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Sevim Dağdelen
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Frage von Yasar M. •

Frage an Sevim Dağdelen von Yasar M. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Dagdelen,

des öfteren konnte ich lesen, dass Sie die Regelung zum Ehegattennachzug aus Ländern wie der Türkei im Zuwanderungsgesetz als verfassungwidrig betrachten.

Falls dem so ist, frage ich mich, warum Sie bzw. Ihre Partei keine Verfassungsbeschwerde gegen diese Gesetz einlegen bzw. eingelegt haben?

Freundliche Grüße,

Yasar Mert

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Sehr geehrter Herr Mert,

in der Tat stehe ich den restriktiven Regelungen zum Ehegattennachzug, wie er auf Initiative der Regierungskoaltion aus SPD und CDU/CSU im Zuwanderungsgesetz niedergelegt wurde ablehnend gegenüber. Untergräbt er doch den sonst so hoch gehaltenen Schutz von Ehe und Familie gerade hier zum Nachteil von Familien mit bestimmtem Migrationshintergund und im Widerspruch zu Art.6 des Grundgesetzes und Art. 8 der europäischen Menschenrechtskonvention. Nach Studium zahlreicher Gutachten und Aufsätze bin ich mir sicher: Das ist verfassungswidrig!

Die LINKE. hat ihre parlamentarischen Möglichkeiten gegen die Einführung dieser Regelung ausgeschöpft. Leider besteht aus formalen juristischen Gründen keine weitergehende Erfolgsaussicht von Seiten der Fraktion hiergegen vorzugehen.
Die Verfassungsbeschwerde ist Personen vorbehalten, die selbst von einem Akt des Staates, sei es ein Gesetz oder eine behördliche Entscheidung, betroffen sind. Die sonst noch in Betracht kommende Möglichkeit eines sogenannten abstrakten Normenkontrollantrages, scheitert an der hierfür zu kleinen Zahl der Abgeordneten der LINKEN. im Bundestag. Denn ein solcher Antrag müsste von einem Drittel der Mitglieder des Bundestages getragen werden.
Meine Fraktion und ich versuchen durch die regelmäßige Befragung der Bundesregierung die Öffentlichkeit über diese rigide und unmenschliche Praxis aufzuklären, zu informieren und die Entwicklung aufzuzeigen. Dies werden wir auch weiterhin tun.

Es scheint inzwischen zum festen Bestandteil der Politik der Bundesregierung geworden zu sein, die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen den Individuen zu überlassen, für die es natürlich ungleich schwieriger ist, den Rechtsweg auszuschöpfen und vor das Bundesverfassungsgericht zu treten. Vor diesem Hintergrund ist es besonders bitter, dass in der abschließenden Beratung im Bundestag SPD-PolitikerInnen ihre Bedenken, ja fast schon ihre Überzeugung über die Verfassungswidrigkeit äußerten, um anschließend in der Abstimmung für das Gesetz zu stimmen.

Mit freundlichen Grüßen,

Sevim Dagdelen

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