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Sabine Lösing
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Frage von Alexander M. •

Frage an Sabine Lösing von Alexander M. bezüglich Wirtschaft

Guten Tag Frau Lösing,

welche Maßnahme unternehmen Sie , bzw welche Meinung haben Sie , die Gefahr der Privatisierungsmöglichkeit der Trinkwasserversorgung durch die Hintertür einer von der EU-Kommission zu erlassenen "Dienstleistungskonzession" zu verhindern?

a) können das die EU Parlamentarier überhaupt?
oder haben die Lobbyisten (VIOLIA RWE SUEZ,,,) die Kommission in fester Hand?

b) Was halten Sie von der Initiative einer "Bereichsausnahme"-Regelung seitens Iher Kollegin Frau Verheyen (CDU) ?

Mit freundlichen Grüßen
Alexander Mahlmann

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Mahlmann,

vielen Dank für ihre Frage auf die ich sehr gerne eingehe. Denn der Kampf gegen den Ausverkauf der öffentlichen Daseinsvorsorge ist mir ein zentrales Anliegen.

Ich lehne die Konzessionsrichtlinie ab. Diese Richtlinie scheibt zwar keine Privatisierung der Wasserversorgung in jedem Fall vor. Die Richtlinie erhöht allerdings den Druck auf Kommunen das Wasser zu privatisieren und europaweit auszuschreiben. Denn wenn das Auftragsvolumen eines mehrheitlich kommunalen Unternehmens (wie z. B. eines Wasserwerks) 8 Millionen Euro übersteigt und Leistungen, die nicht strikt unter die öffentliche Daseinsvorsorge fallen (z. B. Wasser an Unternehmen außerhalb der Kommune liefern), mehr als 20 Prozent der erbrachten Leistungen ausmachen, dann muss diese Konzession europaweit ausgeschrieben werden. Das hat zur Folge, dass große europäische Konzerne zum Zuge kommen können. Die Richtlinie sieht keine sozialen Kriterien vor, sodass eine Negativspirale bei Löhnen und Arbeitsbedingungen zu befürchten ist.

Kommunen könnten sich prinzipiell der Ausschreibungspflicht der Richtlinie entziehen, indem sie die Wasserversorgung rekommunalisieren und die Leistungen wieder selbst bereitstellen. Das können viele Kommunen wegen der angespannten Haushaltslage jedoch nur schwer realisieren. Auch sehen sich viele Kommunen wegen leerer Kassen nicht in der Lage notwendige Investitionen zu tätigen und vergeben deshalb Konzessionen an externe Anbieter oder öffnen ihre Wasserwerke in Teilen für Private. Auch deshalb tritt DIE LINKE. für eine bessere finanzielle Ausgestaltung der Kommunen ein.

Der Vorschlag von Sabine Verheyen die Wasserversorgung aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie zu nehmen, geht in die richtige Richtung. Allerdings geht er nicht weit genug. Denn nicht nur die Wasserversorgung ist von der Richtlinie betroffen, sondern ein Großteil der öffentlichen Daseinsvorsorge, wie z. B. die Altenpflege. Es reicht also nicht aus einzelne Bereiche aus dem Anwendungsbereich zu nehmen, sondern die Richtlinie muss vollständig verhindert werden.

Sie fragen außerdem, ob das EU-Parlament die Richtlinie überhaupt verhindern kann und ob Lobbyisten die EU-Kommission nicht zu sehr im Griff haben. Brüssel ist die Hauptstadt der Lobbyisten. Ein Heer von mehr als 15.000 Lobbyisten versucht europäische Gesetzgebungsprozesse in ihrem Sinn zu beeinflussen. Das ist zutiefst undemokratisch, weil keine Waffengleichheit herrscht. Banken und Chemieunternehmen können mehr Mittel in Lobbyarbeit investieren, als Umweltschützer und Sozialverbände. Daran ist u.a. eine anspruchsvolle Regelung im Umgang mit gefährlichen Chemikalien gescheitert: Die heute geltende REACH- Verordnung verzichtet unter Druck der Chemielobbyisten von BASF auf strenge Auflagen für Chemieunternehmen.

Kann die Richtlinie noch verhindert werden? Die Richtlinie befindet sich im sogenannten ordentlichen Gesetzgebungsverfahren. Das heißt, dass ein Richtlinienvorschlag der Kommission sowohl von den Regierungen im "Rat", als auch dem Europäischen Parlament gebilligt werden muss. Derzeit befindet sich der Vorschlag zur Konzessionsvergabe im Europäischen Parlament. Das Parlament könnte den Vorschlag der Kommission ablehnen. Das kommt allerdings selten vor. Denn im Parlament herrscht eine konservativ-liberale Mehrheit und die Lobbyisten haben leider auf viele Abgeordnete einen starken Einfluss.

Die Richtlinie zur Konzessionsvergabe hat leider dementsprechend eine Mehrheit im Binnenmarktausschuss des Europaparlaments gefunden. Der Vorschlag von Sabine Verheyen, das Wasser aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie zu entfernen, wurde übrigens abgelehnt. Nun muss die Richtlinie im Plenum des Europaparlaments verabschiedet werden. Im Plenum werde ich gegen diese Richtlinie stimmen und hoffe, dass wir es letztendlich schaffen werden diese Richtlinie zu verhindern. Das wird schwierig, aber wenn der öffentliche Druck erhalten bleibt, kann es gelingen die Richtlinie zu verhindern. Öffentlicher Druck durch Demonstrationen und Streiks ist die einzige Möglichkeit den Lobbyisten in Europa wirklich etwas entgegenzusetzen.

Wenn Sie weitere Informationen und Aktuelles zur Konzessionsrichtlinie erfahren wollen, empfehle ich Ihnen die Website meines Kollegen Thomas Händel, MdEP, der sich schwerpunktmäßig mit der Richtlinie befasst: http://www.thomas-haendel.eu/

Mit freundlichen Grüßen

Sabine Lösing