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Frage von Rainer M. •

Frage an Sabine Ponath von Rainer M. bezüglich Energie

Entschuldigen Sie, wenn ich Sie für ein wenig naiv halte. Aber wie wollen Sie den Atomausstieg finanzieren? Sie berufen sich gerne auf alternative Energien und Studien ihrer Partei, reden dabei aber ganz wie ihre Vorbilder ziemlich um den Brei herum. Legen Sie doch mal ein konkretes Rechenbeispiel für den LK Traunstein vor ...

MfG,
Rainer Mohnplaht

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Sehr geehrter Herr Ulrich Freiherr von Ribaupierre, sehr geehrter Herr
Rainer Mohnplaht, liebe Interessierte,

Da sich Ihre beiden Nachrichten an mich teils überschneiden, möchte ich in einer ausführlichen Antwort auf alle ihre Bedenken und Fragen eingehen. Da ich bis gestern auf Reisen war, werde ich im Laufe dieser Woche detailliert darauf eingehen. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich Sie so lange habe warten lassen. Ich hoffe, ich kann im Laufe der Woche entsprechend auf Sie eingehen.

Mit freundlichen Grüßen,

Sabine Ponath

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Sehr geehrter Herr Rainer Mohnplaht, Sehr geehrter Herr Ulrich Freiherr von Ribaupierre,

Vielen Dank noch einmal für Ihre Fragen.

Sie haben gefragt, wie und ob der Atomausstieg finanzierbar ist, bzw. wie ich die Lage im Landkreis Traunstein einschätze. In dieser Reihenfolge möchte ich nun auf Sie beide eingehen.

Der Ausstieg, wie er bislang geplant ist, ist durchaus finanzierbar und machbar. Eine Studie des Umweltbundesamts (UBA) zeigt etwa: Wenn wir den Stromverbrauch bis 2020 um 11 Prozent senken, Erneuerbare Energien auf knapp 30 Prozent der Stromerzeugung ausbauen und 25 Prozent des Stroms in modernen Kraftwerken mit Kraft-Wärme-Kopplung produzieren, ist die Versorgung gesichert.
Insbesondere wegen der Kosten ist es mir außerdem wichtig, dass Sie erfahren, dass Atomstrom den Preis keineswegs verbilligt:
Mit abgeschriebenen und hoch subventionierten Atomkraftwerken lässt sich in der Tat Strom billig erzeugen – für unter 2 Cent pro Kilowattstunde. Doch dieser Strom kommt nicht günstig beim Kunden an, sondern wird zu dem Preis verkauft, wie er sich an der Leipziger Strombörse bildet. Den Preis von derzeit etwa 7 bis 8 Cent bestimmen die Kraftwerke mit den höchsten Produktionskosten. Die Differenz zwischen billig erzeugtem Atomstrom und dem Marktpreis füllt nur weiter die Konzernkassen. Jedes Jahr, in dem die 17 deutschen Atomreaktoren weiterlaufen, bringt den Unternehmen einen zusätzlichen Gewinn von rund 10 Milliarden Euro. Der Vorstandschef der EnBW Hans-Peter Villis hat ebenso darauf verwiesen, dass sich der Strompreis am Markt bildet und die Stromwirtschaft nicht bereit ist, zusätzliche Gewinne aus längeren Laufzeiten für den Ausbau der Erneuerbaren Energien zur Verfügung stellen oder die Strompreise zu senken.
Die Erzeugung von Atomstrom ist also nur günstig, da wir Steuerzahler ihn subventionieren.
Wir und nicht die Konzerne müssen im Falle eines Super-GAUs für Schäden aufkommen. Auf fünf Billionen Euro beziffert das Bundeswirtschaftsministerium die Kosten eines Unfalls – für den Löwenanteil davon müsste der Staat und damit wir alle aufkommen. Die Haftpflicht der Konzerne ist demgegenüber auf 2,5 Milliarden Euro begrenzt. Voll versichert müsste eine kWh Atomstrom über einen Euro kosten.
Zudem flossen seit Betrieb der Atomkraft in Deutschland etwa 100 Milliarden Euro öffentlicher Geldmittel als Subventionen in die Atomkraft. Einige Beispiele: 20 Milliarden Euro Subventionen gingen in Forschungsreaktoren, 9 Milliarden in gescheiterte Projekte wie die Wiederarbeitungsanlage Wackersdorf und den Schnellen Brüter Kalkar. 23 Milliarden Euro Steuermittel entgingen der öffentlichen Hand, da die Energiekonzerne Gewinne steuerfrei als Rückstellungen für die „Entsorgung“ von alten Reaktoren verbuchen durften. Im letzten Jahr wurde in Deutschland mit AKWs 22,1 % des Strombedarfs gedeckt, während die Erneuerbaren Energien bereits einen Anteil von 14% erreicht habe. Selbst die Bundesregierung geht davon aus, dass die Erneuerbaren Energien bis 2030 30% des Stromverbrauchs decken werden, also die AKWs vollständig ersetzen können.

Für den Landkreis Traunstein kann ich Ihnen leider persönlich kein Rechenbeispiel vorlegen. Es ist aber so, dass unser Landkreis, ebenso wie schon andere Vorläufer, auf dem Weg ist, rein auf erneuerbare Energien zu setzen: Schon im Jahr 2020 sollen fossile Brennstoffe und Atomkraft hier überflüssig und 100% auf erneuerbare Energien gesetzt werden. Ob dieses Ziel tatsächlich bis 2020 erreicht werden kann, bleibt zunächst abzuwarten. Fakt ist jedenfalls, dass jährlich im Landkreis rund 600 Mio. Kilowattstunden Strom verbraucht werden. Durch den hohen Anteil von Strom aus Wasserkraft, können wir bereits mehr als 50 % des Jahresverbrauchs aus erneuerbaren Energien decken. Der Rest stammt aus dem Nationalen Strommix. Zum genauen Anteil von Atomstrom kann ich vorerst keine Angaben machen, kann Ihnen aber gerne noch einmal Bescheid geben, wenn ich entsprechende Daten bekomme. Schreiben Sie mir doch einfach noch einmal eine persönliche E-Mail, dann habe ich Ihre Kontaktdaten hierfür.
Fraglich bleibt natürlich trotzdem, inwiefern sich der Strompreis für Sie ändern wird. Ich stelle hierbei langfristig eher positive Prognosen, da im Bereich der Windkraft, der Solarenergie und der Biomasse nach einigen Jahren in der Regel sogar Gewinn gemacht wird. Das zahlt sich auch für Sie aus. Versprechen kann und möchte ich allerdings an dieser Stelle nichts. Zu Berücksichtigen ist beim Traunsteiner Energiekonzept allerdings, dass es im Bereich der Heizenergie bislang nichts Entsprechendes gibt.

Am günstigsten ist es also sowohl heute, als auch in der Zukunft, in zunehmende Energieeinsparung zu investieren.

Ich hoffe ich konnte Ihre Frage für Sie ausreichend beantworten.

Mit besten Grüßen,

Sabine Ponath