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Roderich Kiesewetter
CDU
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Frage von Friedrich P. •

Frage an Roderich Kiesewetter von Friedrich P.

Meine gestellten Fragen habe ich überarbeitet, nachdem abgeordnetenwatch meine Fragen nicht freigegeben hat, weil ich andere Abgeordnete und Zitate angegeben hatte ohne Quellen zu nennen und hoffe nun, dass hiermit alles in Ordnung ist: TTIP soll uns Beschäftigung und Wohlstand und BSP-Zuwachs bringen, wird aber im Geheimen verhandelt niemandem ist es erlaubt es zu lesen. Es ist deshalb wenig bekannt darüber.

1) Wird TTIP auf Europaebene entschieden oder im „Bundestag“?
2) Kann TTIP zum Sinken des Lohnniveaus führen, wie es 1993 bei NAFTA er Fall war?
3) Welche Vorteile bringt TTIP?
4) Ist Ihre Partei für TTIP? Wenn ja, warum?
5) Ein Punkt im TTIP betrifft auch Elektronische Medien und Copyrechte. Wissen Sie etwas hierüber?
6) Wissen Sie ob TTIP GMO´s in Deutschland ermöglicht?
7) Die NAFTA-Vereinbarung die ziemlich ähnliche Freihandelsvereinbarungen beinhaltete führte 1993 in den USA zu einer erdrutschartigen Abwanderung von Industrie und Beschäftigung zunächst n. Mexiko. Die Versprechungen waren dieselben. Können Sie ausschließen, daß es durch TTIP zu ähnlichen kontraproduktiven Ergebnissen kommen kann?
8) Die NAFTA Vereinbarung führte auch dazu daß Kanada von einer Fracking-Firma erfolgreich auf Schadenersatz in Höhe von 250 Mio US $ verklagt wurde, weil das Volk gegen Fracking gestimmt hatte. Führt dies nicht zur Handlungsunfähigkeit einer Demokratie?
9) Ist es zutreffend, dass diese Vereinb. einmal getroffen praktisch irreversibel ist?
9) Sind Sie für TTIP?
10)Ist nicht das ganze Verfahren schon von vornherein undemokratisch und verfassungswidrig unter dem diese Vereinbarung zustande kommt, wie sehen Sie das?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Phlak,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage vom 17. Juli 2015 und Ihre darin geäußerte Kritik zum geplanten Freihandelsabkommen TTIP. In der Tat sprechen Sie mit Ihrem Anliegen ein äußerst brisantes und viel diskutiertes Thema an. Das geplante Abkommen stand von Beginn an unter großer kritischer Beobachtung. Dennoch halte ich die Einführung eines Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und den USA für absolut sinnvoll und notwendig. Im Folgenden möchte ich auf Ihre einzelnen Fragen eingehen und Ihnen meinen Standpunkt dazu erklären.

1. Wird TTIP auf Europaebene entschieden oder im "Bundestag"?
Sämtliche neueren bilateralen Handelsabkommen wurden als sogenannte gemischte Verträge geschlossen, bei denen die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten Vertragsparteien sind. Ist dies auch bei TTIP der Fall, bedarf es einer Ratifizierung auf europäischer Ebene als auch durch die Mitgliedstaaten selbst. In den einzelnen Mitgliedstaaten gelten die jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften. In Deutschland müssten Bundestag und Bundesrat zustimmen (Art. 59 des Grundgesetzes).
In jedem Fall muss aber das Europäische Parlament dem Vertrag zustimmen. Auf europäischer Ebene erlässt der Rat nach Zustimmung des Europäischen Parlaments einen Beschluss über die eigentliche Verabschiedung des Abkommens, mit dem es als ratifiziert gilt.

1. Kann TTIP zum Sinken des Lohnniveaus führen, wie es 1993 bei NAFTA er Fall war?
Maßgeblich für die Ausgestaltung beim Arbeitsschutz sind die sogenannten Kernarbeitsnormen der UN-Agentur ILO (Internationale Arbeitsorganisation). Diese garantieren hohe soziale Standards, bzw. menschenwürdige Arbeitsbedingungen und einen hinreichenden Schutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es ist geplant, einen Mechanismus in das Abkommen aufzunehmen, der dafür sorgt, dass diese Normen auch durchgesetzt werden. Zu einer Senkung des Lohnniveaus wird es deshalb in Deutschland nicht kommen.

