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Ringo Jünigk
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Frage von Jörg R. •

Frage an Ringo Jünigk von Jörg R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Lieber Herr Jünigk!

Wie stehst Du zu der Forderung, Bürgerinnen und Bürgern, die die gesundheitlichen Voraussetzungen nicht (mehr) mitbringen (z.B. Demenz) das Wahlrecht entziehen zu können?

Mit freundlichen Grüßen

J. R.

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Antwort von
DIE LINKE

Hallo Herr R.,
vielen Dank für diese interessante Frage. Da ich leider kein
Rechtsanwalt bin, habe ich mich diesbezüglich kundig gemacht und eine
Antwort gefunden, die ich aus logischer Hinsicht auch teilen kann.

Das Wahlrecht ist ein ganz persönliches Recht. Das bedeutet, dass dieses
Recht an niemanden übertragen werden und daher von niemandem
stellvertretend ausgeübt werden kann, weder von Angehörigen, noch von
Bevollmächtigten oder rechtlichen Betreuern (§ 14 Bundeswahlgesetz).
Das Vorliegen einer Demenzerkrankung ist grundsätzlich kein Grund, der
zum Ausschluss von der Wahlberechtigung führt. Jedoch können
Demenzkranke dann vom Wahlrecht ausgeschlossen sein, wenn für sie eine
rechtliche Betreuung besteht und der Aufgabenkreis „alle
Angelegenheiten“ umfasst (§ 13 BWahlG). Wenn das Betreuungsgericht eine
solche Betreuung anordnet, muss es die für die Führung des
Wählerverzeichnisses zuständige Behörde hiervon zu unterrichten. Diese
wird dann veranlassen, dass der Demenzkranke aus dem Wählerverzeichnis
gestrichen wird und infolge dessen auch keine Wahlbenachrichtigung
erhält.
Ist jedoch eine rechtliche Betreuung angeordnet, ohne dass der
Aufgabenkreis „alle Angelegenheiten“ enthält, hat das Gericht die
entsprechenden Aufgabenkreise für den Demenzkranken genauer zu
betrachten. Umfasst der vom Gericht benannte Aufgabenbereich des
Betreuers praktisch sämtliche individuell für den Demenzkranken in Frage
kommenden Angelegenheiten, dann ist dies einer Betreuung in allen
Angelegenheiten gleichzusetzen (so die Entscheidung des Landgerichts
Zweibrücken vom 20.07.1999, Az: 4 T 167/99). Auch in diesem Fall hat das
Betreuungsgericht die zuständige Behörde davon zu unterrichten.
Soweit die Gefahr von Wahlmanipulationen, gerade im Rahmen der
Briefwahl, diskutiert werden mag, können zwei Hinweise gegeben werden:
Wahlmanipulationen sind gemäß § 107a Strafgesetzbuch strafbar und können
mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden.
Darüber hinaus ist die Gefahr von Wahlmanipulationen kein ausreichender
Grund für die Betreuungsgerichte, um eine Betreuung auf „alle
Angelegenheiten“ zu erweitern, um den Betroffenen so vom Wahlrecht
auszuschließen (so BayOLG vom 12.03.1997, Az: 3 Z BR 47/97). Dies
bedeutet, dass Demenzkranke nur unter diesen engen Voraussetzungen vom
Wahlrecht ausgeschlossen werden können. In allen anderen Fällen dürfen
Demenzkranke – wie alle anderen Wahlberechtigten auch – ihr Wahlrecht
uneingeschränkt und ungehindert ausüben. (Nach Deutsche
Alzheimergesellschaft e.V.)