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Sören Bartol
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Frage von Dirk E. •

Frage an Sören Bartol von Dirk E. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Bartol.

Meine Frage an Sie ist, werden Sie sich noch dafür einsetzen das die Verbesserung bei der Erwerbsminderungsrente auch auf Bestandserwerbsminderungsrentner ausgeweitet wird?
Wenn nein, warum nicht. Die Stichtagsregelung lasse ich hier nicht gelten, weil bei der Mütterrente und auch bei beabsichtigen Grundrente wenden Sie diese ja auch nicht an.

Gerade altfälle würden von der Besserrechnung profitieren weil durch die Umstellung auf die Erwerbsminderungsrente 2001 und die daraus resultierenden Schwierigkeiten bei Rechtsansichten hat oft zu langen Rechtsstreitigkeiten und zu faulen Kompromissen vor Gericht geführt, meistens zu lasten der versicherten.

Schön finde ich das sie ihre Fehler erkannt haben und diese mehrfach korrigiert haben.
Aber warum lassen sie den Bestand außen vor?
Sie haben mit ihrem Schicksal was sie sich nicht selbst ausgesucht haben doch schon genug zu kämpfen.
Warum wird also gerade auf diese Gruppe die Stichtagsregelung angewendet?

Ich persönlich fühle mich dadurch diskriminiert, weil mich mein Schicksal zu falschen Zeit ereilt hat.

Mfg
D. E.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr E.,

es ist tatsächlich so, dass die Regelungen zur Verbesserung der Situation von Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner nur für sogenannte Neurentner gelten. Menschen, die bereits Erwerbsminderungsrente beziehen, profitieren leider nicht von den im Koalitionsvertrag vorgesehenen Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente. Diese Situation ist für diejenigen, die schon vorher in Rente waren, sehr unbefriedigend. Wir als SPD würden uns wünschen, dass Verbesserungen in diesem Bereich auch für Bestandsrentnerinnen und -rentner gelten. Daran arbeiten wir. Bei den Koalitionsverhandlungen sind wir hier aus Kostengründen nicht weitergekommen. Auch gibt es in der Union Stimmen, die dort keine Verbesserungen wollen. Wir setzen uns aber weiter dafür ein, dass wir noch in dieser Legislatur Verbesserungen erzielen, wohlwissend, dass das mit der Union sehr schwer wird.

Insgesamt ist das Thema relativ kompliziert und vielschichtig, verschiedene Aspekte gilt es zu berücksichtigen:
Aus der kontinuierlich schlechter werdenden Situation von Erwerbsminderungsrentnern – über 10 Prozent der Neurentner sind auf ergänzende Leistungen der Grundsicherung angewiesen – hatte die SPD bereits im Wahlprogramm der SPD zur vorletzten Bundestagswahl Konsequenzen gezogen. In der letzten Wahlperiode gab es dann eine zweimalige Erhöhung der Zurechnungszeit für neue Erwerbsminderungsrenten. Für künftige Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner wird sich die Situation durch die längere Zurechnungszeit deutlich verbessern. Darüber hinaus haben wir mit dem Flexirentengesetz eine Änderung der Hinzuverdienstregelungen geregelt, die zu deutlichen Verbesserungen führt. Nunmehr wurden im Entwurf des Koalitionsvertrages eine Vorverlegung der Erhöhung der Zurechnungszeiten und eine Verlängerung dieser verabredet. Der Gesetzentwurf wurde unlängst verabschiedet – die Änderungen treten ab 1. Januar 2019 in Kraft.

In der Regel ist es immer so, dass Veränderungen in der gesetzlichen Rentenversicherung nur für neue Rentner gelten. Natürlich ist das für Versicherte, die kurz vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Regelungen oder generell früher in Rente gingen, persönlich sehr ärgerlich. Würde man die Regelungen auch auf den Bestand übertragen, so müsste eine komplette Neuberechnung auf Grundlage des jetzt geltenden Rechts vorgenommen werden; was nicht nur mit einem enormen Verwaltungsaufwand verbunden wäre, sondern im Einzelfall – durch andere zwischenzeitlich erfolgte Rechtsänderungen - auch zu Verschlechterungen führen könnte. Auch die Frage der Abschaffung der Abschläge wirft vor diesem Hintergrund mehr Fragen als Antworten auf,– eine gerechte und rentenrechtlich stimmige Lösung war hier zu keinem Zeitpunkt in Sicht.

Das Problem „Stichtage in der Rentenversicherung“ war schon häufig Gegenstand gerichtlicher Überprüfungen, bis zum Bundesverfassungsgericht. Stichtage sind im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung notwendig, gerade um „willkürlichen“ Entscheidungen zu begegnen. Ohne sie wären die Möglichkeiten zu Gesetzesänderungen mit dem Ziel der Weiterentwicklung des Sozialversicherungsrechts und seiner Anpassung an geänderte Verhältnisse sehr begrenzt. Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung bekräftigt, dass der Gesetzgeber Stichtage setzen kann, sofern diese nicht als völlig willkürlich erscheinen. Rechtfertigungen für Stichtage können in versicherungs- und rentensystematischen Gründen liegen, aber auch in finanziellen Erwägungen oder in Erfordernissen der verwaltungsmäßigen Durchführbarkeit. Dies bedeutet, der Gesetzgeber muss verfassungsmäßige Grundsätze wahren und darf nicht in bereits laufende Ansprüche verschlechternd eingreifen. Es liegt auf der Hand, dass auch diejenigen, die die Voraussetzungen eingeführter Vertrauensschutzregelungen nicht erfüllen, hierüber enttäuscht sind. Dies ist für Vertrauensschutzregelungen jedoch nie zu vermeiden. Jede andere Abgrenzung würde von anderen Personengruppen, die dann nicht in den Vertrauensschutz einbezogen sind, wiederum als Härte empfunden. Insofern ist jede Regelung, die aus sozialpolitischen Gründen einen bestimmten Personenkreis begünstigt, für diejenigen „nachteilig“, die nicht zu diesem Personenkreis gehören. Würde das Gesetz solche Stichtagsregelungen nicht kennen, wären auch Verschlechterungen durch neue Gesetzgebung möglich. Stichtage sind insofern auch ein Schutz für bereits laufende Renten.

Zugleich ist Ihre Erwartung, auch etwas für die Menschen zu tun, die bereits eine Erwerbsminderungsrente beziehen, nachvollziehbar. Wir als SPD Fraktion finden es unbefriedigend, dass rund ein Sechstel der Bezieherinnen und Bezieher einer Erwerbsminderungsrente auf ergänzende Grundsicherungsleistungen angewiesen sind. Zum Vergleich: Grundsicherungsbezug spielt in der Bevölkerung im Erwerbsalter (unter 10 %) und erst Recht bei Rentnerinnen und Rentner (um die 3%) eine deutlich kleinere Rolle. Deshalb war es uns wichtig, etwas für Menschen in Erwerbsminderung zu tun, wie wir es mit der zweimaligen Verlängerung der Zurechnungszeiten getan haben.

Als SPD werden wir auch weiterhin nach Lösungen suchen, um auch die Situation von Bestandsrentnerinnen und -rentnern zu verbessern. Auch wenn ich Ihnen noch keine kurzfristige Verbesserung in Aussicht stellen kann, hoffe ich Ihnen die Hintergründe etwas näher gebracht zu haben. Ihre Anfrage werden wir in unsere Arbeit einbeziehen.

Mit freundlichen Grüßen
Sören Bartol

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