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Stefan Zierke
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Frage von Arvid R. •

Frage an Stefan Zierke von Arvid R. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Hr. Zierke,

das CETA Abkommen liegt in Vertragsform nun in gewisser Weise öffentlich vor. Aus dem Vertragtext lassen sich für das Gemeinwohl gravierende Einschnitte ableiten, u.a. dass:
• Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken müssen Finanzkonzernen zum Kauf angeboten werden; eine Ausrichtung an der Gemeinnützigkeit ist Vertragsbruch.
• Wo Feuerwehr, Rettungswesen, Gesundheitsversorgung, Wasser- und Stadtwerke, Justizvollzug, Schwimmbäder, Theater, Müllentsorgung oder Recyclingsysteme als kommunale Dienstleistung betrieben werden, kann eine Privatisierung eingeklagt werden.
• Privatunternehmen dürfen nicht mehr rekommunalisiert werden
• Wer eine Volkshochschule subventioniert, muss ausländische Bildungsanbieter ebenso bezuschussen.
• Verbesserungen in Tierschutz, Umweltgesetzgebung oder der Kennzeichnung von genmanipulierten oder mit Chlor behandelten Nahrungsmitteln sind als Handelshemmnisse“ anfechtbar.
• Das Investitionsschutzkapitel von CETA erlaubt kanadischen Konzernen, europäische Staaten auf Schadensersatz zu verklagen, wenn demokratische Entscheidungen ihren Geschäftsinteressen zuwiderlaufen. Wenn steuerliche Regelungen oder kommunale Gebühren einen Investor hart treffen, kann er dagegen klagen.

Ich möchte gern von Ihnen wissen:
- ob Sie sich detailliert mit dem Abkommenstext vertraut gemacht haben?
- ob Sie die oben benannten Probleme die aus CETA dem Gemeinwohl entstehen würden, abseits der Vereinheitlichung der PKW Blinkergrößen, Schalter Normung etc., ebenso sehen?
- Ob Sie bei einer Bundestagsabstimmung das Abkommen wegen den oben genannten Punkten ablehen, bzw. nachverhandeln würden?

Als Kenner der Region, Ihres Wahlkreises (Sparkassen, Feuerwehr, Mittelständische Unternehmen, kommunale Betriebe) müßte Ihnen sicherlich an der Stärung dieser Strukturen gelegen sein. Auch die Rekommunalisierung spielt im Energiebereich eine große Rolle um die Einnahmen der Kommunen auf bessere Füße zu stellen und regionale Wertschöpfung zu generieren.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Rückert,

für Ihre Anfrage zum geplanten Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada, dem Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA), danke ich Ihnen sehr herzlich.

Ziel des umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommens ist es, die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Wirtschaftsräumen zu intensivieren und damit einen Beitrag zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, aber auch für faire Handelsregeln zu leisten. Es entspricht dem deutschen Interesse eines weiteren Abbaus von Handelshemmnissen, von dem gerade auch kleine und mittelständische Betriebe in Europa, Deutschland und der Region profitieren.

Vor diesem Hintergrund befinde ich mich in einem engen und stetigen Austausch mit meinen Fachkolleginnen und -kollegen des Ausschusses für Wirtschaft und Energie und lasse mich auch von meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern regelmäßig über neueste Entwicklungen informieren.

Gerne gehe ich im Folgenden näher auf die weiter geäußerten Kritikpunkte ein.

Entgegen Ihrer Bedenken wird das „CETA“-Abkommen keinen Druck in Richtung einer Liberalisierung öffentlicher Dienstleistungen ausüben. Eine Privatisierung kommunaler Dienstleistungsunternehmen kann auch nach Abschluss des Abkommens nicht einfach eingeklagt werden. Vielmehr stellt der Entwurf des CETA-Abkommens sicher, dass die Kommunen weder in ihrer Handlungsfreiheit, noch bei der Ausübung ihrer Daseinsvorsorgeverpflichtungen eingeschränkt werden. Auch in Zukunft können Kommunen frei, unabhängig und transparent darüber entscheiden, ob sie ein kommunales Unternehmen privatisieren oder ein privates Unternehmen der öffentlichen Daseinsfürsorge rekommunalisieren. CETA beinhaltet hier den gleichen Vorbehalt gegen Marktöffnungsverpflichtungen, wie er bereits in anderen Abkommen der EU enthalten ist und wie er sich insbesondere im WTO-Dienstleistungsabkommen GATS (General Agreement on Trade in Services) seit dem Jahr 1995 bewährt hat.

Ferner ist die Verankerung des sogenannten „right to regulate“ ein gemeinsames Interesse beider Vertragsparteien. Bereits die Präambel des CETA-Vertragstextes betont daher die Wahrung der gesetzgeberischen Handlungsfreiheit und die fortbestehende Möglichkeit, legitime Interessen des Allgemeinwohls zu schützen, etwa im Bereich der öffentlichen Gesundheit, Sicherheit und Umwelt.

Grundsätzlich bleiben auch alle Anforderungen in Gesetzen und Rechtsvorschriften bezüglich des hiesigen Arbeits-, Umwelt- und Verbraucherschutzes in Kraft. Veränderungen des Schutzniveaus im Rahmen eines Handelsabkommens dürfen nur nach oben gerichtet sein.

In Bezug auf die geäußerte Kritik an der Schiedsgerichtsbarkeit verweise ich nicht zuletzt auf meine entsprechenden Ausführungen zu den „abgeordnetenwatch.de“-Anfragen vom 5. Dezember 2015 und vom 21. Januar 2016. EU-Handelskommissarin Malmström hat mittlerweile angekündigt, die maßgeblich auf deutsche Vorschläge zurückgehende, im Rahmen der TTIP-Verhandlungen mittlerweile europäisch abgestimmte Position zu Investitionsschutzklauseln auch mit Kanada zu erörtern.

Bitte haben Sie Verständnis, dass ich über mein endgültiges Abstimmungsverhalten erst nach Ablauf aller parlamentarischen Beratungen entscheide. Ich kann Ihnen jedoch versichern, dass es ein CETA-Abkommen mit der SPD nur dann geben wird, wenn es im Interesse der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland und in Brandenburg liegt.

Mit freundlichen Grüßen

Stefan Zierke

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