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Reimer Böge
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Frage von Jürgen B. •

Frage an Reimer Böge von Jürgen B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Böge,

ie Europäische Kommission hat einen Registrierungsantrag einer Bürgerinitiative abgelehnt, die gegen das undemokratisch, intransparent und geheim verhandelte TTIP-Abkommen einen Bürgerentscheid anstrebt. Die Begründung beruft sich auf kaum belastbare formale Fragen.

Meine Frage an Sie: Wenn Bürger bei solch wichtigen Fragen von vorneherein ausgeschlossen werden - und keine demokratischen Möglichkeiten, wie es ein Bürgerentscheid wäre, haben, um Politik mitzugestalten, wie wollen Sie ein "Europa für die Menschen" gestalten? Dieses Europa scheint dann doch eher für die Bürokratie und undemokratische Entscheidungen zu stehen.

Was gedenken Sie - auch vor dem Hintergrund, dass es eine nächste Wahl geben wird, zu der Sie sich vielleicht auch wieder stellen wollen ... - für eine Demokratisierung der EU zum Wohle der Menschen und für eine Beteiligungsmöglichkeit der Menschen zu tun?

Mit freundlichen Grüßen

J.Georg Brandt

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Brandt,

vielen Dank für Ihre Anfrage zur europäischen Bürgerinitiative mit Bezug auf das Transatlantische Investitions- und Partnerschaftsabkommen (TTIP), "STOP TTIP".

Bevor ich zur Ablehnung der Bürgerinitiative durch die Kommission Stellung beziehe, möchte ich voranstellen, dass ich wie Sie ein höchstmögliches Maß an Transparenz und Bürgerbeteiligung am europäischen Entscheidungsprozess für unabdingbar halte. Mit Blick auf die TTIP-Verhandlungen habe ich mich deshalb als Mitglied des Außenhandelsausschusses des Europäischen Parlaments auch an die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung, Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), sowie an den italienischen EU-Ratsvorsitz gewandt und sie dazu aufgefordert, im Rat die Veröffentlichung des Verhandlungsmandats der Kommission durchzusetzen. Obwohl vom Europäischen Parlament gefordert und von der Kommission wie auch von der Bundesregierung befürwortet scheitert die Mandatsveröffentlichung jedoch bisher am Veto einzelner Mitgliedstaaten, denn der Rat muss der Freigabe einstimmig zustimmen.

Unbeschadet dieses berechtigten Kritikpunkts kann ich Ihrer Feststellung nicht zustimmen, dass die Bürger vom Verhandlungsprozess gänzlich ausgeschlossen werden. Die Kommission hat mehr denn je Dokumente zu den Verhandlungsinhalten öffentlich zugänglich gemacht. Darüber hinaus steht sie im Rahmen des "Zivilgesellschaftlichen Dialogs" regelmäßig Vertretern der Zivilgesellschaft Rede und Antwort zum Stand der Verhandlungen. Vertreter zivilgesellschaftlicher Organisationen nehmen übrigens auch am sog. "Beratungsgremium" teil, welches den Verhandlungsführern der Kommission zu den einzelnen Themenbereichen beratend zur Seite steht. Schließlich steht es jedem Bürger offen, sich direkt an die Kommission oder den für ihn zuständigen Europaabgeordneten zu wenden bzw. sich an Konsultationen der EU-Kommission zu beteiligen. Das viele Bürger letztere Möglichkeit nutzen, zeigt die Resonanz auf die Konsultation zum Investitionsschutz innerhalb des TTIP: rund 150.000 Zuschriften sind zu diesem Thema bei der Kommission eingegangen, welche die Kommission momentan prüft und deren Ergebnis sie als Grundlage ihrer Positionierung in den Verhandlungen nutzen wird.

Nun zu der angesprochenen EU-Bürgerinitiative: das Instrument der Bürgerinitiative wurde mit dem Lissabon-Vertrag geschaffen, um den Bürgern direkten Einfluss auf die Vorlage von Gesetzesvorschlägen durch die Kommission zu geben. Das Instrument ist jedoch als Handlungsaufforderung im positiven Sinne zu sehen. Eine Aufforderung zum "Nichthandeln", wie sie die Bürgerinitiative "STOP TTIP" beinhaltet, steht dazu im Widerspruch, zumal die Kommission bei den Verhandlungen nicht ihr Initiativrecht wahrnimmt, sondern entsprechend des ihr durch den Rat erteilte Verhandlungsmandats agiert.

Abschließend noch einige Worte zum Vorwurf, Entscheidungen auf europäischer Ebene würden undemokratische getroffen: der EU-Vertrag sieht vor, dass bilaterale Handelsabkommen mit Drittstaaten neben der Zustimmung der Mitgliedstaaten im Rat ein positives Votum des demokratisch legitimierten Europäischen Parlaments benötigen. Obwohl ich mich bereits wiederholt öffentlich (auch auf Abgeordnetenwatch) zum TTIP geäußert habe, wiederhole ich auch an dieser Stelle gerne, dass ich mich als demokratisch gewählter Volksvertreter den Interessen der Bürger verpflichtet fühle und ihre Ängste und Sorgen ernst nehme. Deshalb werde ich nach gründlicher Prüfung des Verhandlungsergebnisses dem Abkommen nur zustimmen, wenn ich einen eindeutigen Nutzen des Abkommens erkennen kann und das Wohl der Bürger durch das Abkommen nicht beeinträchtigt sehe.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Reimer Böge