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Rolf Kramer
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Frage von Stephan H. •

Frage an Rolf Kramer von Stephan H. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Kramer,

Drei Fragen hätte ich zur von der Regierung beschlossenen Abwrackprämie (die offiziell als "Umwelt"prämie getarnt daher kommt):

1. Wie sehen Sie die negativen Auswirkungen auf den Gebrauchtmarkt für Fahrzeuge zwischen 500 und 2000€-? Dies ist ein Markt der vor allem Geringverdienern zu gute kommt, die zwar ein Fahrzeug brauchen, sich aber kein neues oder teureres leisten können.

2. Wegfallende Arbeitsplätze in der Autoindustrie werden durch solche im Ersatzteilhandel, -produktion & Reperaturgewerbe und anderen KFZ Dienstleistungen ersetzt wenn die Fahrzeugflotte altert. Warum wagen Sie nicht eine Umgestaltung, weg vom der Großindustrie hin zu dezentralen Strukturen in klein- und mittelgrpßen Betrieben? Die sind auch weniger anfällig für gescheiterte Börsenspekulationen.
Warum nicht z.B. als Hilfe den Meisterzwang im Handwerk abschaffen? Den gibt´s in fast allen anderen EU Ländern nicht.

3. Aus technischer Sicht, ist es durchaus möglich, viele ältere Motoren (nicht die Fahrzeuge sind das Problem...) auf moderne Emissionswerte zu bringen, es scheitert daran, daß es durch teuere Zulassungsverfahren unwirtschaftlich wird. Würden Sie sich auf Bundes- EU Ebene für eine De-Regulierung einsetzen, damit Nachrüsten statt Neukaufen sinnvoller wird und der Umwelt dennoch geholfen ist?
Die derzeitige Situation ist unbefriedigend, da z.B. einzelne Getriebevarianten im gleichen Fahrzeugmodell separate Abgasgutachten erfordern (Schaltung/Automatik z.B.), und die "preiswerte" Übernahme von z.B. Rußfiltern aus bauartähnlichen Motoren fast unmöglich ist.

Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.

MfG
S. Helbig

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Helbig,

vielen Dank für Ihre Frage vom 13. April 2009. Hier ist meine Antwort:

1) In der Bundesrepublik Deutschland gibt es nach offiziellen Statistiken ca. 18 Millionen Autos, die das abwrackfähige Alter von mindestens neun Jahren erfüllen. Von diesen Fahrzeugen besitzen derzeit mehr als 13 Millionen einen Wert von maximal 2.500 Euro. Bei einer Verschrottung von angenommen zwei Millionen Autos würde sich das Angebot in diesem Segment rechnerisch lediglich um 15 Prozent verringern. Nach Ansicht der Kfz-Verbände wird ein Geringverdiener weiter ein breites Angebot vorfinden, wobei es nicht ausgeschlossen werden kann, dass er etwas mehr Zeit als üblich für die Suche aufwenden muss.
Ferner müssen Sie beachten, dass die Fahrzeuge, die derzeit über die Abwrackprämie verschrottet werden, nicht pauschal in die Berechnung des Gebrauchtwagenmarkts einbezogen werden können, da die Halter ohne die Prämie das Fahrzeug durchaus weitere Jahre genutzt hätten.

2) Die von der SPD in der Bundesregierung durchgesetzte Umweltprämie hat alle Erwartungen übertroffen. Autokäufer haben profitiert, tausende Arbeitsplätze wurden gesichert, und die für Deutschland wichtige Automobilbranche kommt besser durch die Wirtschaftskrise. Ihrer These, dass die entfallenden Arbeitsplätze in der Automobilproduktion komplett durch das Reparatur- und Dienstleistungsgewerbe in Folge einer Alterung der Fahrzeugflotte kompensiert werden könnte, stehe ich skeptisch gegenüber. Auch die vielfach in den Medien zitierte negative Wirkung der Abwrackprämie auf letzteren Sektor möchte ich in Frage stellen. Sicherlich gibt es freie Werkstätten, die sich auf die Reparatur älterer Fahrzeugmodelle spezialisiert haben und auf Grund der mit der Abwrackprämie verbundenen Verschrottung von Altautos in diesem Jahr Umsatzrückgänge erfahren könnten. Laut einer Umfrage des Verbandes des Kfz-Gewerbes ist die Branche in großen Teilen optimistisch, dass die Prämie positive Impulse für die Werkstätten setzen kann. Denn entgegen dem Trend bei Altautos lediglich notwendige Reparaturen vorzunehmen, achten Autofahrer bei neuen Fahrzeugen mehrheitlich auf regelmäßige Inspektionen.

Mit der Reform der kleinen und großen Handwerksordnung gibt es den Meisterzwang nur noch in 41 statt bisher in 94 Berufen (d.h. 53 Handwerke sind zulassungsfrei!).
Die gültige Regelung nach der ein Meisterbrief grundsätzlich die Voraussetzung für die Gründung oder Übernahme eines Handwerksbetriebes ist, gilt ausschließlich für so genannte gefahrgeneigte Handwerke, das heißt für Handwerke, bei deren unsachgemäßer Ausübung Gefahren für Gesundheit oder Leben Dritter zu befürchten sind. Zudem können sich erfahrene Gesellen bis auf wenige Ausnahmen (sechs Berufe) auch in den zulassungspflichtigen Handwerken selbstständig machen, wenn sie zuvor sechs Jahre in dem Gewerbe (davon vier in leitender Stellung) gearbeitet haben. Ich halte diese Regelung für einen tragbaren Kompromiss, der im Einklang mit der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit der Europäischen Union steht.

3) Wie Sie richtig betonen, ist es derzeit bereits technisch möglich durch eine gezielte Nachrüstung die Emissionswerte von älteren Fahrzeugmodellen deutlich zu reduzieren. Bei der Nachrüstung von Kraftfahrzeugen mit Gasanlagen ist ein Abgasgutachten zwingend erforderlich, denn ohne dieses gibt es später keine Kfz-Zulassung für den bivalenten Betrieb mit Gas und Benzin. Verfahrenstechnisch und aus Aspekten der Wirtschaftlichkeit halte ich diese Regelung für durchaus angebracht. Unrentabel wird die Nachrüstung sofern nachträglich ein notwendiges Einzelgutachten in der Höhe von 1.500 Euro erstellt werden muss. Daher sollte man bei einem Umbau vermeintliche „preiswerte“ Varianten meiden und auf eine entsprechende Fachwerkstatt zurückgreifen.
Mit Rußfilter nachgerüstete Diesel-Pkw werden bereits steuerlich gefördert. Wer seit 1. Januar 2006 einen Rußfilter nachgerüstet hat oder dies noch bis Ende 2009 tut, bekommt die staatliche Förderung. Voraussetzung ist dabei, dass das Auto spätestens bis zum 31. Dezember 2006 erstmals zugelassen worden sein muss. Die Steuerbefreiung wird erst gewährt, wenn die Kfz-Zulassungsstelle die technische Nachrüstung festgestellt hat. Sie gilt so lange, bis der Betrag von 330 Euro erreicht ist.
Die Nachrüstung kostet in der Regel zwischen 500 und 1000 Euro. Dennoch ist die Umrüstung durchaus sinnvoll und rentabel, denn

- der Widerverkaufswert des Autos wird steigen und
- durch das in Kraft treten der Plakettenverordnung darf man in den entsprechende Umweltzonen ohne Rußfilter nicht mehr fahren.

Mit freundlichen Grüßen
Rolf Kramer