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Roland Fischer
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Frage von Anna P. •

Frage an Roland Fischer von Anna P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Mich würde interessieren, inwieweit Sie als Bundestagsabgeordneter hinter der Integration und Teilhabe von Menschen mit Behinderung stehen? Würden Sie sich für einen behindertengerechten Arbeitsmarkt auf dem 1. und 2. Arbeitsmarkt einsetzen? würden sie dafür sorgen, dass Rollstuhlfahrer und andere Behinderte Menschen einen geeigneten Wohnraum bekommen? Ich möchte nicht in einer Wohngruppe oder im betreuten Wohnverfahren. Ich brauche eine eigene Wohnung. Unterstützen Sie die Idee zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und zum Teilhabegeld? Haben Sie Ideen, wie man die Integration und Inklussion an Schulen, im Beruf und in der Freizeit für Menschen mit Behinderung verbessern kann? Wie stehen Sie zum Thema einfache Sprache für Prospekte, Broschüren und Wahlformen? Immer wieder sehen wir Plakante in Englisch. Ist es möglich die Kultur der Deutschen Sprache wieder herzustellen? Können Sie mehr für das Inklussion, Teilhabe und Integration sowie Gleichstellung für behinderte Menschen tun?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Preuss,

gesellschaftlicher Zusammenhalt heißt für mich: nicht unterscheiden und trennen, sondern Integration, Personenorientierung, Abbau von Barrieren und zielgerichtete Hilfe. Die UN-Behindertenrechtskonvention ist hierfür wegweisend. Die Entwicklung eines Aktionsplan im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention erfolgt inklusiv und gemeinsam mit Menschen mit Behinderungen und ihren Organisationen nach dem Motto „Nichts über uns ohne uns!“. Inklusion ist deshalb kein Zustand, sondern ein gesamtgesellschaftlicher Prozess, in dem alle daran mitwirken können, dass schrittweise die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen zur Leitmaxime im Denken und Handeln, bei der Planung und Gestaltung unseres inklusiven Gemeinwesens wird.
Die SPD will einen inklusiven Arbeitsmarkt, der allen Menschen gemäß ihres Könnens und ihrer Leistungsfähigkeit Berufstätigkeit ermöglicht. Wir wollen Menschen mit Behinderungen umfassend fördern und deshalb auch geringere Grade der Behinderung als 20 für eine Förderung im Arbeitsleben anerkennen. Die Vermittlung durch Arbeitsagenturen und Jobcenter kann noch besser werden; insbesondere die Jobcenter brauchen noch qualifizierteres Personal, das besseren Unterstützungsbedarf leisten kann.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich in ihrem Antrag Drs. 17/9931 mit dem Titel „Ausgleichsabgabe erhöhen und Menschen mit Behinderung fairen Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen“ sowohl für Erhöhung der Beschäftigungspflichtquote auf sechs Prozent wie auch für eine Erhöhung der Ausgleichsabgabe bei einer Beschäftigungsquote von weniger als zwei Prozent von 290 auf 750 Euro ausgesprochen. Die Einnahmen aus der Abgabe werden für die Inklusion von Menschen mit Behinderung ins Erwerbsleben eingesetzt. Unser Ziel ist es, Integrationsunternehmen und -projekte genauso wie schwerbehinderte Menschen, die einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachgehen, künftig noch stärker zu fördern. Außerdem soll die Schwerbehindertenvertretung nach dem SGB IX zu einer Behindertenvertretung weiter entwickelt und die Rechtsstellung der Behindertenvertretungen gestärkt werden. Ich teile die Sorge über den mangelhaften Ausbau der Arbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen. Viele Unternehmen zahlen lieber die Ausgleichsabgabe, als behinderte Menschen zu beschäftigen. Das wollen wir ändern, in dem wir die Abgabe anheben und die Zahl der Pflichtarbeitsplätze erhöhen. Gleichzeitig wollen wir mit den Mehreinnahmen auch verstärkte, zielgerichtete und wo nötig auch dauerhafte Förderung zur Integration in den 1. Arbeitsmarkt leisten. Die Integrationsunternehmen können bspw. noch viel mehr Arbeitsplätze schaffen, wenn diese mit entsprechenden Förderungen versehen werden. Dass die Zahl der barrierefreien Ausbildungsplätze nach wie vor bei einem Promille liegt, halte ich ebenfalls nicht für hinnehmbar. Uneingeschränkter Zugang zum Arbeitsmarkt fängt bei Bildung und Ausbildung an. Nach wie vor sind wir mit einer zögerlichen Umsetzung der schulischen Inklusion und einem fortgesetzten nahtlosen Übergang von der Förderschule in die Werkstatt konfrontiert. Hier müssen wir umgehend tätig werden.

