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Sebastian Hartmann
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Frage von Gerhard V. •

Frage an Sebastian Hartmann von Gerhard V. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Hartmann,

zu meiner Person : Eingezahlt in die Sozialkassen habe ich 46 Jahre und bin seit 3 Jahren Rentner. Ich engagiere mich in dem Verein www.adg-ev.de. Wir setzen uns für einen sozialen und gerechten Staat ein.

Ich bin eine Verfechter der Idee einer neuen Bürgerversicherung sowohl für die Altersversorgung als auch der Krankenversicherung. Die Bestätigung, dass dies bitter nötig ist, hat mir die Veröffentlichung der IMK Studie über die versicherungsfremden Leistungen der Sozialversicherung geliefert. Untersucht wurde das Jahr 2016 und die Hans-Bökler-Stiftung hat diese im April 2018 veröffentlicht. Die Ergebnisse sind erschreckend:

So wurde der Rentenversicherung m i n d s t e n s 26,1 Mrd. € zuwenig Bundeszuchuss überwiesen.
Die gesetzliche Krankenversicherung fehlten 28,7 Mrd. € Bundeszuschuss und
der Bundesagentur fehlten ebenfalls 3,3 Mrd. € Bundeszuschuss.
Gesamt fehlten den Sozialkassen m i n d s t e n s 58,1 Mrd. €

https://www.boeckler.de/pdf/p_imk_study_60_2018.pdf?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=ADG-Newslettert+2018%2F3

Gemessen an den Ausgaben des Bundeshaushalt finanzieren die sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer ca. 20% des gesamten Bundeshaushaltes im 2016 über die zuviel bezahlten Beiträge.
Und diesen Fehlbetrag müssen nur die Arbeitnehmer/innen schultern. Bei ca. 41 Mil. versicherungspflichtigen Arbeitnehmer/innen bedeutet das eine finanzielle Belastung von durchschnittlich mindestens ca. 1.400 € pro Jahr pro Arbeitnehmer.
Und das seit 61 Jahren. Herr Teufel von der ADG ( www.adg-ev.de ) weist in seiner Tabelle, von 1957 bis heute, einen Fehlbetrag von über 800 Mrd. nur für die Rentenversicherung aus.

Werden sie, diese Thematik auf ihrer Klausurtagung im September 2018 zu diskutieren?

Wünschen würde ich mir ein Gespräch mit Ihnen über die Rentenpolitik. Mein Eindruck ist, dass zu solchen Gesprächen immer nur sogenannte Fachleute geladen werden.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr V.,

der Bundeszuschuss zur gesetzlichen Rentenversicherung wird seit 1957 aus Steuergeldern gezahlt. Die Umlagefinanzierung wurde damals mit Zustimmung aller Sozialpartner und der regierenden Parteien eingeführt. Die These allerdings, dass der Bundeszuschuss dafür gedacht war und ist, „versicherungsfremde Leistungen“ gegen zu finanzieren, ist so nicht richtig. Lediglich der finanzielle Umfang der derzeit nicht beitragsfinanzierten Leistungen wird durch den Bundeszuschuss seit einigen Jahren gedeckt. Dies heißt jedoch nicht, dass hier regelmäßig ein Abgleich erfolgt und dem Bundeszuschuss bestimmte Leistungen zugeordnet werden. Die Definition sogenannter versicherungsfremder Leistungen wird sehr verschieden gehandelt – je nachdem, wer hier definiert.
Das Thema der sachgerechten Finanzierung nicht beitragsgedeckter Leistungen ist aus der Sicht der Rentenversicherungsträger erledigt, seitdem der „zusätzliche Bundeszuschuss“ (ein Prozentpunkt des Umsatzsteueraufkommens seit 1998) eingeführt wurde. Damit fließt das gesamte Aufkommen aus der Öko-Steuer an die Rentenversicherung. Das Gesamtvolumen aller Zahlungen des Bundes an die Rentenversicherung liegt heute bei ca. 34 Prozent der Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung. Auch unter der Prämisse, dass die nicht vollständige Finanzierung der „versicherungsfremden Leistungen“ durch den Bund eine Fehlfinanzierung war, dann wurde diese Fehlfinanzierung bereits durch die damaligen Beitragszahler ausgeglichen. Die Rentenversicherung stünden aber heute nicht finanziell leistungsfähiger da.

Richtig ist - und dafür setzt sich die SPD ein: Das deutsche Sozialversicherungssystem ist ein Kern des deutschen Sozialstaates. Uns ist deshalb eine gerechte Finanzierung der Rente wichtig. Die Beitragszahlenden dürfen nicht überfordert werden. Höhere Einkommen müssen über Steuerzuschüsse an der solidarischen Finanzierung ausreichend beteiligt werden. Nicht zuletzt durch die Debattenbeiträge in den vergangenen Wochen hat die SPD gezeigt, dass für uns die Zukunft der Rente ein sehr wichtiges Anliegen ist. Wie Sie sicherlich wissen, wird eine Rentenkommission noch in dieser Legislaturperiode umfassende Vorschläge für eine Reform des Rentensystems geben. Ziel der Kommission ist es, Wege zu einer nachhaltigen Sicherung und Fortentwicklung der Alterssicherungssysteme ab dem Jahr 2025 zu finden und damit das Fundament zu schaffen für einen neuen, verlässlichen Generationenvertrag. Es ist vorstellbar, dass das Thema der versicherungsfremden Leistungen auch in diesem Rahmen thematisiert wird.

Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Hartmann

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