor allem jüngere Menschen unter 35 Jahren zeigen mehr Gelassenheit in punkto Gentechnik in Nahrungsmitteln.

Dieses Umfrageergebnis dürfte der Lebenswirklichkeit viel näher kommen. Denn zum einen werden viele Produkte aufgrund ihres Preisvorteils überzeugen. Viele genetisch veränderte Vorprodukte von Lebensmitteln sind aufgrund z.B. geringeren Herbizid-Einsatzes günstiger, was sich positiv auf den Endpreis auswirkt.

Zum anderen beruht eine pauschale Ablehnung der Pflanzengentechnik in weiten Teilen auf Unkenntnis der tatsächlichen Lage, wie die Aussage zeigt, man werde Produkte weiterkaufen, die man schon immer gekauft habe. Denn schon jetzt wird Gentechnik bei der Lebensmittelproduktion in weitaus größerem Umfang genutzt als weithin bekannt. So werden schon jetzt gentechnisch modifiziertes Soja-Lecithin für Weiterverarbeitung zu Schokolade u.a. hergestellt, Emulgatoren und Vitamin E aus gv-Soja hergestellt, Speiseöl aus genetisch verändertem Mais oder Raps hergestellt, genetisch hergestellte Aminosäuren L-Lysin und L-Threonin für die Futtermittelherstellung benutzt, gv-Chymosin als Labferment für die Käseherstellung genutzt, genetisch veränderte Enzyme für die Herstellung von Backwaren oder sogar für die Herstellung umweltschonender Waschmittel genutzt. Gentechnik ist also längst auf dem Teller und an der Gabel. Dies hat auch Bundesministerin Künast auf der Grünen Woche 2004 eingeräumt.

Was die Haftung für Schäden aus der Anwendung der Gentechnik anbelangt, so muss das Gentechnikgesetz aus Sicht der Union das Haftungsrisiko für Anwender, Saatzüchter und private Forschungsunternehmen kalkulierbar machen, um damit dem privaten Versicherungswesen eine verlässliche Grundlage für ihre Tätigkeit zu bieten. Natürlich soll jeder die Verantwortung für sein eigenes Verschulden übernehmen. Ein individuelles Verschulden kann aber nur dann vorliegen, wenn die Verwendungsvorschriften nicht eingehalten wurden. Eine verschuldensunabhängige Haftung bei der Verwendung der Grünen Gentechnik lehnt die Union ab. Beispielhaft ist eine Lösung, wie sie in den Niederlanden geschaffen wurde. Dort haben sich alle Betroffenen, einschließlich der Ökolandwirte, auf einen übergeordneten Haftungsfonds für Schäden durch unkalkulierbare Eventualitäten – nicht für Schäden durch persönliches Verschulden – geeinigt.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Stephan Mayer, MdB

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