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Frage von Dirk Michael G. •

Frage an Simon Rottloff von Dirk Michael G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Rottloff

Als Mitglied von Amnesty International Wiesbaden möchte ich meine Wahl-Entscheidung im September vor Allem von der Haltung der Kandidatinnen und Kandidaten zu menschenrechtlichen Fragen und Problemen abhängig machen.
Deshalb würde mich Ihre Meinung zu folgenden aktuellen Forderungen von Amnesty International interessieren. Dankbar wäre ich für eine Stellungnahme, die zeigt, welche Schritte Sie konkret unternehmen würden auf dem Weg zur Durchsetzung der Anliegen von Amnesty International.

Deutschland muss sich für den Zugang zu fairen Asylverfahren in allen EU-Mitgliedstaaten einsetzen. Rücküberstellungen von Asylsuchenden dürfen solange nicht durchgeführt werden, wie kein Zugang zu einem fairen Asylverfahren – wie derzeit in Griechenland – besteht.
Die Aufnahme von Flüchtlingen darf nicht auf Staaten außerhalb der EU verlagert werden, insbesondere nicht auf Länder, deren Flüchtlingsschutz völlig ungenügend ist.
Die Bundesregierung wird aufgefordert, das Ende 2011 eingerichtete Resettlement-Programm für Flüchtlinge in Deutschland zu verlängern und zugleich das Kontingent zu erhöhen. Dringend bedarf es einer Gesetzesänderung, damit neu angesiedelte Flüchtlinge rechtlich mit den hier anerkannten Flüchtlingen gleichgestellt sind. Nur so können Schwierigkeiten insbesondere bei der Familienzusammenführung vermieden werden.
Für den umfassenden Schutz von Flüchtlingen muss die neue Bundesregierung wirksamen Eilrechtsschutz gegen Abschiebungen in andere EU-Mitgliedsstaaten gewähren. Das sogenannte „Flughafenverfahren“ ist abzuschaffen, da die Betroffenen (auch Minderjährige) faktisch inhaftiert und Rechtsmittelfristen unangemessen verkürzt werden. Abschiebungshaft darf immer nur als letztes Mittel angeordnet werden.

Mit freundlichen Grüßen,

Dirk Michael Goldschmidt

presse@amnesty-wiesbaden.de

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Antwort von
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Thema:
Sehr geehrter Herr Goldschmidt,

herzlichen Dank für die Fragen zum Thema Flüchtlingsrecht in Deutschland.

Welche Tragweite das Thema hat, wird erkennbar, wenn man sich verdeutlicht, dass heute weltweit rund 16 Millionen Männer, Frauen, Kinder und Jugendliche aus ihren Heimatländern geflohen sind. Zu dieser erschreckenden Zahl kommen weitere 27,5 Millionen so genannte Binnenflüchtlinge[1] hinzu. Menschen fliehen vor persönlicher Verfolgung, Diskriminierung, vor der Gewalt von Bürgerkriegen, vor Hunger und Naturkatastrophen.

Wie Sie vielleicht wissen, feiert die SPD in diesem Jahr ihr 150jähriges Bestehen. In dieser Zeit mussten auch viele Sozialdemokraten fliehen: Vor den Schergen des deutschen Kaisers unter ihnen Eduard Bernstein, Julius Motteler und Georg von Vollmar. Ab 1933 flohen Genossinnen und Genossen wie Otto Wels, Erich Ollenhauer, Ernst Reuter und Willy Brandt vor den Schlägern und Folterern der SA und der Gestapo. Insgesamt fanden eine halbe Million Flüchtlinge aus Deutschland in mehr als 80 Staaten Schutz und Zuflucht während der Naziherrschaft. Auch aus der SBZ / DDR mussten Genossinnen und Genossen fliehen, unter ihnen Hermann Brill, Albert Schulz und Hans Hermsdorf.