Wir brauchen in München nicht nur insgesamt mehr bezahlbare Wohnungen, wir brauchen vor allem auch behinderten- und altersgerechten Wohnraum. Dafür setze ich mich seit geraumer Zeit ein, leider sind es bislang in erster Linie nur die städtischen Wohnungsgesellschaften, die entsprechend handeln. Der Bund könnte hier zielgerichteter fördern und unterstützen.

In unserer Regierungszeit haben wir bereits einen Paradigmenwechsel von der Fürsorge zur Teilhabe eingeleitet. Diesen Weg wollen wir weitergehen bis hin zur vollständigen Inklusion und gleichberechtigten und selbstbestimmten Teilhabe. Damit darf aber die Hilfe für Menschen mit Behinderung nicht länger im nachrangigen Fürsorgesystem der sozialen Sicherung verbleiben, das bislang allein von den Kommunen getragen wird. Ziel der Reform ist ein flexibles und passgenaues Unterstützungssystem: für Teilhabe, Gleichstellung und Selbstbestimmung behinderter Menschen. Wir wollen, dass die Leistungen zur Teilhabe den Menschen folgen und nicht umgekehrt. Die mit dem SGB IX begonnene Vereinheitlichung des Rechts für Menschen mit Behinderung wollen wir fortsetzen. Inklusion ist ein uneinschränkbares Ziel aller Sozialgesetzbücher und Hilfeeinrichtungen - unabhängig von Art und Ausprägung einer Behinderung und der Höhe des Unterstützungsbedarfs.

Der Anspruch auf Hilfe zur Inklusion wird nicht mehr als Fürsorgeanspruch, sondern als Anspruch zum Ausgleich von Nachteilen ausgestaltet. Finanzielle Leistungen müssen unabhängig von Einkommen und Vermögen sein. Das persönliche Budget ist eine geeignete Leistungsform für selbstbestimmte Teilhabe. Zusammen mit der SPD will ich deshalb unter Einbeziehung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ein Bundesleistungsgesetz schaffen, das der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention dient und die Eingliederungshilfe in ihrer bisherigen Form ablöst. Damit müssen wir auch eine dringend notwendige Teilentlastung der Kommunen von den Kosten der Eingliederungshilfe erreichen.

Die SPD hat ihr Regierungsprogramm auch in einfacher und verständlicher Sprache aufgelegt. Ich sende Ihnen gerne ein Exemplar auf Anforderung zu. Sie haben Recht: interessante Informationen sollten künftig völlig selbstverständlich auch in einer einfachen Sprache veröffentlicht werden. Ob englische oder amerikanische Begriffe aus unserer Umgangssprache oder der Werbung zurück gedrängt werden können, bezweifle ich. Ich glaube, wir können uns nur jede und jeder für sich selbst bemühen, den deutschen Begriff wenn möglich zu verwenden. Und auf Plakaten ist Schwachsinn auch auf Deutsch Schwachsinn, ich denke da nur an „Geiz ist geil“ oder ähnliche Sprüche.

Wichtig ist mir auch ein möglichst schneller barrieregerechter Umbau von Bahnhöfen. Am Heimeranplatz zum Beispiel muss der Ausgang Josef-Rank-Weg dringend verbessert werden.

Für echte Teilhabe setze ich mich sehr gerne ein. Das gelingt mir aber nur im engen Dialog mit den betroffenen Menschen. Dazu lade ich Sie ganz herzlich ein.

Mit freundlichen Grüßen
Roland Fischer