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Rolf Schwanitz
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Frage von Janina V. •

Frage an Rolf Schwanitz von Janina V. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Schwanitz,

ich interessiere mich sehr für die demokratische Legitimation der Abgeordneten:

Bei Ihnen ist es so, dass Sie bei der letzten Bundestagswahl nur 15,9 % der Erststimmen erzielt haben. Mir ist kein anderer Abgeordneter einer Volkspartei im Bundestag bekannt, der einen geringeren Erststimmenanteil hätte.

Bei der Bundestagswahl 1998 hatten Sie noch 37,7 % der Stimmen. Ihr Stimmenanteil ist seitdem sehr viel stärker gesunken als der der SPD bundesweit.

Die Wahlergebnisse ergeben sich aus der anhängenden Webseite:

http://de.wikipedia.org/wiki/Bundestagswahlkreis_Vogtlandkreis

Ihre Stimmanteile bei den Erststimmen sind nur minimal grösser als bei den Zweitstimmen, obwohl Abgeordnete der Volksparteien üblicherweise viel höhere Erststimmenanteile als Zweitstimmenanteile erzielen.

Die Stimmenzahlen sind so wie sie sind, obwohl Sie ja durchaus ein "Promi" sind. Sie waren Minister und Staatssekretär.

Ich weiss natürlich, dass die Bundesrepublik ein personalisiertes Verhältniswahlrecht vorsieht, aber in Ihrem Falle scheint es, dass die Wähler Sie nicht wollen, Sie aber trotzdem immer im Bundestag einen "Stammplatz" haben. Bitte verstehen Sie das nicht als persönlichen Angriff, aber:

Sind Sie angesichts Ihrer Wahlergebnisse noch ein demokratisch legitimierter Abgeordneter?

Als Vogtländerin fällt mir weiter auf, dass Sie, obwohl für den Aufbau Ost gewissermassen prädestiniert, nur selten im Zusammenhang mit ostdeutschen Themen in den Schlagzeilen auftauchen. Prominenz erlangen Sie nur immer mit Ihren anti-kirchlichen Auftritten, die für das Vogtland eigentlich überhaupt keine Relevanz haben. Auch auf abgeordnetenwatch.de betreffen die meisten Fragen nur Ihre anti-kirchlichen Forderungen. Als nicht parteigebundene Wählerin frage ich, was mir das nutzt und ob ein Zusammenhang dieses "Kampfes" mit Ihren Wahlergebnissen besteht.

Welchen konkreten Sinn hat Ihr "kämpferischer Atheismus" für das Vogtland?

Viele Grüsse

Janina Voigt

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Voigt,

ich gehe davon aus, dass Ihre Fragen keinen parteipolitischen Hintergrund haben. Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass es bei der letzten Bundestagswahl viele Kandidaten (ob die SPD in Sachsen eine Volkspartei ist, lasse ich mal dahingestellt) gab, die ein schlechteres Erststimmenergebnis als ich hatten, u.a. auch von der SPD.

Mein Ergebnis von 1998 war sicherlich auch der damaligen besonderen Bewerbersituation geschuldet, die sich nicht mit den Verhältnissen von 2009 vergleichen lässt. Richtig ist, dass ich 2009 im Vergleich zur Bundestagswahl 2005 weniger Erststimmen als die meisten anderen SPD-Kandidaten in Sachsen verloren habe. Richtig ist, dass SPD-Kandidaten in Sachsen 2009 nur in fünf Wahlkreisen (darunter vier in Großstädten, in denen die SPD traditionell stärker ist) ein besseres Erststimmenergebnis als ich erzielten. Richtig ist auch, dass es unter den vergleichbaren ländlich geprägten 11 Wahlkreisen in Sachsen nur einen (Mittelsachsen) gab, bei dem der Abstand zwischen Erststimme des SPD-Kandidaten und Zweitstimme für die SPD höher war als im Vogtlandkreis. Die meisten SPD-Kandidaten hatten in Sachsen sogar weniger Erststimmen, als die SPD Zweitstimmen erzielte. Viele meiner Kolleginnen und Kollegen haben schlechtere Erststimmenergebnisse als ich, ohne dass deshalb ihre demokratische Legitimität in Frage gestellt wird.

Aus diesem Grund und weil die Verfassung die Legitimation durch Erststimmenwahl nicht höher bewertet als über die Zweitstimme, stellt sich diese Frage auch bei mir nicht. Stattdessen stellt sich mir eher die Frage, warum Sie nicht meinen vogtländischen FDP-Kollegen Joachim Günther in gleicher Weise bei Abgeordnetenwatch befragen. Schließlich erreichte er bei der letzten Wahl 9,5 Prozent der Erststimmen (3 Prozent weniger als die FDP Zweitstimmen erhielt) und war früher auch Regierungsmitglied (Promi). Sie könnten ihn auch nach seiner Medienpräsenz beim Thema Aufbau Ost befragen, immerhin war er ja für dieses Thema bei der FDP-Bundestagsfraktion verantwortlich. Ich halte mich in dieser Frage übrigens an die gute alte Tradition, dass sich ehemalige Regierungsmitglieder als Abgeordnete nicht zu den Themengebieten äußern, für welche sie früher in der Regierung verantwortlich waren. Deshalb lehne ich Medienanfragen zu Themen des "Aufbau Ost" in der Regel ab.

Ihr Eindruck ist richtig, dass ich wegen des Papstauftritts im Deutschen Bundestag vermehrt Medienanfragen erhalte habe. Auch wenn ich etwa 90 Prozent dieser Anfragen ablehne (mein Zeitbudget dafür ist sehr begrenzt, da der Haushaltsausschuss gerade den Bundeshaushalt 2012 und den Eurorettungsschirm berät), bringt dies eine gewisse Medienpräsenz mit sich, was wiederum sicherlich Ursache für die aktuellen Anfragen bei Abgeordnetenwatch ist. Allerdings betreffen - anders als Sie behaupten - nicht die meisten, sondern nur 7 der 60 von mir bei Abgeordnetenwatch beantworteten Fragen den Themenbereich Trennung von Staat und Religion.

Lassen Sie mich abschließend darauf hinweisen, dass ich in den letzten Jahren selten soviel Unterstützung erfahren habe, wie für den Vorschlag, einen laizistischen Arbeitskreis in der SPD zu gründen. Dies schließt auch die Reaktionen aus dem Vogtland mit ein.

Mit freundlichen Grüßen

Rolf Schwanitz