Ich hole so weit aus, weil das Eintreten für eine menschenwürdige Flüchtlingspolitik nicht nur etwas mit unseren Grundwerten, Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität zu tun hat. Es hat auch etwas mit unserer eigenen Geschichte zu tun. Dieser Aufgabe stellen wir uns „ohne Angst und Träumereien“ (Johannes Rau). Wir wollen, dass sich unser hoher Anspruch in der Ausgestaltung des Flüchtlings- und Verfahrensrechts genauso widerspiegelt wie im konkreten Verwaltungshandeln. Dazu gehört auch, dass wir vor Ort die Kommunen durch die Schaffung der leistungsrechtlichen und materiellen Voraussetzungen unterstützen, um Flüchtlinge und AsylbewerberInnen angemessen zu betreuen und für die, die länger bei uns bleiben, eine nachhaltige Integration zu ermöglichen.

Jetzt komme ich auf Ihre Fragen: Und ich kann es mir an dieser Stelle einfach machen. Zu all ihren Fragen haben wir in unserem Regierungsprogramm < http://www.spd.de/linkableblob/96686/data/20130415_regierungsprogramm_2013_2017.pdf > (Seite 59/60) für die Bundestagswahl am Sonntag klar Position bezogen.

*„Menschen, die Verfolgung, Krieg und Bürgerkrieg, Diskriminierung und Armut in den Herkunftsländern fliehen müssen, wollen wir in Deutschland und der Europäischen Union Schutz gewähren. Schutz benötigen insbesondere Mädchen und Frauen, die Opfer von Menschenhandel oder Gewalt geworden sind.*

*Entsprechend der UN-Kinderrechtskonvention werden wir zügig dafür Sorge tragen, dass alle Kinder im deutschen Flüchtlingsrecht endlich auch wie Kinder behandelt werden.*

*[siehe auch bereits entsprechenden Antrag der SPD-Bundestagsfraktion: Drs. 17/57 ]*

*Wir wollen die sogenannte Residenzpflicht für Asylbewerber und Geduldete aufheben und zwecks gerechter Kostenverteilung zwischen den Ländern wie auch den Kommunen auf eine Wohnsitzauflage beschränken, die aber auch durchgesetzt werden muss.*

*[siehe auch bereits entsprechenden Antrag der SPD-Bundestagsfraktion: Drs. **17/5912 ]*

*Das sogenannte Flughafenverfahren hat heute angesichts sehr geringer Fallzahlen nur noch eine geringe Bedeutung. Deshalb wollen wir das Verfahren, das mit erheblichen Restriktionen verbunden ist, aussetzen.*

*Im Rahmen verfügbarer Kursplätze wollen wir Asylbewerber und Geduldete künftig auch die Teilnahme an Integrationskursen ermöglichen. *

*[siehe auch bereits entsprechenden Antrag der SPD-Bundestagsfraktion: Drs. 17/9974 ]*

*Die Leistungen für Asylbewerber werden wir nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts reformieren und den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern. *

*[siehe auch bereits entsprechenden Antrag der SPD-Bundestagsfraktion: Drs. 17/11674 )]*

*Um lange in Deutschland lebenden geduldeten Menschen eine Perspektive zu geben, wollen wir eine weitergehende Bleiberechtsregelung schaffen: Wir werden das Aufenthaltsgesetz so ändern, damit bislang ausreisepflichtigen Jugendlichen und Heranwachsenden nach erfolgreichem Schulbesuch sowie sonstigen ausreisepflichtigen Personen in Fällen nachhaltiger Integration ein stichtagsunabhängiges Bleiberecht eingeräumt wird.*

*[siehe auch bereits entsprechenden Antrag der SPD-Bundestagsfraktion: Drs. 17/207 bzw. 17/7933< http://www.nds-fluerat.org/wp-content/uploads/2011/12/GesetzentwurfSPD_Bleiberecht.pdf > ]*

*Wir werden eine menschenrechtskonforme Flüchtlingspolitik in der EU voranbringen, einschließlich eines solidarischen Ausgleichs. *

*Gemeinsam mit dem UNHCR werden wir ein bundesweites Programm für Resettlement für Kontingentflüchtlinge ausbauen und verstetigen.“*

* *

Ich hoffe, dass wir mit unseren Positionen Ihren Vorstellungen einer humanitären Flüchtlingspolitik nahe kommen.

Mit freundlichen Grüßen Ihr Bundestagskandidat für den Wahlkreis
Wiesbaden
Simon Rottloff