1. Welche Vorteile bringt TTIP?
Das Freihandelsabkommen mit den USA bietet Europa die Chance, weltweit Standards mitzuprägen - ob in der Technik, dem Klimaschutz oder auf dem Arbeitsmarkt. Hier entscheiden Standards z.B. darüber, wie Produkte aussehen und funktionieren, wieviel Emissionen mit ihnen verbunden sein dürfen und wie sie hergestellt werden. Angesichts des Aufstiegs anderer Gestaltungsmächte wie China und Russland bietet ein Erfolg bei TTIP die Chance, dass die westlichen Staaten in der Lage sein werden, ihre Standards weltweit durchzusetzen.
Darüber hinaus wird TTIP die Kosten für den Warenaustausch senken und den Zugang zum amerikanischen Markt besonders für kleine und mittlere Unternehmen öffnen. Dies geschieht insbesondere durch die Verringerung von Zollbarrieren. Noch größere Impulse werden von der stärkeren Abstimmung bei Regelungen und Normen erwartet. Diese könnte immense Kosten sparen. Hiervon würden vor allem die kleinen und mittelständischen Unternehmen in Deutschland profitieren, die sich erneute Zertifizierungen in den USA bisher oft nicht leisten können.
Diese Vorteile für unsere Unternehmen kommen letztendlich auch uns Bürgerinnen und Bürgern zu Gute: geringere Warenpreise, eine größere Produktvielfalt und mehr Arbeitsplätze.

1. Die NAFTA-Vereinbarung die ziemlich ähnliche Freihandelsvereinbarungen beinhaltete führte 1993 in den USA zu einer erdrutschartigen Abwanderung von Industrie und Beschäftigung zunächst n. Mexiko. Die Versprechungen waren dieselben. Können Sie ausschließen, daß es durch TTIP zu ähnlichen kontraproduktiven Ergebnissen kommen kann?
Ziel eines erfolgreich verhandelten TTIP-Abkommens ist ein transatlantischer Marktplatz, der den Handel zwischen Europa und den USA deutlich vereinfacht. Ein höheres Handelsvolumen hat positive Auswirkungen auf Umsätze und Arbeitsplätze auf beiden Seiten des Atlantiks. Durch den Abbau bürokratischer Hindernisse und Zölle sparen deutsche Unternehmen Kosten und können so die Preise senken. Auch die größere Produktvielfalt erklärt sich durch den Abbau von Handelsbeschränkungen. Schließlich erwarten Experten vom vereinfachten transatlantischen Handel mehr Jobs in Deutschland. Zum einen, weil deutsche Unternehmen, vor allem Mittelständler, mehr exportieren können. Zum anderen, weil auch US-Unternehmen verstärkt in Deutschland investieren würden. Eine Abwanderung von Industrie und Beschäftigung ist also nicht zu erwarten. Ganz im Gegenteil.

1. Ist Ihre Partei/sind Sie für TTIP? Wenn ja, warum?
Ja, aus den oben genannten Gründen.

1. Ein Punkt im TTIP betrifft auch Elektronische Medien und Copyrechte. Wissen Sie etwas hierüber?
Sowohl die EU und die USA sind sich einig über die Bedeutung der Rechte an geistigem Eigentum für die Förderung von Innovation und Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen. Verstöße gegen das Urheberrecht und andere Verletzungen der Rechte des geistigen Eigentums sind dagegen schlecht für die Wirtschaft. Sowohl die EU als auch die USA haben detaillierte und effektive Gesetze zum Schutz geistigen Eigentums. Unterschiede liegen hier oft nur im Vorgehen, diese zu erreichen.
TTIP wird die EU- und US-Gesetze in diesem Bereich nicht harmonisieren. TTIP würde allerdings die Möglichkeit bieten, besser in Bereichen von gemeinsamen Interessen zusammenarbeiten zu können.

