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Robert Funke
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Frage von Witko U. •

Frage an Robert Funke von Witko U. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Robert Funke,

Gefühlt an allen Schulen in Berlin-Brandenburg beziehungsweise Deutschland herrscht Lehrermangel. Vielleicht haben Sie es ja selbst auch erlebt. Doch warum ist das so? Lehrer zu sein ist einfach nicht attraktiv genug. Wie kann man das ihrer Meinung nach ändern?
Und zweitens, in einer anderen Frage malen Sie uns die schönsten "Verkehrspläne" vom Himmel. Wie soll das alles bezahlt werden?

Mit freundlichen Grüßen
Witko

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Hallo W. U.,

erst einmal zur zweiten Frage: Die "schönsten Verkehrspläne" - sie sind wirklich schön ;) - sollen vor allem dadurch finanziert werden, dass sich die Gelder, die den jeweiligen Verkehrsmitteln zu Gute kommen, am Modal Split orientieren. Das bedeutet: Wenn 13 % der Wege in Brandenburg mit dem Fahrrad zurückgelegt werden, sollen auch mindestens 13 % der Gelder, welche für den Bereich Verkehr vorgesehen sind, explizit für den Radverkehr eingesetzt werden. Bisher werden jährlich über 130 Millionen Euro für Straßenbau ausgegeben, während der Radverkehr sich mit einstelligen Millionenbeträgen begnügen muss. Um den Investitionsstau der letzten Jahre aufzuholen, müssen in den nächsten Jahren also sogar deutlich mehr als 13 % der Gelder in den Radverkehr fließen - finanziert durch Umschichtung aus den Mitteln für Straßenbau. Was die Finanzierung des Nahverkehrs angeht, fordern wir, dass 100 % der Regionalisierungsmittel des Bundes für Zugbestellungen ausgegeben werden - das ist bisher nicht der Fall. Und noch allgemein zum Haushalt: In unserem Wahlprogramm schlagen wir an anderer Stelle weniger Ausgaben vor: Z.B. durch ein Stopp der indirekten Subventionierung von Braunkohle und die Beendung der Förderung einer verkappten Militärschau (ILA).

Nun zur eigentlichen Frage: Es stimmt, unseren Schulen fehlen Lehrkräfte! Gute Lehrer*innen zu finden und zu qualifizieren ist die zentrale Herausforderung der Schulpolitik in den nächsten fünf Jahren. Unsere Warnungen vor einem drohenden Lehrkräftemangel wurden viele Jahre lang ignoriert. Das rächt sich nun. Die Universität Potsdam bildet als einzige brandenburgische Universität Lehrkräfte für fast alle Schulformen und Schulstufen aus. Knapp ein Fünftel aller Studierenden der Universität Potsdam, also ca. 3.300, sind derzeit im Lehramt immatrikuliert. Jährlich verlassen 500 Lehramtsstudierende die Universität Potsdam, eingestellt werden müssten in diesem und den nächsten Jahren aber zwischen 950 und 1200 neue Lehrer*innen pro Jahr. Inzwischen hat die Universität angekündigt, die Zahl der Lehramts-Studienplätze schrittweise bis zum Jahr 2020 auf 1.000 zu erhöhen, was erfahrungsgemäß zu etwa 800 ausgebildeten Lehrer*innen jährlich führt. Übrigens: Auch nach 2023/24 werden weiter jährlich mehr als 600 Lehrer*innen benötigt.

Um den großen Bedarf an Lehrkräften zu decken, wollen wir deshalb die Kapazitäten für die Lehramtsausbildung auf Dauer erweitern, insbesondere in den Studiengängen Förder- und Inklusionspädagogik. Wir brauchen nicht nur mehr, sondern auch möglichst gut ausgebildete Lehrer*innen. Wir wollen ein Lehramtsstudium an der Universität Cottbus, beginnend mit den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik), einführen. Außerdem wollen wir, gemeinsam mit den anderen Bundesländern, neue Ausbildungswege entwickeln, zum Beispiel ein duales Studium oder Ein-Fach-Lehrkräfte. Die Lehramtsausbildung wollen wir reformieren und praxisnäher gestalten. Kurzfristig lässt sich der große Bedarf nur über Seiteneinsteiger*innen decken. Wir setzen uns für gute Konzepte ein, um diese zu gewinnen und von Anfang an entsprechend zu qualifizieren.

Mit einer weiteren Erhöhung der Vertretungsreserve wollen wir dem hohen Unterrichtsausfall und dem Wegfall von Teilungs- und Förderunterricht begegnen.
Wir wollen den Arbeitsplatz Schule in den ländlichen Regionen attraktiver gestalten und hier auch ganz neue Lösungen ermöglichen, wie zum Beispiel Vorverträge, dezentrale Seminarstandorte der Lehramtsausbildung, Stipendien mit Lehrverpflichtung sowie Aufstiegschancen.

Zugleich setzen wir uns für einen bundesweit einheitlichen Rahmen für die Bezahlung ein, um den ruinösen Konkurrenzkampf zwischen reichen und armen Ländern um die Bezahlung und Besoldung von Lehrkräften zu beenden. Damit die Lehrkräfte sich stärker auf ihre pädagogische Arbeit konzentrieren können, wollen wir die Schulorganisation anders gestalten und zusätzliches Verwaltungspersonal einführen, z. B. für die Unterstützung der Klassenleitung bei organisatorischen Tätigkeiten. Zur Entlastung der Schulleitung und der Lehrkräfte von Verwaltungsaufgaben wollen wir an großen Schulen hauptamtliche Verwaltungsleitungen einsetzen.

Mit freundlichen Grüßen,

Robert