1. Wissen Sie ob TTIP GMO´s in Deutschland ermöglicht?
Nein. Die bestehenden strengen EU-Rechtsvorschriften bleiben erhalten. Anforderungen an die Zulassung und die Kennzeichnungspflichten für Lebens-, Futtermittel oder Saatgut, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten, werden durch die TTIP-Verhandlungen nicht verharmlost.
Auch mit TTIP dienen die europäischen und die US-amerikanischen Regeln für die Zulassung und Einfuhr gentechnisch veränderter Organismen in erster Linie dem Schutz von Umwelt und Gesundheit.

1. Die NAFTA Vereinbarung führte auch dazu daß Kanada von einer Fracking-Firma erfolgreich auf Schadenersatz in Höhe von 250 Mio US $ verklagt wurde, weil das Volk gegen Fracking gestimmt hatte. Führt dies nicht zur Handlungsunfähigkeit einer Demokratie?
Solche Angelegenheiten soll zukünftig ein Investitionsschutzverfahren regeln. Beim Investitionsschutzverfahren geht es um die Gleichbehandlung von ausländischen und nationalen Investoren. Der Investorenschutz soll eine Diskriminierung ausländischer Unternehmen verhindern. Wenn also ein Staat seine Regelungshoheit missbraucht, etwa um missliebige Konkurrenz fernzuhalten, dann soll der Investorenschutz greifen und Schiedsgerichte eingeschaltet werden können.
Das Recht eines Staates (nicht-diskriminierende) Regeln zu setzen, bleibt von TTIP unberührt. Auch in Zukunft können etwa Chemikalien oder Produktionsverfahren verboten werden und es steht einem Land auch weiterhin frei Arbeitsschutzstandards oder Mindestlöhne zu verabschieden.

1. Ist nicht das ganze Verfahren schon von vornherein undemokratisch und verfassungswidrig unter dem diese Vereinbarung zustande kommt, wie sehen Sie das?
Handels- und Investitionsabkommen betreffen die Zuständigkeiten sowohl der EU als auch der EU-Mitgliedsstaaten und Bedürfen damit der Ratifizierung der nationalen Parlamente in der EU, als auch des Deutschen Bundestages. Zwar sind die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht direkt an den Verhandlungen beteiligt, dennoch vertritt das BMWi die deutsche Bundesregierung bei den Verhandlungen im Handelspolitischen Ausschuss http://ec.europa.eu/trade/ . In diesem Ausschuss entwickeln Deutschland und die anderen EU-Mitgliedsstaaten gemeinsam die europäischen Positionen, die die EU-Kommission bei ihren Verhandlungen mit den US-Partnern vertritt.
Die EU-Kommission ist dazu angehalten, die Mitgliedsstaaten durch regelmäßige Berichterstattung im Handelspolitischen Ausschuss über den Verfahrensstand zu informieren und in die Ermittlung der Verhandlungsposition einzubinden. Dabei führt die EU-Kommission ihre Verhandlungen nicht ohne Berücksichtigung der Interessen der Mitgliedstaaten durch.
Sobald sich die EU-Kommission mit ihren US-Verhandlungspartnern geeinigt hat, wird das Abkommen von den Regierungen der EU-Mitgliedstaaten - zusammen mit dem Europäischen Parlament - detailliert überprüft. Erst danach findet die Abstimmung statt.
EU-Gesetze, wie das Handelsabkommen TTIP, werden nur unterzeichnet wenn sie sowohl von den Regierungen der EU-28-Mitgliedstaaten als auch von der Mehrheit im Europäischen Parlament bestätigt werden. Regierungen der EU-Mitgliedstaaten sowie die Mitglieder des Europäischen Parlaments werden regelmäßig demokratisch gewählt. Deshalb halte ich das Verhandlungsverfahren keinesfalls für undemokratisch und verfassungswidrig. Die demokratische Legitimation ist vollständig gewährleistet.

Sehr geehrter Herr Phlak, TTIP soll den Handel vereinfachen, das Optimum des Standards in allen möglichen Bereichen erreichen und Deutschland sowie die Europäische Union weiter stärken. Nur so kann sich Deutschland weiter als drittgrößter Exporteur profilieren. Und das wiederum stärkt die Wirtschaft, sichert unseren Arbeitsmarkt und sorgt dafür, dass wir unseren gewohnten, persönlichen Standard beibehalten können.

Mit freundlichen Grüßen
Roderich Kiesewetter

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